Wenn auf der Höhe des Thüringer Waldes, Regen und Sturm gegen Dächer und Wände brausen, hält nur der Schiefer die Häuser trocken und warm. Die Schieferdeckerzunft ist eine der ältesten in Deutschland und ihr Nachwuchs lernt seit 70 Jahren, gewissermaßen auf dem Dach von Lehesten.
Dachdeckerschule
Vom Parkplatz aus laufen wir auf einen breiten, schiefer gedeckten Bau mit hohem eckigen Turm zu. Das dunkle Gebäude der Dachdeckerschule schimmert in der Mittagssonne tiefblau. 1938 bezogen, waren ab 1961 DDR-Grenzsoldaten untergebracht. Nun erhalten hier wieder "fleißige Handwerker" theoretische Unterweisungen. Am Weg zu den hellen, neuen Hallen erinnert eine DDR-Grenzsäule daran, daß es hier rund 30 Jahre lang keine Ausbildung gab.
Koordinator Ernst Frank und die vier Ausbilder hatten den Bauboom der Nachwendezeit im Osten und die Gunst der Stunde auf der Höhe Friedrichsbruch genutzt. Frank gehört zu den Neugründern der Dachdeckerschule. Der schmale Mann mit dem kantigen Kopf und den klaren Augen ist Lehrer für Mathematik und Physik.
Seit 1995 erhalten Lehrlinge und künftige Meister in dem Hallenkomplex die praktische Ausbildung.
In dem ersten Hallenteil üben etwa 10, 12 Lehrlinge das Dachdecken mit Faserzementplatten, an schräg aufgestellten Holztafeln. Aufmerksam beobachtet von dem erfahrenen Lehrausbilder Günter Grießhammer:
" Es ist ja die älteste Dachdeckermeisterschule von Deutschland und da ist es traditionell schon sehr schön, in der Schiefergegend, wo ich ja aufgewachsen bin, durch den Schiefergewinnung auf 'm Staatsbruch, das man also hier die Dachdeckerschule weitergeführt hat, ab 1991, und wir die Möglichkeit also haben, Lehrlinge, Meister, auszubilden. "
Mal kurz zur Geschichte: Alles begann 1910 in einem kleinen Büro in Lehesten. Die Ausbildung war in den Schieferbrüchen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Schule geschlossen. 1946 öffnete sie wieder. Ihre Meisterausbildung wurde die Schule bald los. Viele frischgebackene Meister türmten auf direktem Weg über die nahe Zonengrenze in den Westen. Die DDR-Machthaber verlagerten die Meisterausbildung nach Weimar. Mit dem Mauerbau, 1961, schloß auch die Lehrausbildung. Aus den Gebäuden wurden Kasernen.
Günter Grießhammer hilft, prüft und korrigiert: Überdeckung, Nagelung und Maße. Ein kurzer Griff zur Wasserwaage. Alles sei erlernbar, findet dieser Lehrling:
" Ratzfatz geht das. Kriegen Sie das auch so hin? "
Lehrling: " Nach en paar Jahren krieg' ich das auch so hin. "
Klar, daß die Azubis anfangs nicht mit Schiefersteinen arbeiten. Thüringer Schiefer ist wegen seiner seidig-tiefblauen Farbe und seiner Haltbarkeit begehrt und kostbar.
Bis der Schiefer auf 's Dach kommt, ist viel Handarbeit erforderlich. Das heißt Geschicklichkeit und Genauigkeit. Beim Bundeswettbewerb der Lehrlinge hat die Dachdeckerschule in Lehesten seit 1992 sieben Mal den ersten Platz belegt.
Wir sehen bei den Dachmodellen wahre Kunstwerke. Mit dem Trend zu natürlichen Baustoffen erleben Schieferdächer eine Renaissance.
Dann rollen wir von der Bergkuppe wieder hinab, vorbei an neuen Eigenheimen, mitten hinein nach Lehesten, der Berg - und Schieferstadt im Südosten Thüringens.
Auf der Schieferstraße in der Kirche
Eines möchte ich unserer nächsten Station noch vorausschicken: Thüringer Schiefer wurde nicht nur wegen seiner dunkelblauen Farbe und seiner Haltbarkeit weltberühmt, sondern auch wegen seiner Größe! Wenn sie sich davon überzeugen wollen, gehen sie - wie wir - in die Kirche St. Aegidien. Dort hängt, gleich im Eingangsportal an der Wand, die größte Schiefertafel der Welt! Das gute Stück, im ganzen und per Hand aus dem Schieferbruch gewonnen, mißt 3,09 m mal 2,53 m!
