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Rekorde bei Linde, Sorgen bei Adidas

Entgegen fast aller Erwartungen musste der Sportartikelhersteller Adidas im vergangenen Jahr einen Gewinnrückgang verbuchen. Ganz im Gegensatz zu einem weiteren DAX-Konzern. Der Münchener Industriegase-Spezialist Linde hat nach dem Spitzenjahr 2011 noch eins drauf gelegt und 2012 einen neuen Rekordwert erwirtschaftet.

Von Michael Watzke |
    Eigentlich hätte der heutige Tag für Linde-Chef Wolfgang Reitzle ein Freudentag werden können. Mehr als 15 Milliarden Euro Umsatz und 1,3 Milliarden Euro Reingewinn für den Münchner Gase-Hersteller. Es lief noch nie so gut für Linde. Doch Reitzles Stimmung war nicht linde, sondern gereizt. Er warnte:

    "Dass aus meiner Sicht hier ein gefährlicher Prozess abläuft und die Politik mehr und mehr in die Selbstregulierungskräfte der Marktwirtschaft eingreift. Wir haben eine ganz klare Tendenz: mehr Staat, mehr Regulierung, weniger Marktwirtschaft."

    Als Beispiele nannte Reitzle die Energiewende und die Diskussion um Managergehälter. Aber jeder wusste: es geht vor allem um Reitzles Rücktritt als Linde-Chef. Der 43-Jährige würde nämlich gern in den Aufsichtsrats von Linde wechseln - aber das verhindert die sogenannte Cooling-Off-Regelung. Sie schreibt vor, dass ein Konzern-Chef erst zwei Jahre pausieren muss. Reitzle war der Ärger darüber anzusehen.

    "Was heißt verärgert? Verwundert bin ich darüber, und ich halte das nicht für gut. Weil ich denke, dass das mehr schadet als hilft, wenn man sicherstellen will, dass das frische, operative Wissen aus dem Unternehmen eine Chance hat, auch im Aufsichtsrat verankert zu sein."

    Reitzles operatives Wissen hat Linde in den vergangenen Jahren zu einem Unternehmen geformt, das glänzend dasteht. Vor allem die Übernahme des amerikanischen Medizingas-Spezialisten LinCare hat die Münchner vor allem in der Gesundheits-Sparte gestärkt.

    "Mit einem Proforma-Jahresumsatz von rund drei Milliarden Euro sind wir nun der größte Healthcare-Anbieter der Gase-Industrie. In den USA, dem mit Abstand größten Homecare-Markt, sind wir die ganz klare Nummer eins."

    Reitzle ist Linde - und wenn der Schwabe 2014 nach elf Jahren an der Spitze zurücktritt, wird der Übergang nicht einfach sein. Zwei Favoriten soll es für die Nachfolge geben, beide von außerhalb - aber wer genau?

    "Das glauben Sie doch nicht im Ernst, dass ich jetzt mit Ihnen über so ein Thema diskutiere?"

    200 Kilometer nördlich von München, in Herzogenaurach, saß heute morgen ein Vorstands-Chef, der für sein Unternehmen ähnlich prägend ist wie Reitzle für Linde. Herbert Hainer steht seit zwölf Jahren an der Spitze von Adidas. Der Sportausrüster hat im Jahr 2012 seinen Umsatz erneut um sechs Prozent steigern können - auf fast 15 Milliarden Euro. Allerdings sank der Gewinn um 14 Prozent. Schuld daran war die amerikanische Adidas-Tochter Reebok. Deren Wachstumsaussichten sind schlecht - in Indien hat Reebok sogar massiv Bilanzen gefälscht. Von all diesen Problemen sollen die Adidas-Aktionäre jedoch nichts spüren: die Dividende steigt um 35 Prozent auf 1,35 Euro.