Ach wie gut, dass es bald vorbei ist. Mancher Sozialdemokrat dürfte drei Kreuze machen, wenn um 18 Uhr endlich bekannt ist, wer Deutschlands älteste Partei denn aus der Misere führen soll.
Dietmar Woidke zum Beispiel hört sich ein bisschen danach an: "Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich. Ich persönlich bin auch sehr froh, wenn die Partei wieder eine gewählte Parteispitze hat, es wird dann auch wieder nach vorne gehen. Es hat lange gedauert. Es war ein langer Prozess, aber ich glauben, die SPD ist in einem guten Zustand!"
Das muss man vielleicht so sehen, wenn man gerade als Ministerpräsident von Brandenburg im Amt bestätigt worden ist. Wie gut der Zustand nach dem Marathon der Vorsitz-Suche wirklich ist, muss sich erst noch zeigen.
Lars Klingbeil, der Generalsekretär, zuständig für den monatelange Findungsprozess, scheint da schon seine Sorgen zu haben:
"Es gibt eine SPD, es gibt auch dann den Wunsch des Gewinnerteams, dass wir eine geschlossene Partei haben, und das heißt schon, dass man auch dann die andere Seite mitnehmen muss, sie einbinden muss."
Geringere Wahlbeteiligung als in Runde 1?
Klingbeil wollte die Partei mit neuem Leben erfüllen, auf 23 Regionalkonferenzen war die Resonanz gewaltig, das Konzept schien aufzugehen.
Die Beteiligung der Mitglieder aber war am Ende eher mau, auch wenn Malu Dreyer, die kommissarische Chefin, stolz darauf ist, dass in der ersten Runde 53 Prozent der gut 420.000 SPD-Mitglieder ihre Stimme abgaben. Bei der Stichwahl würde die Teilnahme eher zurückgehen, meinte sie, ohne einen Zwischenstand geben zu wollen.
Dreyer: "Ich möchte heute keine Zahlen sagen, und zwar haben wir uns dafür entschieden, weil alles andere im Moment nicht so ganz einschätzbar ist…"
In der Tat hing zum Beispiel einiges davon, wie viele Mitglieder online an Rechner oder Handy entscheiden würden, wie viele vom Brief Gebrauch machen würden. Klara Geywitz und Olaf Scholz lagen in der ersten Runde bei den klassischen Briefwählern, den mutmaßlich älteren SPD-Mitgliedern klar vorne.
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten online die Nase vorn, sie haben nicht zuletzt die Jusos hinter sich. Und so fiel es schon auf, wie sehr sich die regierenden Sozialdemokraten im Bund in der vergangenen Woche ins Zeug legten, um für ihre Arbeit in der Koalition zu werben und damit eine Wahlempfehlung für den Vizekanzler zu geben.
Scholz: "Nur wer sehr mutig ist, kann andere von sich überzeugen und wir brauchen eine mutige SPD - dafür stehen Klara Geywitz und ich auch!"
An Selbstbewusstsein hat es Olaf Scholz während des Kandidatenrennens nie gemangelt. Er will die Koalition mit der Union fortführen, Konkurrent Norbert Walter-Borjans steht da eher für Rückzug, dessen Partnerin Saskia Esken fordert sogar eine Nachverhandlung des Koalitionsvertrages. Nur so könne man aus dem Meinungstief bei den Wählern herauskommen.
Auch Union schaut gebannt auf den Abend
Esken: "Wir sind alle sehr, sehr unglücklich mit diesen 13, 14, 15 Prozent. Es geht darum, die Herzen der Menschen wieder zu erreichen. Da geht es wirklich um Zukunftsvisionen!"
Dass Scholz/Geywitz die Unterstützung der Parteiprominenz auf ihrer Seite hatten, dass sich viele Spitzenpolitiker der SPD klar für dieses Duo ausgesprochen und es damit in die Favoritenrolle gebracht haben, sorgte für Unmut. Andererseits hatten Nowabo/Esken von Anfang an den mächtigen NRW-Landesverband und die Jusos hinter sich bringen können.
Karl Lauterbach, Ex-Kandidat, hatte auch das moniert und prophezeit nun als GroKo-Skeptiker: "Wenn Olaf Scholz gewinnen wird mit Klara Geywitz zusammen, dann wird es eine verstärkte Bemühung geben, die Regierungsfähigkeit der Partei in den Vordergrund zu stellen. Gewinnen Esken und Borjans, wird es mehr um die Programmatik der Partei gehen, dann wird die Große Koalition auch nicht mehr lange durchhalten, davon bin ich fest überzeugt."
Und deswegen schaut auch die Union gebannt auf den heutigen Abend. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat für 19 Uhr ein erstes Statement angekündigt. Für das Gewinnerteam geht es schon ab morgen darum, eine möglicherweise gespaltene Partei hinter sich zu versammeln und den Parteitag vorzubereiten.
Nächsten Freitag müssen die Delegierten die Wahl offiziell absegnen, am Tag drauf soll über die Zukunft der Koalition diskutiert werden.