Das wissen wir von Cornelia Seifert und Werner Liebeskind. Cornelia Seifert ist Lehrerin für Musik und Religion. Die temperamentvolle Frau leitet auch den Kirchenchor und fühlt sich mitverantwortlich für die baulichen Probleme des Gotteshauses.
Seifert: " Unser Ort ist ja typisch für Schiefer, die Kirche ist ja auch gebaut worden, aus dem was hier wächst: Holz und Schiefer, der Altar ist aus Schiefer und da ist im Eingangsportal das wunderbar, daß da als Eingangstafel, die große Schiefertafel ist. Es soll die größte der Welt sein, übrigens. "Liebeskind: " Das ist was Wunderschönes, so ein großes Stück hier raus zu bringen, 1870 sind ja drei Stück von dieser Größe, also in der Rohform noch größer, gewonnen worden im Tagebau Kießlich, auf dem Staatsbruch, und zwei Stück davon sind dann 1873 zur Weltausstellung nach Wien gegangen und sind dort auch hoch ausgezeichnet worden. "
Das kostbare, "große Stück" trägt die Namen jener Lehestener Soldaten, die am deutsch-französischen Krieg von 1870 / '71 teilnahmen.
Thüringer Schiefer aus Lehesten und fränkischer Bergbau waren auch interessant für die Studien eines großen Naturwissenschaftlers und königlich preußischen Bergassessors. Der hieß Alexander von Humboldt.
Auf seiner Dienstreise machte er 1792 auch Station in Ludwigsstadt und Lehesten.:
" Der hat eine richtige Betriebsbefahrung gemacht und hat darüber einen Bericht verfaßt und dieser Befahrungsbericht liegt auch noch vor. "
Für Ludwigsstadt, sagt Liebeskind, habe Humboldt empfohlen: Wenn Schieferbergbau, dann unter Tage. Die eigentlichen Vorkommen hatte Lehesten.
Das wissen wir von Cornelia Seifert und Werner Liebeskind. Cornelia Seifert ist Lehrerin für Musik und Religion. Die temperamentvolle Frau leitet auch den Kirchenchor und fühlt sich mitverantwortlich für die baulichen Probleme des Gotteshauses.
Seifert: " Unser Ort ist ja typisch für Schiefer, die Kirche ist ja auch gebaut worden, aus dem was hier wächst: Holz und Schiefer, der Altar ist aus Schiefer und da ist im Eingangsportal das wunderbar, daß da als Eingangstafel, die große Schiefertafel ist. Es soll die größte der Welt sein, übrigens. "Liebeskind: " Das ist was Wunderschönes, so ein großes Stück hier raus zu bringen, 1870 sind ja drei Stück von dieser Größe, also in der Rohform noch größer, gewonnen worden im Tagebau Kießlich, auf dem Staatsbruch, und zwei Stück davon sind dann 1873 zur Weltausstellung nach Wien gegangen und sind dort auch hoch ausgezeichnet worden. "
Das kostbare, "große Stück" trägt die Namen jener Lehestener Soldaten, die am deutsch-französischen Krieg von 1870 / '71 teilnahmen.
Thüringer Schiefer aus Lehesten und fränkischer Bergbau waren auch interessant für die Studien eines großen Naturwissenschaftlers und königlich preußischen Bergassessors. Der hieß Alexander von Humboldt.
Auf seiner Dienstreise machte er 1792 auch Station in Ludwigsstadt und Lehesten.:
" Der hat eine richtige Betriebsbefahrung gemacht und hat darüber einen Bericht verfaßt und dieser Befahrungsbericht liegt auch noch vor. "
Für Ludwigsstadt, sagt Liebeskind, habe Humboldt empfohlen: Wenn Schieferbergbau, dann unter Tage. Die eigentlichen Vorkommen hatte Lehesten.
Auf der Schieferstraße im Staatsbruch
Übrigens, wer - wie ich - den Lehestener Schiefer (fälschlicherweise) als grau oder gar schwarz bezeichnet, wird sofort belehrt:
" Schwarz ist ein ganz häßlicher Ausdruck, denn schwarzen Schiefer gibt es nicht ! "
Also Blau, die Dächer sind blau, nicht schwarz !
