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Renaissance der Braunkohle

Woher der Strom der Zukunft kommt, bis der Umstieg auf erneuerbare Energien geschafft ist, bleibt unklar. Im Jänschwalde bei Cottbus, wo seit den 70er-Jahren Braunkohle abgebaut wird, ist jedenfalls ein weiterer Tagebau geplant - entgegen allen umweltfreundlichen Energieplänen.

Von Sina Fröhndrich |
    Dicke Dampfwolken hängen über den Kühltürmen. Davor: riesige Schauffelbagger in einem Braunkohlefeld. Der Tagebau Jänschwalde bei Cottbus. Der Energiekonzern Vattenfall fördert hier täglich 60.000 Tonnen Kohle. Seit dem Beschluss zum Atomausstieg ist die Nachfrage gestiegen. Das Unternehmen will hier noch mehr Kohle abbauen. 2025 sollen sich die Bagger weiter in die Landschaft graben. Das Genehmigungsverfahren dazu läuft noch. Die angrenzende Gemeinde Schenkendöbern will den neuen Tagebau verhindern, denn drei Dörfer würden von der Landkarte verschwinden.

    "Wir sind eigentlich der Meinung, dass es jetzt günstig ist, auszusteigen aus der Braunkohle, das heißt nicht, dass wir jetzt alles stoppen, sondern mit den genehmigten Tagebauen weiterarbeiten, bis sie ausgekohlt sind, dann hätten wir noch genug Zeit, Brandenburg umzustrukturieren."

    Andreas Stahlberg ist Mitarbeiter der Gemeinde und zuständig für Fragen rund um den Tagebau. Er steht wenige Meter von der Abbruchkante entfernt. Der Atomausstieg war nicht nur eine gute Nachricht für den 45-Jährigen und die etwa 3500 Einwohner der Region. Denn ihre Kohle ist für Vattenfall jetzt noch mehr wert.

    "Wir waren erstmal schockiert, jetzt ist das Revival der Braunkohle da. Sind mittlerweile überzeugt, dass wir weder Kohle- noch Atomkraftwerke brauchen. "

    Braunkohle als Brücke – darüber ist sich die Gemeinde mit Vattenfall und rot-roter Landesregierung einig. Nicht aber über die Länge der Brücke. Deshalb erwägt die Gemeinde sogar rechtliche Schritte gegen den neuen Tagebau. Der Energieversorger Vattenfall hat ein Regionalbüro eine halbe Stunde südlich der Gemeinde, in Cottbus. Thoralf Schirmer, Pressesprecher, verteidigt die Konzernpläne und beruft sich auf die Energiestrategie des Landes Brandenburg.

    "Die sagt sehr klar, dass es sinnvoll ist, an dem laufenden Verfahren festzuhalten. Um rechtssicher auf die Kohlevorräte zuzugreifen."

    Zurück im Braunkohlegebiet. Kiefernwälder und flache Moore, dazwischen kleine Dörfer. Deren Einwohner setzen Zeichen gegen die Abbaupläne – mit Protestplakaten, Solardächern und Biogasanlagen.

    "Jetzt fahren wir nach Groß Gastrose."

    Sollte der neue Tagebau kommen – Groß Gastrose dürfte zwar bleiben - die Bagger kämen aber bis auf 200 Meter an den Ort heran. Wilfried Buder ist Ortsvorsteher. In blauer Arbeitshose steht er auf seinem Hof, verputzt sein Haus neu. Er baut, will bleiben.

    "Ich denke mir, dass Vattenfall keinen neuen Tagebau baut ohne CCS-Technik, und die ist tot, das wurde uns versichert und ohne neues Kraftwerk, kein neuer Tagebau. So gehen wir erstmal an die Sache ran."

    Ein Gesetz für CCS kommt seit Jahren nicht voran. Mit der Technik wird CO2 aus den Kraftwerken unter die Erde gepresst und dort gespeichert. 2015 entscheidet sich, ob der neue Tagebau in Jänschwalde wirklich kommt. Eine Hängepartie für die Gemeinde. Unnötig aus ihrer Sicht; denn für sie hat die Energiewende schon eine Antwort gegeben.

    Mehr zum Thema auf den Seiten des DRadio-Volontärsprojekts "Umsteigerland":

    "Umsteigerland": Auf der Suche nach der Energiewende
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