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Renaturierung in den Tropen

Früher wurden auf der Insel Desroches im Indischen Ozean Kokosnüsse angebaut. Auf der Tropeninsel vor der Küste Afrikas soll nun die ursprüngliche Vegetation wieder hergestellt werden, um bessere Bedingungen für die Vogelwelt zu schaffen.

Von Andrea Rönsberg |
    Es ist noch dunkel auf Desroches, als Tony Jupiter und Rodney Maria sich auf den Weg machen.

    "Wir begeben uns jetzt auf unsere Schildkröten-Patrouille. Gleichzeitig beobachten wir die Vögel, sowohl die Seevögel als auch die Küstenvögel."

    Zügig gehen Rodney und Tony los, barfuß durch den feuchten, schweren Sand. Sie tragen Shorts, T-Shirt und Baseball-Kappe; ihre Ausrüstung besteht aus einem Klemmbrett mit Formularen, Bleistiften, Fernglas und GPS. Über ihren Köpfen fliegen Eilseeschwalben; am Ufer steht ein Reiher und wartet auf Nahrung.

    "Wir notieren das Datum, die Zeit und die Position, ebenso wie die Anzahl der Vögel. Außerdem schreiben wir kurz auf, was die Vögel gerade machen, ob sie beispielsweise fressen oder sich ausruhen."

    14 Kilometer geht es am Strand entlang, über Algen und Gestein, das sich über Tausende von Jahren aus dem Sand gebildet hat. Und dann in den Wald, ins Innere der Insel. Kokospalmen stehen dort in Reih und Glied - Reste einer Kokosplantage, die die ersten Siedler Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt haben.

    "Das hat das Ökosystem hier natürlich verändert, weil die Tiere und Insekten, die im heimischen Wald existiert haben, sich nicht an die neue Vegetation der Kokosplantage angepasst haben. Ganz sicher ist also die Anzahl heimischer Tiere zurückgegangen. Möglicherweise sind auch welche ganz ausgestorben, aber weil die Bestände damals nicht erfasst worden sind, können wir nicht genau sagen, ob es manche Arten, die es mal gab, jetzt nicht mehr gibt."

    Das Ziel der beiden Naturschützer von der halbstaatlichen Island Conservation Society deshalb: Die ursprüngliche Vegetation wiederherstellen. Gemeinsam mit dem Hotelbetreiber und der Organisation, die die Insel für den Staat verwaltet, werden Kokospalmen abgeholzt. Dafür werden einheimische Bäume gepflanzt, die Rodney und Tony in einer kleinen Baumschule aufziehen.

    "Wir haben hier zum Beispiel Barringtonia, Hernandia, Noni-Bäume, außerdem Kordien, Takamaka, und Pisonia, die sehr wichtig sind für Seevögel. Auf allen Inseln, auf denen es Pisonia-Wälder gibt, findet man auch Seevögel, die darin nesten. Ein gutes Beispiel ist die Seychelleninsel Aride, auf der Pisonia etwa 85 Prozent der Vegetation ausmachen. Dort nistet die größte Population an Schlankschnabelnoddies weltweit."

    Auch Desroches soll in Zukunft Seevögeln wie den Noddies einen besseren Nistplatz bieten. Außerdem geht es darum, einen Lebensraum für bedrohte Landvögel zu schaffen, die es nur noch auf wenigen Seychelleninseln gibt.
    "Wir wollen neue Arten wieder einführen, insbesondere Vögel. Wir denken da vor allem an den Seychellendajal und die flugunfähige Ralle, die es derzeit nur auf Aldabra gibt. Sowohl das Umweltministerium als auch andere Naturschutzorganisationen haben erkannt, dass Desroches eine der sehr erfolgreichen Inseln im Bereich des Naturschutz sein könnten."

    Doch damit dieser Erfolg eintreten kann, werden nicht nur Kokospalmen abgeholzt werden müssen. Es werden auch Raubtiere wie Ratten und Katzen ausgerottet werden müssen. Ein schwieriges Unterfangen, denn potenziell können mit jedem Schiff, das einmal im Monat Nahrungsmittel auf die Insel bringt, neue Ratten an Land kommen.

    Naturschutz sei eben nichts für den, der den schnellen Erfolg sucht, meint Tony. Seit fast zwei Jahrzehnten ist er dabei, lebt die meiste Zeit des Jahres mehrere Hundert Kilometer entfernt von seiner Familie. Die Artenvielfalt auf den Seychellen zu erhalten, hat er sich zur Lebensaufgabe gemacht.

    "Meine Großeltern haben die meiste Zeit ihres Lebens auf den äußeren Seychellen verbracht und viel davon erzählt. Als wir klein waren, haben wir uns abends um sie herum gesetzt und meine Großmutter hat davon erzählt, wie es auf der Insel aussah und welche Tierarten es hier gegeben hat. Und diese Bilder sind mir in Erinnerung geblieben und ich habe mich entschlossen, eines Tages selber diese Art von Leben zu führen."