Liebeskind: " Unter bestimmten Lichtverhältnissen hat das richtig einen seidigen, blauen Glanz. Das sieht wunderschön aus. "
Die dunkelblaue Farbe des Schiefers ist echt, weiß Liebeskind. Der Stein kommt so aus der Erde! Dort hat er etwa 330 Millionen Jahre gelegen. Zuerst als feinkörniger Ton. Aus dem wurde, durch die Last jüngerer Gesteine, Druck und hohen Temperaturen, Tonschiefer. Ewig soll der halten:
" Ein gutes Schieferdach aus dem "Blauen Gold" von Lehesten, diesem blauen Lagerstein, da kann man damit rechnen, daß es bis zu 100 Jahren hält und dann ist der Schiefer nicht kaputt, dann sind die Nägel kaputt, dann nimmt man die Platten vom Dach, werden die angeschlagen: Ein Stein der 100 Jahre auf dem Dach gelegen hat und noch klingt; den kann man wieder draufnageln, der hält noch 100 Jahre! "
Auf dem Hochplateau zwischen Lehesten und dem berühmten Rennsteig ist aus dem ehemaligen Staatsbruch ein "Schieferpark" entstanden. Werner Liebeskind hat uns hierher geführt. Auf dem Zechenplatz, zwischen Förderturm, Verwaltungsgebäude und Baracken pfeift ein kühler Wind.
Der hochgewachsene Pensionär ist auf dem Gelände wie zu Hause. Er war über 20 Jahre als Betriebsleiter für rund 350 Mitarbeiter zuständig. Ein riesiger Komplex mit Gebäuden und Einrichtungen, der ehemalige Schacht IV mit den Förderanlagen. Doch still ruht das Werk! Besucher kommen in der kalten Jahreszeit kaum zum Schieferpark hinauf.
Am Grubenrand angekommen, schauen wir in die Tiefe, sehen das langsam steigende Grundwasser und Treppenstufen, die nach unten führen.
Als im Tagebau nichts mehr zu holen war, ging man unter Tage, bis auch dort 1999 Schluß war. Für einen Besucherschacht reichten die Gelder nicht, der ist mittlerweile voll Wasser gelaufen.
" Schwarz ist ein ganz häßlicher Ausdruck, denn schwarzen Schiefer gibt es nicht ! "
Also Blau, die Dächer sind blau, nicht schwarz !
Liebeskind: " Unter bestimmten Lichtverhältnissen hat das richtig einen seidigen, blauen Glanz. Das sieht wunderschön aus. "
Die dunkelblaue Farbe des Schiefers ist echt, weiß Liebeskind. Der Stein kommt so aus der Erde! Dort hat er etwa 330 Millionen Jahre gelegen. Zuerst als feinkörniger Ton. Aus dem wurde, durch die Last jüngerer Gesteine, Druck und hohen Temperaturen, Tonschiefer. Ewig soll der halten:
" Ein gutes Schieferdach aus dem "Blauen Gold" von Lehesten, diesem blauen Lagerstein, da kann man damit rechnen, daß es bis zu 100 Jahren hält und dann ist der Schiefer nicht kaputt, dann sind die Nägel kaputt, dann nimmt man die Platten vom Dach, werden die angeschlagen: Ein Stein der 100 Jahre auf dem Dach gelegen hat und noch klingt; den kann man wieder draufnageln, der hält noch 100 Jahre! "
Auf dem Hochplateau zwischen Lehesten und dem berühmten Rennsteig ist aus dem ehemaligen Staatsbruch ein "Schieferpark" entstanden. Werner Liebeskind hat uns hierher geführt. Auf dem Zechenplatz, zwischen Förderturm, Verwaltungsgebäude und Baracken pfeift ein kühler Wind.
Der hochgewachsene Pensionär ist auf dem Gelände wie zu Hause. Er war über 20 Jahre als Betriebsleiter für rund 350 Mitarbeiter zuständig. Ein riesiger Komplex mit Gebäuden und Einrichtungen, der ehemalige Schacht IV mit den Förderanlagen. Doch still ruht das Werk! Besucher kommen in der kalten Jahreszeit kaum zum Schieferpark hinauf.
Am Grubenrand angekommen, schauen wir in die Tiefe, sehen das langsam steigende Grundwasser und Treppenstufen, die nach unten führen.
Als im Tagebau nichts mehr zu holen war, ging man unter Tage, bis auch dort 1999 Schluß war. Für einen Besucherschacht reichten die Gelder nicht, der ist mittlerweile voll Wasser gelaufen.
In der ehemaligen Göpelschachtanlage
Wenige hundert Meter weiter, vorbei an der Direktorenvilla, dort, wo die zugige Bergkuppe leicht abfällt, bevor es zum Rennsteig wieder bergan geht, dort liegt der "Kießlich", wie die Einheimischen die Grube nennen. Die älteste Abbaustätte! Bis 1973 wurde hier Schiefer hoch geholt. Mit Werner Liebeskind schauen wir uns im 1993 eröffneten "Technischen Denkmal Historischer Schieferbergbau" die stillgelegten Produktionsanlagen an. In der einzigen am Originalstandtort erhaltenen Göpelanlage Europas leuchtete schon elektrisches Licht als bei Carl-Zeiss in Jena noch Petroleumlampen brannten: 1885. Das Förderrad drehten längst keine Pferde mehr. Dafür gab es eine Maschine und einen Maschinisten:
" Der Fördermaschinist hat hier gestanden. Nu hat er ja nicht viel zu tun gehabt, körperlich, hat viel gefroren im Winter, was haben sie gemacht ? Sie haben hier sich ein Bühnchen drum herum gebaut, haben nach vorn, zum Schacht, zugenagelt, weil ja die Schachtröhre auch so sehr gezogen hat und nun' hat er aber seine Leute nicht mehr gesehen, vorn am Schacht, die Anschläger und die Aufschieber usw. und da haben sie sich von der Telekom so 'ne moderne Sprechanlage einbauen lassen.
