Im Mai 1956, sieben Jahre nach Gründung der Bundesrepublik, brach Theodor Heuss zu seinem ersten Staatsbesuch ins Ausland auf. Das Auswärtige Amt hatte für den Bundespräsident ein Ziel gewählt, bei dem der neue Glanz, der im Wirtschaftswunder aufblühenden Bundesrepublik nicht allzu sehr von den Lasten der Vergangenheit überschattet werden sollte: Griechenland. "Glücklicherweise" seien die "Begebenheiten aus der Zeit der deutschen Besetzung" durch die Grausamkeiten des Bürgerkriegs "überdeckt", der in Griechenland von 1946 bis 49 geführt worden war, freuten sich die Beamten des Auswärtigen Amtes in einem Memorandum für das Staatsoberhaupt.
Dieses frühe Glück der deutsch-griechischen Beziehungen ist verflogen. Die neue Regierung in Athen reklamiert, dass es historische Rechnungen gebe, die noch nicht beglichen sind. Viele der Anhänger von Alexis Tsipras Syriza-Bewegung stehen gedanklich, manche auch biografisch in der Tradition der Partisanen, die in den 40er-Jahren gegen die deutsche Besatzung kämpften.
Reparationsleistungen an Griechenland in der Nachkriegszeit
Zugleich aber hat Deutschland in der Nachkriegszeit durchaus Reparationsleistungen an Griechenland gezahlt. Wie mit zahlreichen anderen Staaten, die während des Zweiten Weltkrieges Opfer deutscher Gewalt waren, schloss die Bundesrepublik mit Griechenland 1960 ein sogenanntes Globalabkommen in dem die Zahlung von 115 Millionen Deutsche Mark vereinbart wurde, die an Opfer der Wehrmachtsverbrechen verteilt werden sollten. Damit - so bestätigte die griechische Regierung damals - seien alle mit dem Thema verbundenen Ansprüche abschließend geregelt.
Auch der 2-plus-4-Vertrag über die deutsche Wiedervereinigung, der jetzt von der Bundesregierung immer wieder angeführt wird, enthält eine Klausel, mit der das Reparationsthema abgeschlossen werden sollte. Griechenland hat den Vertrag zwar nicht selbst unterschrieben, jedoch im Rahmen einer OSZE-Charta seine Zustimmung dazu erteilt.
Zwangsanleihen von 1942
Eine andere Rechtslage könnte sich mit Blick auf die Zwangsanleihe ergeben, die die deutsche Besatzungsmacht 1942 aus der griechischen Staatskasse entnahm. Dass sich Besatzer vom eroberten Land ihre Besatzungskosten bezahlen lassen, steht zwar im Einklang mit der Haager Landkriegsordnung. Das NS-Regime aber ließ sich von der griechischen Staatsbank mehr überweisen - und gestand das selbst zu. Auf knapp 500 Millionen Reichsmark berechneten die Nationalsozialisten die Rückzahlungsansprüche Griechenlands, die nach dem Krieg beglichen werden sollten.
Könnte Griechenland zumindest diesen Betrag - nach heutigem Wert und verzinst mehrere Milliarden Euro - nun gerichtlich eintreiben, etwa durch die Pfändung eines Goethe Instituts in Athen oder Thessaloniki?
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat 2012 in einem Rechtsstreit zwischen Deutschland und Italien solche Pfändungen zwischen Staaten untersagt. Auch Griechenland war dem Verfahren beigetreten. Damals allerdings ging es um Ansprüche individueller Wehrmachtsopfer und in ihrer Nachfahren in Italien. Der Streit um die Zwangsanleihe dagegen könnte als zwischenstaatliche Kreditvereinbarung angesehen werden, die anders zu beurteilen ist. Darauf hat auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten hingewiesen. Griechenland müsste sich erneut an den Internationalen Gerichtshof wenden, um die Frage zu klären.