Sanfter Sprechgesang vermischt mit Pop, so klingt die Musik von Rap-Künstler Nissim Black. Die Texte allerdings sind für Rapmusik eher ungewöhnlich: Nissim singt von Gott - und er spricht ihn direkt an, wenn er singt, dass Gottes Herrlichkeit ein Licht sei, heller als die Sonne. Oder dass er Gottes Diener sein will. Etwa in dem Lied "King of the World".
Der 31-jährige Afroamerikaner passt nicht ins Klischee des typischen Rappers. Zumindest nicht mehr, seit er zum Judentum konvertiert ist. Nissim Black, der einst über Frauen, Geld und Drogen rappte, lebt heute ultraorthodox und seit zwei Jahren in Jerusalem. Gerade kommt er von Studioaufnahmen für sein drittes religiös geprägtes Album. Draußen fahren Busse vorbei. Wir sitzen in einer einfachen Bäckerei mit winzigem Café in einem ultraorthodoxen Viertel. Nissim findet die Frage, wie sein neuer Lebensstil und die Rapmusik zusammenpassen, zu kopflastig:
"Ich spreche, ich singe aus dem Herzen. Klar, meine Lieder handeln von Gott, von der Einheit, von innerer Stärke. Ja, diese Dinge sind mir wichtig. Und definitiv haben sie sich auf meine Musik ausgewirkt, auf ihren Inhalt und meine Botschaft."
Heute rappender Charedim ...
Nissim gehört heute zu den Charedim, den Gottesfürchtigen, und er legt die strengreligiösen Regeln für sich besonders streng aus. Deshalb ist für ihn ein Treffen mit fremden Frauen nur in öffentlichen Räumen, wie in diesem Café möglich. Alles andere würde, so sagt er, gegen Gebote des Anstands verstoßen. Fremde Frauen will Nissim auch nicht ansehen, während des Gesprächs blickt er zur Seite. Sein Leben hat sich seit dem Übertritt zum orthodoxen Judentum komplett verändert:
"Ich stehe auf und gehe zum Morgengebet. Einen großen Teil meines Tages verbringe ich im persönlichen Gebet, bitte Gott, mich ihm näher zu bringen. Derzeit bin ich mindestens zwei bis drei Tage in der Woche im Studio. So oft wie möglich studiere ich zusammen mit anderen die religiösen Schriften. Zu Hause helfe ich mit den Kindern und wenn die schlafen, gehe ich abends noch mal raus, um zu lernen, höre mir Vorträge von Rabbinern an. Meist komme ich dann erst sehr spät nach Hause."
Der rundliche Nissim trägt einen schwarzen Mantel, einen Hut und darunter eine Kippa. Er hat sich Schläfenlocken wachsen lassen. Nur noch seine Sprache erinnert an die Vergangenheit. Nissim hieß damals noch Damian Black. Er wuchs in Seattle auf, seine Eltern waren Rapper und Drogendealer. Er trat in ihre Fußstapfen, nannte sich D.Black und brachte zwei Alben heraus.
...früher Gangster-Rapper
Get Loose heißt dieser Song. Im Musikvideo zeigt er sich mit aufgemotzten SUVs und leicht bekleideten Frauen, glitzernder Uhr, Ohrringen und einer Kette mit einem Kreuzanhänger. Schon damals spielte Religion eine Rolle in seinem Leben. Es begann mit dem Islam:
"Ich war noch sehr jung, als ich den Islam kennenlernte, durch meinen Großvater. Er war sunnitischer Muslim, er landete aber immer wieder im Gefängnis. Als ich etwa 13 Jahre alt war, brachte mir ein Onkel den Islam näher."
Später wurde Nissim von einem Freund in eine christliche Gemeinde mitgenommen. Die hatte ein Hiphop-Programm. Das sprach ihn an. Er blieb, leitete später sogar Bibelgruppen. Doch die dunklen Seiten des Rap-Business holten ihn ein:
"Ich begann, mit Leuten von der Straße abzuhängen. Und ehe ich mich versah, hatte ich plötzlich einen ganz anderen Sound, ein ganz anderes Auftreten, ein anderes Image. Dann geriet ich in eine Auseinandersetzung mit einem anderen Künstler, er hatte meinen Namen in einer seiner Aufnahmen in einem despektierlichen Zusammenhang genannt. Das führte zu einem Streit in einem Nachtclub. Ein Freund von mir versuchte, ihn zu töten. Dann waren seine Leute hinter mir her und da begann ich, Gott anzurufen."
Suche nach dem Glauben
Danach wurde ihm sein Glaube wichtiger, er wollte die Ursprünge des Christentums kennenlernen und fand so zum Judentum. Aus Damian wurde Nissim, er konvertierte zusammen mit seiner Frau, mit der er heute fünf Kinder hat. In seinen Songs erzählt er von seinem Weg zu Gott, wie in diesem Stück "A Million Years". Er singt davon, dass Melancholie ihn umhüllt habe, dass er nach dem gesucht habe, was das Leben ausmacht. Und wörtlich: "Ich habe dich gerufen, und du hast mir gezeigt, dass du zuhörst."
Nissim orientiert sich heute an den Lehren des 1810 verstorbenen Rabbiners Nachman. Er gehört also zu den sogenannten Brazlawer Juden, die neben dem Studium der Thora auf das religiöse Erleben setzen.
"Wir sind bekannt dafür, dass wir einmal im Jahr, zu Rosh Hashanah, dem jüdischen Neujahrsfest, zu 50.000 oder mehr, an das Grab von Rabbi Nachman pilgern. Er liegt in Uman in der Ukraine begraben. Für ihn war es wichtig, dass seine Anhänger an diesem Feiertag bei ihm sind und deshalb gehen wir."
Auch Nissim Black pilgert seit fünf Jahren zu dem Grab. Doch die meisten Auslandsreisen führen ihn in andere Länder: vor allem zu Konzerten rund um den Globus. Für ihn ist das Arbeit im Auftrag Gottes:
"Ich habe mit meiner Musik die Fähigkeit, eine ganze Menge Menschen anzusprechen, mehr Menschen als ein Rabbiner das heutzutage kann. Mein Lebensstil gibt meiner Musik mehr Kraft, eben weil ich mir treu bleibe."