Man spricht hier rein und der Schall wird über die Rohrleitung übertragen, bis zu den Empfänger... "Bitte den zweiten Förderkorb drei Meter höher ziehen !" - Entferung ? " Ungefähr dreißig Meter." "
" In dem großen Kammrad hier, die Kämme sind alle in Holz ausgeführt und diese kombinierte Verarbeitung, Holz und Metall, ist gar nicht so häufig, aber durch diese Holzkämme hat die Maschine einen weichen und ruhigen Lauf. "
" Der Fördermaschinist hat hier gestanden. Nu hat er ja nicht viel zu tun gehabt, körperlich, hat viel gefroren im Winter, was haben sie gemacht ? Sie haben hier sich ein Bühnchen drum herum gebaut, haben nach vorn, zum Schacht, zugenagelt, weil ja die Schachtröhre auch so sehr gezogen hat und nun' hat er aber seine Leute nicht mehr gesehen, vorn am Schacht, die Anschläger und die Aufschieber usw. und da haben sie sich von der Telekom so 'ne moderne Sprechanlage einbauen lassen.
Man spricht hier rein und der Schall wird über die Rohrleitung übertragen, bis zu den Empfänger... "Bitte den zweiten Förderkorb drei Meter höher ziehen !" - Entferung ? " Ungefähr dreißig Meter." "
" In dem großen Kammrad hier, die Kämme sind alle in Holz ausgeführt und diese kombinierte Verarbeitung, Holz und Metall, ist gar nicht so häufig, aber durch diese Holzkämme hat die Maschine einen weichen und ruhigen Lauf. "
Auf der Schieferstraße im technischen Denkmal: Spalthütte
Gegenüber, in der Spalthütte am "Kießlich" rackerte der Zuschneider winters in der ungeheizten Hütte. Wenn der Schiefer aus dem Tagebau kam, war er oft gefroren. Das eiskalte "blaue Gold" musste so verarbeitet werden, weil es sonst seine Spaltbarkeit verloren hätte.
Übrigens:
Beinahe wäre das Technische Denkmal zerstört worden, weil es unter "Fluchthilfeverdacht" stand. Unweit der Schiefergrube verlief die innerdeutsche Grenze. Jedes, der seit 1973 verlassenen Gebäude könnte Republikflüchtigen Unterschlupf bieten, meinten die Grenzbewacher.
Übrigens:
Beinahe wäre das Technische Denkmal zerstört worden, weil es unter "Fluchthilfeverdacht" stand. Unweit der Schiefergrube verlief die innerdeutsche Grenze. Jedes, der seit 1973 verlassenen Gebäude könnte Republikflüchtigen Unterschlupf bieten, meinten die Grenzbewacher.
Am ehemaligen Schlagbaum, nahe Ziegelhütte
Von Göpelwerk und alter Spalthütte im Schieferpark, in den Wald hinunter ist es kein weiter Fußweg bis zur Ziegelhütte, an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Hier gab es in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts trotz "kaltem Krieg" und "eisernem Vorhang" regen Grenzverkehr. Mit Bernhard Zipfel, einem bayerischen Polizeibeamten, stehen wir kurz unterhalb des Rennsteiges auf einem Weg, der von der neuen Asphaltstraße in den Wald hineinführt:
" Hier ging die alte Straße von Ziegelhütte in Richtung Lehesten und hier war auch der spätere Grenzübergang für die Schieferbrücher hier aus dem bayerischen Grenzland. Früher sind die Leute den so genannten Schieferbruchstieg gelaufen, war nur ein Waldweg gewesen, und er führte direkt dann in den Schieferbruch Kießlich hier in Lehesten. "
Die Schiefervorkommen des Thüringer Schieferbezirkes gaben seit Generationen den Männern aus Reichenbach in Franken und der Umgebung Arbeit und Brot. Versuche, auf bayerischer Seite guten Schiefer abzubauen, waren fehlgeschlagen.
