Olympia 2024
Hat der Reitsport ein Tierschutzproblem?

Kurz vor den Olympischen Spielen erschütterten gleich mehrere Vorwürfe der Tierquälerei den Reitsport. "Wir haben kein systematisches Problem", so Dennis Peiler von der Reiterlichen Vereinigung im Dlf. Dennoch müsse sich der Sport weiterentwickeln.

Dennis Peiler im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Die britische Dressurreiterin Charlotte Dujardin auf ihrem Pferd.
Die britische Dressurreiterin Charlotte Dujardin wurde von den Olympischen Spielen in Paris ausgeschlosse, weil sie im Training ihr Pferd geschlagen haben soll. (IMAGO / Stefan Lafrentz / IMAGO / Stefan Lafrentz)
Kurz vor den Olympischen Spielen in Paris ist der Reitsport gleich mehrfach negativ in die Schlagzeilen geraten. Der Grund: der Vorwurf der Tierquälerei.
So wurde in der vergangenen Woche unter anderem gegen den für Österreich startenden deutschen Springreiter Max Kühner ein Strafbefehl erlassen, weil er im Mai 2023 einem Pferd beim Überwinden eines Hindernisses einen Stab gegen die Beine geschlagen haben soll - das sogenannte "aktive Barren". Kühner hat Einspruch eingelegt.
Die dreimalige Dressur-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin aus Großbritannien ist gar nicht zu den Spielen in Paris gefahren. Von der 39-Jährigen war ein rund vier Jahre altes Trainingsvideo aufgetaucht, das zeigt, wie Dujardin ein Pferd beim Training auspeitscht. Der Reitsport-Weltverband FEI suspendierte Dujardin mit sofortiger Wirkung.

"Wir haben grundsätzlich kein Problem"

Hat der Reitsport also ein Tierschutzproblem? "Ich hoffe, dass er kein Tierschutzproblem hat", sagte Dennis Peiler, Sport-Geschäftsführer der Deutschen Reiterlichen Vereinigung im Deutschlandfunk. "Grundsätzlich sehe ich das so, dass die Allermeisten derer, die mit Pferden umgehen, das voller Liebe zum Partner Pferd tun, dass sie das Tier liebevoll umsorgen. Das gilt im Breitensport, aber genauso im Spitzensport. Und deswegen sagen wir, haben wir grundsätzlich kein Problem."
Dennoch gebe es Einzelfälle, sagte Peiler. Deswegen gehe er auch nicht von einem systematischen Problem aus. "In einer idealen Welt würde ich mir wünschen, dass es diese Bilder nicht gibt. Aber wir leben nicht in einer idealen Welt", sagte er. "Umso wichtiger ist, dass man transparent damit umgeht, dass man die Fälle klar benennt und wo erforderlich ist, auch klar dagegen vorgeht."

"Wir sind nicht die Staatsanwaltschaft"

Das könne die Reiterliche Vereinigung als Sportverband aber nur begrenzt, sagte Peiler: "Dort, wo wir Zugriff haben, beispielsweise bei denjenigen, die über den Turniersport mit einer Jahresturnierlizenz an uns gebunden sind, können wir dagegen vorgehen. Wir sind aber nicht die Staatsanwaltschaft. Aber wir können Dinge auch zur Anzeige bringen, sodass die staatlichen Behörden dagegen vorgehen können."
Porträt von Dennis Peiler.
Dennis Peiler ist seit 2012 Sport-Geschäftsführer bei der Reiterlichen Vereinigung. (picture alliance / Team Deutschland / -)
Im Modernen Fünfkampf, der nicht zur Zuständigkeit der Reiterlichen Vereinigung zählt, ist Reiten in Paris zum letzten Mal Teil der Disziplinen. Grund sind auch die Vorfälle um die Deutsche Annika Zillekens (damals Annika Schleu), die ihr Pferd Saint Boy mehrfach geschlagen hat, nachdem es ein Hindernis verweigerte. Wäre Reiten weiter Teil des Modernen Fünfkampf geblieben, wäre die Sportart vom IOC sehr wahrscheinlich aus dem olympischen Programm gestrichen worden.

Peiler sieht Sport "aktuell nicht gefährdet"

Ein solches Szenario drohe dem Reitsport aber nicht, ist sich Peiler sicher: "Wir haben kein systematisches Problem. Deshalb sehe ich den Sport aktuell nicht gefährdet."
Doch wie sieht es mit dem gesellschaftlichen Rückhalt für den Pferdesport aus? "Die Gesellschaft geht zu Recht kritisch mit dem Pferdesport um, wenn sie sagt,, wir schauen genau hin", sagte Peiler. "Wir sprechen hier über die sogenannte Social License, das heißt die Akzeptanz des Pferdesports in der Mitte der Gesellschaft. Diese zu erhalten, ist unser Ziel. Und hier stellt sich der Weltverband entsprechend auf. Aber auch wir als nationaler Verband, um zu zeigen, die allermeisten, die mit Pferden umgehen, tun das mit Liebe und Fürsorge."
Um Fehlverhalten in Zukunft zu vermeiden, sei es wichtig, Wissen zu vermitteln und die Regelwerke entsprechend aufzustellen, sagte Peiler. "Der Pferdesport erfreut sich großer Beliebtheit, das hat sich auch wieder in Versaille gezeigt mit 40.000 Menschen auf dem Gelände. Und wir möchten den Pferdesport in der Mitte der Gesellschaft erhalten. Und deswegen müssen wir uns permanent weiterentwickeln und das tun wir auch."