Im Jahr 1590 schreibt Rebecca Lempin aus dem Gefängnis ihrem Ehemann einen bewegenden Abschiedsbrief, in dem sie ihre Unschuld beteuert und alle Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben hat. Kurz darauf wird die trostlose Frau als Hexe bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Erzwungen wurde ihr Geständnis, dem Teufel gedient zu haben, durch grausame Folter; die Hinrichtung war Teil eines religiös motivierten Massenmordes, der Mitteleuropa in der frühen Neuzeit erschütterte. Jüngste Forschungen sprechen von 60.000 meist weiblichen Opfern.
Wer solche Fakten zur Kenntnis nimmt, dem ist nicht nach Spaßen zumute. Aber im Historischen Museum der Pfalz lässt man sich die Freude an der Hexerei durchaus nicht verderben. Schließlich ist ihr Unterhaltungswert beträchtlich, und das nicht erst seit Goethes "Faust" mit der zünftig gefeierten Walpurgisnacht. Schon Plinius der Ältere notierte im antiken Rom, die Zauberei sei die einzige Wissenschaft, in der die Frauen den Ton angeben. Von Kirke und Medea, den gefährlichsten Verführerinnen des Altertums, verbreitet sich das Parfüm femininer Magie bis zur Femme fatale, deren lustvollen Grausamkeiten sich die verhexte Männerwelt des Fin de Siècle so willig überließ.
Um einschlägiges Illustrationsmaterial muss sich die Schau in Speyer wahrlich nicht sorgen. Der obszön animierte Hexenmeister Hans Baldung Grien bediente die wenig frommen Gelüste des Publikums ebenso unverhohlen wie die teuflisch erotisierten Genremaler Flanderns und all die anderen Künstlerreporter in der sittlich verkommenen Unterwelt. Nur entfernt verwandt mit den prekären Schönheiten aus überhitzten Männerfantasien scheint da die Knusperhexe der Gebrüder Grimm zu sein, die sich mit Runzelgesicht und Kuchenzahn geradewegs aus dem finster süßen Mittelalter in die Herzen der Kinder schleicht.
Deren Mütter, sofern sie für Rituale des Übersinnlichen empfänglich sind, steigen aber in noch tiefere Schichten der Vergangenheit hinab. Der altnordisch angehauchte Wicca-Kult soll nicht nur bei grünen Amazonen erstaunlichen Zulauf verzeichnen und gibt folglich einen eigenen Schauraum in der effektvoll inszenierten Ausstellung her. Das Hantieren mit den kralligen Zeremonialstäben der Wicca-Priesterinnen gilt als ernsthafte Alternative zur harmlosen Volksbelustigung mit Halloween- und Harry-Potter-Hokuspokus.
Peinlich nur, dass der braune Spuk auf ähnlichem Trip zum naturnahen Geisterbeschwören zu sehen ist. Himmlers SS sollte den Beweis für den Zweck der historischen Hexenjagden erbringen, die Reste der germanischen Volkskultur auszulöschen.
Auch hier lassen die Kuratoren den Mythos mit der Wirklichkeit kollidieren. Die finsteren Kerkerkulissen, die Marterwerkzeuge, das heillose Bündnis von Klerus und weltlicher Obrigkeit, der mit Alraunen, Gewitterkreuzen und Schabemadonnen hochgerüstete Abwehrzauber gegen den Hexenfluch – all das sind Bestandteile eines kollektiven Verfolgungswahns. Schockierend real ist dagegen die Botschaft der nachgebauten frühen Buchdruckerwerkstatt mit der sich daraus ergießenden Papierflut, die sich in den Lesevitrinen sammelt. Tatsächlich hat die Hexenhysterie des sterbenden Mittelalters viel mit der Vertextung der Zivilisation zu tun, die paradoxerweise zu deren Verrohung führte. Erst die Medienrevolution mit der ungebremsten Verbreitung von blutrünstigen Flugbättern und Hetztraktaten wie dem berüchtigten "Hexenhammer" des Dominikaners Institoris ermöglichten die länderübegreifende Hexenverfolgung.
Eine Errungenschaft der frühen Moderne ist auch die professionelle Justiz, die Prozesse am Fließband bewältige, denen die Bevölkerung tatenlos zuschaute, hatten doch im Hexenwahn die Ängste vor Naturkatastrophen, Missernten und Krankheiten ein passendes Ventil gefunden.