Am 12. Juli 1948 erschien an der Gemeindetafel in Reichenbach ein Anschlag des Volkseigenen Betriebes Schiefergruben Lehesten mit dem Hinweis, dass es den bayerischen Schieferbrüchern wieder möglich sei, dort Arbeit zu finden. Eine Vereinbarung der Länder Thüringen und Bayern regelte die Entlohnung, erzählt Zipfel. Bald gingen 250 Schieferarbeiter von West nach Ost über die Grenze zur Arbeit nach Thüringen. Lohn und Sozialleistungen wurden in DDR-Währung beglichen, zur ärztlichen Versorgung kamen die Bayern mit ihren Familienangehörigen in die DDR. Für manche eine zeitaufwendige Strapaze:
" Meine Frau musste damals noch, ich glaube sechs Jahre so was, musste nach Saalfeld zu einer Routineuntersuchung. Dort ging es um Mandeln und Polypen - also es war schon eine aufwendige Sache, wenn wohl hier gleich der Arzt gewesen wäre. "
Und: Warum blieben die bayerischen Arbeiter, die jeden Tag in die DDR zur Arbeit kamen - trotz verlockender, sozialistischer Angebote nicht gleich dort ?
" Teilweise hatten sie ja schon seit den 30er Jahren auch ein kleines Eigenheim, denn da ging es dann eigentlich den Schieferarbeitern a bissle besser und in Reichenbach entstand so eine Siedlung. Jeweils kleine Häuser, Doppelhaushälften, die konnten sie schon dann ihr Eigen nennen und das wollten sie nicht verlieren. "
Mitte September 1961 wurde den Bayern vom VEB Schiefergruben Lehesten gekündigt und eine Entscheidung verlangt:
" Siedeln sie um nach Thüringen, oder bleiben sie in Bayern! Und keiner dieser, ich glaube, das waren noch 68 Arbeiter. Keiner hat also dieses wahrgenommen ist umgesiedelt. Ab diesen Tag, wo sie ins Büro mussten, ist dann keiner mehr nach Lehesten zur Arbeit, sind einfach nimmer gegangen, das war aus! "
Wir folgen der Asphaltstraße, die von Lehesten kommt und über Ziegelhütte, vom Kreisverkehr aus links hinunter nach Ludwigsstadt führt. Bernhard Zipfel biegt nach rechts ab. Er wohnt in Reichenbach.
" Hier ging die alte Straße von Ziegelhütte in Richtung Lehesten und hier war auch der spätere Grenzübergang für die Schieferbrücher hier aus dem bayerischen Grenzland. Früher sind die Leute den so genannten Schieferbruchstieg gelaufen, war nur ein Waldweg gewesen, und er führte direkt dann in den Schieferbruch Kießlich hier in Lehesten. "
Die Schiefervorkommen des Thüringer Schieferbezirkes gaben seit Generationen den Männern aus Reichenbach in Franken und der Umgebung Arbeit und Brot. Versuche, auf bayerischer Seite guten Schiefer abzubauen, waren fehlgeschlagen.
Am 12. Juli 1948 erschien an der Gemeindetafel in Reichenbach ein Anschlag des Volkseigenen Betriebes Schiefergruben Lehesten mit dem Hinweis, dass es den bayerischen Schieferbrüchern wieder möglich sei, dort Arbeit zu finden. Eine Vereinbarung der Länder Thüringen und Bayern regelte die Entlohnung, erzählt Zipfel. Bald gingen 250 Schieferarbeiter von West nach Ost über die Grenze zur Arbeit nach Thüringen. Lohn und Sozialleistungen wurden in DDR-Währung beglichen, zur ärztlichen Versorgung kamen die Bayern mit ihren Familienangehörigen in die DDR. Für manche eine zeitaufwendige Strapaze:
" Meine Frau musste damals noch, ich glaube sechs Jahre so was, musste nach Saalfeld zu einer Routineuntersuchung. Dort ging es um Mandeln und Polypen - also es war schon eine aufwendige Sache, wenn wohl hier gleich der Arzt gewesen wäre. "
Und: Warum blieben die bayerischen Arbeiter, die jeden Tag in die DDR zur Arbeit kamen - trotz verlockender, sozialistischer Angebote nicht gleich dort ?
