Vor 25 Jahren wurde die Babri-Moschee in der indischen Stadt Ayodhya von Hindunationalisten zerstört, ein Gebäude aus dem frühen 16. Jahrhundert. Es folgten tagelange, blutige Ausschreitungen zwischen Hindus und Muslimen mit mehr als 2000 Toten. Inzwischen ist das Gelände abgesperrt – und wird es wohl noch lange Zeit bleiben. Denn immer noch ist der religiöse Konflikt um das ehemalige Moschee-Gelände ungelöst. Strenggläubige Hindus sind der Ansicht, dort sei der Gott Rama geboren worden und dort wo einst die Moschee stand, soll in früheren Jahrhunderten ein Hindu-Tempel gestanden haben. Ein indisches Gericht entschied nun, dass gegen führende Politiker der Regierungspartei BJP Anklage erhoben werden soll, wegen krimineller Verschwörung.
Das Klima hat sich verschärft
Die BJP habe den Konflikt damals bewusst als Mittel genutzt, um Wähler zu mobilisieren, sagt Jan Roß. Dies sei ein Mechanismus, der in Indien relativ häufig zu finden sei. In dem multireligiösen Land sei das aber gefährlich. Vor der indischen Parlamentswahl 2014 habe man bewusst moderate Töne angeschlagen und den politischen Hinduismus und die Kontroverse um Ayodhya nicht in den Vordergrund gestellt. Damals hatte die BJP die Wahl haushoch gewonnen. Der indische Premierminister Narendra Modi setzte eher auf wirtschaftliche Entwicklung. Aber, meint Roß, da es mit dem ökonomischen und sozialen Fortschritt nicht so wie erhofft vorangehe, sei die Versuchung groß, wieder mehr auf "dem Klavier des politischen Hinduismus zu spielen". Bei der Wahl im Bundesstaat Uttar Pradesh habe die Partei damit einen unerwartet hohen Wahlsieg errungen.
Seitdem regiert im bevölkerungsreichsten Bundestaat des Landes der Hindu-Priester Yogi Adityanath. Ein Mann, der zuvor vor allem durch Hetzreden gegen Muslime aufgefallen ist – und der bereits vor der Wahl angekündigt hat, den Tempel in Ayodhya wieder aufbauen zu wollen. Sollte dies wirklich geschehen, dann bestünde das Risiko von Gewalt, sagt Jan Roß. Die gesamte Biographie von Yogi Adityanath deute darauf hin, dass es sich um einen religiösen Eiferer mit begrenztem Verantwortungsgefühl handle.