Wie anrührend ist das von sieben Jungfrauen feingwebte Hexenhemd, dass Anna Kramerin 1680 bei ihrem Flammentod tragen sollte. Es blieb der Nachwelt erhalten, weil die Ärmste das zweifelhafte Glück hatte, mit dem Schwert enthauptet zu werden.
Wer solche Fakten zur Kenntnis nimmt, dem ist nicht nach Spaßen zumute. Aber im Historischen Museum der Pfalz lässt man sich die Freude an der Hexerei durchaus nicht verderben. Schließlich ist ihr Unterhaltungswert beträchtlich, und das nicht erst seit Goethes "Faust" mit der zünftig gefeierten Walpurgisnacht. Schon Plinius der Ältere notierte im antiken Rom, die Zauberei sei die einzige Wissenschaft, in der die Frauen den Ton angeben. Von Kirke und Medea, den gefährlichsten Verführerinnen des Altertums, verbreitet sich das Parfüm femininer Magie bis zur Femme fatale, deren lustvollen Grausamkeiten sich die verhexte Männerwelt des Fin de Siècle so willig überließ.
Um einschlägiges Illustrationsmaterial muss sich die Schau in Speyer wahrlich nicht sorgen. Der obszön animierte Hexenmeister Hans Baldung Grien bediente die wenig frommen Gelüste des Publikums ebenso unverhohlen wie die teuflisch erotisierten Genremaler Flanderns und all die anderen Künstlerreporter in der sittlich verkommenen Unterwelt. Nur entfernt verwandt mit den prekären Schönheiten aus überhitzten Männerfantasien scheint da die Knusperhexe der Gebrüder Grimm zu sein, die sich mit Runzelgesicht und Kuchenzahn geradewegs aus dem finster süßen Mittelalter in die Herzen der Kinder schleicht.
Deren Mütter, sofern sie für Rituale des Übersinnlichen empfänglich sind, steigen aber in noch tiefere Schichten der Vergangenheit hinab. Der altnordisch angehauchte Wicca-Kult soll nicht nur bei grünen Amazonen erstaunlichen Zulauf verzeichnen und gibt folglich einen eigenen Schauraum in der effektvoll inszenierten Ausstellung her. Das Hantieren mit den kralligen Zeremonialstäben der Wicca-Priesterinnen gilt als ernsthafte Alternative zur harmlosen Volksbelustigung mit Halloween- und Harry-Potter-Hokuspokus.
Peinlich nur, dass der braune Spuk auf ähnlichem Trip zum naturnahen Geisterbeschwören zu sehen ist. Himmlers SS sollte den Beweis für den Zweck der historischen Hexenjagden erbringen, die Reste der germanischen Volkskultur auszulöschen.
Auch hier lassen die Kuratoren den Mythos mit der Wirklichkeit kollidieren. Die finsteren Kerkerkulissen, die Marterwerkzeuge, das heillose Bündnis von Klerus und weltlicher Obrigkeit, der mit Alraunen, Gewitterkreuzen und Schabemadonnen hochgerüstete Abwehrzauber gegen den Hexenfluch – all das sind Bestandteile eines kollektiven Verfolgungswahns. Schockierend real ist dagegen die Botschaft der nachgebauten frühen Buchdruckerwerkstatt mit der sich daraus ergießenden Papierflut, die sich in den Lesevitrinen sammelt. Tatsächlich hat die Hexenhysterie des sterbenden Mittelalters viel mit der Vertextung der Zivilisation zu tun, die paradoxerweise zu deren Verrohung führte. Erst die Medienrevolution mit der ungebremsten Verbreitung von blutrünstigen Flugbättern und Hetztraktaten wie dem berüchtigten "Hexenhammer" des Dominikaners Institoris ermöglichten die länderübegreifende Hexenverfolgung.
Eine Errungenschaft der frühen Moderne ist auch die professionelle Justiz, die Prozesse am Fließband bewältige, denen die Bevölkerung tatenlos zuschaute, hatten doch im Hexenwahn die Ängste vor Naturkatastrophen, Missernten und Krankheiten ein passendes Ventil gefunden.
Wie anrührend ist das von sieben Jungfrauen feingwebte Hexenhemd, dass Anna Kramerin 1680 bei ihrem Flammentod tragen sollte. Es blieb der Nachwelt erhalten, weil die Ärmste das zweifelhafte Glück hatte, mit dem Schwert enthauptet zu werden.