" Teilweise hatten sie ja schon seit den 30er Jahren auch ein kleines Eigenheim, denn da ging es dann eigentlich den Schieferarbeitern a bissle besser und in Reichenbach entstand so eine Siedlung. Jeweils kleine Häuser, Doppelhaushälften, die konnten sie schon dann ihr Eigen nennen und das wollten sie nicht verlieren. "
Mitte September 1961 wurde den Bayern vom VEB Schiefergruben Lehesten gekündigt und eine Entscheidung verlangt:
" Siedeln sie um nach Thüringen, oder bleiben sie in Bayern! Und keiner dieser, ich glaube, das waren noch 68 Arbeiter. Keiner hat also dieses wahrgenommen ist umgesiedelt. Ab diesen Tag, wo sie ins Büro mussten, ist dann keiner mehr nach Lehesten zur Arbeit, sind einfach nimmer gegangen, das war aus! "
Wir folgen der Asphaltstraße, die von Lehesten kommt und über Ziegelhütte, vom Kreisverkehr aus links hinunter nach Ludwigsstadt führt. Bernhard Zipfel biegt nach rechts ab. Er wohnt in Reichenbach.
Im Schiefermuseum Ludwigsstadt
Wir wollen im fränkischen Ludwigsstadt Frank Ziener besuchen. Der freundliche junge Mann arbeitet bei der Stadtverwaltung. Er führt uns durch das Schiefermuseum, wo die Besucher auf Schiefertafeln Schönschrift üben können.
Die Blütezeit der Schiefertafeln lag zwischen den beiden Weltkriegen. Als dann in den 50er/60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Hefte geschrieben wurde, war 's vorbei. Aber erst 1989 stellte die letzte Schiefertafelfabrik ihren Betrieb ein.
" Im regulären Schulunterricht weiß ich aus einem benachbarten Ort, Rothenkirchen, hat ein Lehrer bis 1984 seine Erst- und Zweitklässler noch auf Schiefertafeln schreiben lassen. "
Eine Seite war immer liniert, die andere kariert. Um die Linien einzuziehen und so zu fixieren, das man sie nicht mehr abwischen konnte, musste der Rohschiefer mit feinen Reißnadeln eingeritzt werden. Einmal längs....
" Dann wird die Tafel gedreht und die zweite Seite eingerissen. So, und fertig ist das Karo! Es wurde dann die komplette Tafel eingestrichen mit Farbe und an den Stellen, wo die Linien eingerissen waren, konnte die Farbe eindringen in den Schiefer. An den Stellen, wo keine Linien eingerissen waren, blieb die Farbe auf der Oberfläche und konnte anschließend wieder abgewaschen werden. "
Ludwigsstadt war zwar das Zentrum der Schiefertafelproduktion, die dazugehörigen Schiefergriffel wurden eher in Steinach in Thüringen hergestellt. Einige Heimarbeiter produzierten aber auch in Ludwigsstadt diese Schreibinstrumente. Wie einfach das ging, zeigt uns Frank Ziener an der "Griffeldurchtretmaschine":
" Es werden also Rohlinge von Schiefergriffeln, die noch eckig und kantig sind, durch eine Matritze durchgetreten und bekommen dadurch ihre runde Stiftform. "
Die Blütezeit der Schiefertafeln lag zwischen den beiden Weltkriegen. Als dann in den 50er/60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Hefte geschrieben wurde, war 's vorbei. Aber erst 1989 stellte die letzte Schiefertafelfabrik ihren Betrieb ein.
" Im regulären Schulunterricht weiß ich aus einem benachbarten Ort, Rothenkirchen, hat ein Lehrer bis 1984 seine Erst- und Zweitklässler noch auf Schiefertafeln schreiben lassen. "
Eine Seite war immer liniert, die andere kariert. Um die Linien einzuziehen und so zu fixieren, das man sie nicht mehr abwischen konnte, musste der Rohschiefer mit feinen Reißnadeln eingeritzt werden. Einmal längs....
" Dann wird die Tafel gedreht und die zweite Seite eingerissen. So, und fertig ist das Karo! Es wurde dann die komplette Tafel eingestrichen mit Farbe und an den Stellen, wo die Linien eingerissen waren, konnte die Farbe eindringen in den Schiefer. An den Stellen, wo keine Linien eingerissen waren, blieb die Farbe auf der Oberfläche und konnte anschließend wieder abgewaschen werden. "
Ludwigsstadt war zwar das Zentrum der Schiefertafelproduktion, die dazugehörigen Schiefergriffel wurden eher in Steinach in Thüringen hergestellt. Einige Heimarbeiter produzierten aber auch in Ludwigsstadt diese Schreibinstrumente. Wie einfach das ging, zeigt uns Frank Ziener an der "Griffeldurchtretmaschine":
" Es werden also Rohlinge von Schiefergriffeln, die noch eckig und kantig sind, durch eine Matritze durchgetreten und bekommen dadurch ihre runde Stiftform. "
Tagebau Schmiedebach
Schmiedebach. Den kleinen Ort erreichen wir auf der Rückfahrt, unweit von Lehesten. Es geht linksab durch den Wald. Der Fahrweg ist schmutziggrau, Nebelstreifen ziehen durch die hügeligen Wälder. Der Tagebau in Schmiedebach ist der drei verbliebene Gewinnungsstätten im Thüringisch-Fränkischen Schiefergebirge.
