Die Weltmeisterschaften im Biathlon und Rodeln in Oberhof zogen zuletzt auch zahlreiche Vertreter aus der Politik an. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow war mehrfach vor Ort und zeigte sich begeistert. Empört war Ramelow hingegen über einen Spiegel-Beitrag vom 4. Februar zu einem Bericht des Landesrechnungshofs, der sich kritisch mit der Verwendung von Steuergeldern beim Ausbau des Wintersportzentrums auseinandergesetzt hatte.
Auch der Deutschlandfunk hatte darüber berichtet und griff das Thema anschließend in einem Interview mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow auf. Der kritisierte, die Autoren hätten sich nicht die Mühe gemacht zu hinterfragen, ob es stimmt, was sie schreiben. Einer der Autoren ist Thomas Purschke. Er ordnet die Sachverhalte so ein:
Worum geht es, was genau hat der Thüringer Rechnungshof überprüft ?
Der Rechnungshof hat stichprobenhaft von Dezember 2016 bis Februar 2020 die "Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen des Zweckverbandes Thüringer Wintersportzentrum" in Oberhof geprüft. Im Zweckverband sind der Freistaat Thüringen, der Landkreis und die Stadt Oberhof vereint.
Ministerpräsident Ramelow sagte im dlf, der Bericht des Rechnungshofes habe "mit den derzeitigen Umbauten" für die beiden Weltmeisterschaften im Rodeln und im Biathlon in Oberhof überhaupt nichts zu tun. Ist das richtig ?
Ramelows Behauptung ist falsch. Einige Projekte der Biathlonarena und der Rennschlitten- und Bobbahn waren Teil der Prüfung. Wörtlich heißt es im Bericht: "Zudem hat der Rechnungshof die vorhandenen Unterlagen zu den aktuellen Projekten für die Weltmeisterschaften 2023 in die Prüfung einbezogen: Weiterentwicklung der Biathlonarena, Modernisierung und Umbau der Rennschlitten- und Bobbahn Oberhof."
Ramelow sagte, in dem Bericht hätten 16 Beanstandungen zum Wintersportzentrum gestanden, 14 Punkte seien inzwischen erledigt. Ist das korrekt?
Der Rechnungshof hat 16 zum Teil erhebliche Verfehlungen festgestellt und den Zweckverband zu Stellungnahmen aufgefordert. Die sind in den Bericht eingeflossen. In einigen Fällen hat der Zweckverband Fehler eingestanden und für die Zukunft Besserung gelobt. Auch wenn der Rechnungshof anderer Meinung ist als der Zweckverband, gelten einige Punkte formal als erledigt. Der Rechnungshof kann nur nachprüfen, ob Verwaltungen ordnungsgemäß gewirtschaftet haben. Er hat keine Möglichkeit, Personen nachträglich für Verfehlungen zu sanktionieren.
Welche Punkte sind noch offen?
Da geht es um eine Baumaßnahme am Biathlonstadion, wo sich laut Rechnungshof das "Baukostenbudget nahezu verdoppelt" habe. Es habe keine Beschlüsse des Zweckverbandes gegeben, die höheren Baukosten abzusegnen. In einem weiteren Punkt geht es um die Projektsteuerung für Investitionsmaßnahmen. Bei einigen Kosten sei nicht erkennbar, ob Leistungen auch wirklich erbracht worden seien.
Der Rechnungshofbericht hat laut dem Spiegel-Artikel auch "Hinweise auf Korruption" enthalten. Ministerpräsident Ramelow sagte, das stimme nicht. Wer hat Recht?
Im Bericht gibt es Hinweise auf Korruption. Zum Beispiel schreibt der Rechnungshof unter dem Punkt "Projektsteuerer": Obwohl die Vorschriften eine "gewisse Freiheit bei der Beschaffung seiner Projektsteuerer zubilligen, kann dies nicht darin münden, dass Vergabeverfahren für bestimmte Leistungen systematisch so ausgestaltet werden, dass in 19 von 34 Verfahren derselbe Bieter beauftragt wird".
Der Spiegel hatte geschrieben, dass der Rechnungshof über deutlich überteuerte Baumaßnahmen berichtet hatte. Ramelow sagte im Interview, das stimme nicht, diesen Vorwurf enthalte der Bericht nicht. Wer hat Recht?
Der Rechnungshof moniert an mehreren Stellen gestiegene Baukosten, etwa in einem Posten bei Baumaßnahmen an der Rodel- und Bobbahn, wo die "Kostensteigerung 61 Prozent" betragen habe. Das sei, so die Rechnungsprüfer "keinesfalls mit einer 'üblichen Baukostensteigerung' zu begründen. Es liegt nahe, dass andere Gründe für die abweichend hohen Angebotssummen ursächlich waren."
Wie geht es weiter ?
Die Staatsanwaltschaft Erfurt teilte auf Nachfrage mit, der Rechnungshofbericht liege ihr vor: "Ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten sein wird, wird derzeit geprüft. Der Bericht umfasst rund 90 Seiten. Da es sich um sowohl rechtlich als auch tatsächlich äußerst komplexe Fragestellungen handelt, ist jedoch noch nicht absehbar, bis wann mit einem Ergebnis der Prüfung gerechnet werden kann."