Wir sind mit dem jungen Geologen Mario Baum verabredet. Im Tagebau wird gerade eine Sprengung vorbereitet. Baum will dorthin und nimmt uns mit. Im Eilschritt über das zerklüftete Gelände zum Schieferbruch.
In der Blütezeit schlugen hier fast 1.000 Männer den Schiefer aus den offenen Wänden. Ein Blick nach unten: In 30 Meter Tiefe, aus dem Grund der Grube, kriecht ein gelber Bagger hinaus. Der Sprengmeister bringt das Schwarzpulver an. Dann geht er in Deckung. Derweil fährt sein Kollege den Geländewagen aus der Abbaugrube:
Es wird ernst! Wir halten kurz den Atem an, hoffen, daß wir hier oben an der Bruchkante der Grube wirklich sicher sind. In einer Wand im unteren Teil stecken die Schwarzpulverröhrchen.
Die Explosion soll keine allzu große Zerstörungswirkung entfalten. Die Geologen wollen möglichst große Schieferstücke gewinnen.
Der "Oertelsbruch" ist der letzte Tagebau mit dem Prädikat "Thüringer Schiefer". In Schmiedebach wird das Rohmaterial auch zugeschnitten und weiterverarbeitet! Die Vorräte würden noch Jahrzehnte reichen, sagt Mario Baum, der Geologe. Ob sich der Abbau wegen der vor allem aus Spanien drängenden Konkurrenz dann noch rechne, sei eine andere Frage.
Guter Schiefer mag Regen und schlechtes Wetter, sagen die Fachleute. Die Qualitätsstandards sind europaweit festgelegt. Thüringer Schiefer schneidet gut ab. Wir schauen, wo die gesprengten Schieferbrocken aufgeschlagen sind.
Einen besonders Großen transportiert ein bulliger Vorderlader zu der flachen Rohsteinhalle, wo der Stein ige Vorderladerauf so genannten Sägelinien für die Spalter vorbereitet wird. Immer wird aussortiert, viel bleibt nicht, was für die weitere Verarbeitung nutzbar wäre, erklärt uns Mario Baum:
" Entweder ist es zu Kleinstückig, oder es sind irgendwelche Einlagerungen drinnen - verschiedene Dinge, das hat zur Folge, das von 100 Prozent geologischen Vorrat gerade mal zwei Prozent Fertigware übrig bleiben, also das ist verschwindend gering und vielleicht mit ein Grund, weshalb man ja auch ganz gerne sagt: das "Blaue Gold". "
In der Halle ist es laut. Auf dem Boden liegt nasser Schieferschlamm.
Der große Brocken kommt unter eine Säge, wird mit Wasser abgekühlt, damit er nicht zerspringt. Aufgeteilt in mehrere kleinere Brocken kommt er in die nächste Halle, an die Werktische der Schieferarbeiter. Jetzt ist Handarbeit gefragt.
In der Spalthalle arbeiten gut ein Dutzend Männer und zwei Frauen. Sie stehen oder sitzen an den Werkbänken, sehen die Schieferblöcke prüfend an, klopfen und stellen am Klang fest, ist es Abfall oder guter Schiefer.
" Da ist also immer ein Spalterseite und eine Zuschneiderseite eingeteilt. Die Spalter haben die Aufgabe den Rohstein in Rohschiefer zu verarbeiten und das machen sie, in dem sie den Rohstein immer wieder halbieren. Wir sagen "hälfteln" dazu, und das müssen Sie solange machen, bis der Rohschiefer eine Spaltstärke von 4 bis 6 Millimetern hat. Und dann erst kann aus diesem Rohschiefer Dachschiefer zugeschnitten werden. "
Mit Hammer und Meißel werden aus dem Gesteinsbrocken 5 Millimeter dicke Schieferplatten. Die werden ohne Schablone mit Geschick und Erfahrung zu fertigen Dachsteinen verarbeitet.
In der Halle sieht alles schmutziggrau aus, auch die Kleidung der Arbeiter. Manche sind hier schon 40 Jahre beschäftigt.
Eine der Frauen schenkt uns zwei besonders schöne Schieferstücke. Die fühlen sich glatt und seidig an.
Nun geht es zurück, von Schmiedebach über Lehesten, Wurzbach, Bad Lobenstein, Richtung Autobahn. Durch die Thüringer Orte fahren wir langsam und schauen nach besonders schön gedeckten Schieferhäusern.
Unser Blick hat sich verändert: Wir bemerken jetzt eher Unterschiede in Deckung und Farbe, freuen uns über den einheitlichen Ton des "Blauen Goldes" und einigen farbig eingearbeiteten Motiven.
Wir sind mit dem jungen Geologen Mario Baum verabredet. Im Tagebau wird gerade eine Sprengung vorbereitet. Baum will dorthin und nimmt uns mit. Im Eilschritt über das zerklüftete Gelände zum Schieferbruch.
In der Blütezeit schlugen hier fast 1.000 Männer den Schiefer aus den offenen Wänden. Ein Blick nach unten: In 30 Meter Tiefe, aus dem Grund der Grube, kriecht ein gelber Bagger hinaus. Der Sprengmeister bringt das Schwarzpulver an. Dann geht er in Deckung. Derweil fährt sein Kollege den Geländewagen aus der Abbaugrube:
Es wird ernst! Wir halten kurz den Atem an, hoffen, daß wir hier oben an der Bruchkante der Grube wirklich sicher sind. In einer Wand im unteren Teil stecken die Schwarzpulverröhrchen.
Die Explosion soll keine allzu große Zerstörungswirkung entfalten. Die Geologen wollen möglichst große Schieferstücke gewinnen.
Der "Oertelsbruch" ist der letzte Tagebau mit dem Prädikat "Thüringer Schiefer". In Schmiedebach wird das Rohmaterial auch zugeschnitten und weiterverarbeitet! Die Vorräte würden noch Jahrzehnte reichen, sagt Mario Baum, der Geologe. Ob sich der Abbau wegen der vor allem aus Spanien drängenden Konkurrenz dann noch rechne, sei eine andere Frage.
Guter Schiefer mag Regen und schlechtes Wetter, sagen die Fachleute. Die Qualitätsstandards sind europaweit festgelegt. Thüringer Schiefer schneidet gut ab. Wir schauen, wo die gesprengten Schieferbrocken aufgeschlagen sind.
Einen besonders Großen transportiert ein bulliger Vorderlader zu der flachen Rohsteinhalle, wo der Stein ige Vorderladerauf so genannten Sägelinien für die Spalter vorbereitet wird. Immer wird aussortiert, viel bleibt nicht, was für die weitere Verarbeitung nutzbar wäre, erklärt uns Mario Baum:
" Entweder ist es zu Kleinstückig, oder es sind irgendwelche Einlagerungen drinnen - verschiedene Dinge, das hat zur Folge, das von 100 Prozent geologischen Vorrat gerade mal zwei Prozent Fertigware übrig bleiben, also das ist verschwindend gering und vielleicht mit ein Grund, weshalb man ja auch ganz gerne sagt: das "Blaue Gold". "
In der Halle ist es laut. Auf dem Boden liegt nasser Schieferschlamm.
Der große Brocken kommt unter eine Säge, wird mit Wasser abgekühlt, damit er nicht zerspringt. Aufgeteilt in mehrere kleinere Brocken kommt er in die nächste Halle, an die Werktische der Schieferarbeiter. Jetzt ist Handarbeit gefragt.
In der Spalthalle arbeiten gut ein Dutzend Männer und zwei Frauen. Sie stehen oder sitzen an den Werkbänken, sehen die Schieferblöcke prüfend an, klopfen und stellen am Klang fest, ist es Abfall oder guter Schiefer.
" Da ist also immer ein Spalterseite und eine Zuschneiderseite eingeteilt. Die Spalter haben die Aufgabe den Rohstein in Rohschiefer zu verarbeiten und das machen sie, in dem sie den Rohstein immer wieder halbieren. Wir sagen "hälfteln" dazu, und das müssen Sie solange machen, bis der Rohschiefer eine Spaltstärke von 4 bis 6 Millimetern hat. Und dann erst kann aus diesem Rohschiefer Dachschiefer zugeschnitten werden. "
Mit Hammer und Meißel werden aus dem Gesteinsbrocken 5 Millimeter dicke Schieferplatten. Die werden ohne Schablone mit Geschick und Erfahrung zu fertigen Dachsteinen verarbeitet.
In der Halle sieht alles schmutziggrau aus, auch die Kleidung der Arbeiter. Manche sind hier schon 40 Jahre beschäftigt.
Eine der Frauen schenkt uns zwei besonders schöne Schieferstücke. Die fühlen sich glatt und seidig an.
Nun geht es zurück, von Schmiedebach über Lehesten, Wurzbach, Bad Lobenstein, Richtung Autobahn. Durch die Thüringer Orte fahren wir langsam und schauen nach besonders schön gedeckten Schieferhäusern.
Unser Blick hat sich verändert: Wir bemerken jetzt eher Unterschiede in Deckung und Farbe, freuen uns über den einheitlichen Ton des "Blauen Goldes" und einigen farbig eingearbeiteten Motiven.