Archiv


Reportage genetische Beratung

Der erste Sohn ist gesund und putzmunter. Die zweite Schwangerschaft endet mit einer Fehlgeburt. Die dritte Schwangerschaft mit einem Schock. Das Baby ist missgebildet und nicht überlebensfähig. Um Gewissheit zu erlangen, können Paare sich am Institut für Humangenetik beraten lassen.

Von Barbara Weber | 22.12.2009
    "Also ich hab’ das überhaupt nicht gemerkt. Es ist beim aller ersten Ultraschall festgestellt worden, diese Nackenfalte war halt’ auffällig gewesen. Ja, da hatte man noch gar keine Vorstellung gehabt."

    Universitätsklinikum Aachen. Dr.Miriam Elbracht berät ein Paar, das ein Kinde haben möchte.

    "Sie kommen heute zu uns zur Beratung. Ist das richtig, dass Sie kommen, weil Sie im April diesen Jahres einen Schwangerschaftsabbruch hatten bei einer sehr schweren Prognose des Kindes?

    Ja, ja.

    Man hatte Ihnen gesagt, dass es sich wahrscheinlich um einen Zwergwuchs handelt, aber das war eine Verdachtsdiagnose, die bis dahin nicht bestätigt war. Und auf dem Stand sind Sie auch?

    Ja, genau.

    Ich denke, es geht vor allem hier um die Wiederholungsrisiken. Oder was sind so ihre Fragen?

    Ich denk’ hauptsächlich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist beim nächsten Kind und gegebenenfalls auch die Ursache.

    Dass man einfach wissen will, was los ist.

    Ja, ja.

    Der Hintergrund ist, Sie haben ein gesundes Kind?

    Genau, richtig.

    Gesunden Jungen?
    Genau. Der Joshua, 3 ½ Jahre alt. Geht in den Kindergarten, ist sehr lebendig, sehr agil.

    Da gab’s überhaupt keine Komplikationen, auch in seiner Schwangerschaft war alles in Ordnung? Und dann hatten Sie weiteren Kinderwunsch, wie ist das dann weitergegangen?"

    Das Paar erzählt, dass es sich noch ein Baby wünschte, aber es kam zu einer Frühgeburt.

    Dr. Elbracht fragt, ob es in der Verwandtschaft zu Komplikationen während der Schwangerschaft oder zu Missbildungen kam:

    "Wir würden dann auch gleich einen ausführlichen Familienstammbaum aufnehmen, obwohl ich schon in der Vorgeschichte gesehen habe, bei Ihnen gibt es in den Familien eigentlich nichts Besonderes, keine Vorerkrankungen, keine frühverstorbenen Kinder ...

    Doch, schon von meiner Seite, von meiner Mutter her. Ich hätte eigentlich noch einen Bruder, und der hatte auch zu kleine Lungenflügel gehabt, ich glaub’ auch nur eine Niere, also das weiß ich so. .

    Aber das war doch eine Virusinfektion?!

    Das weiß ich nicht, ob sich das Hundertprozentig bestätigt hatte. Aber das müssen wir ja erwähnen so.

    (M)hm

    Wissen Sie, in welcher Schwangerschaftswoche das war?"

    Die Ärztin erkundigt sich nach dem Familienstammbaum und anderen Vorerkrankungen.

    "Okay, dann bin ich soweit im Bilde."

    Das Ergebnis der Befragung ist klar: In der Familie gibt es keinen Hinweis auf Zwergwuchs. Und auch der pathologische Befund spricht dafür, dass es sich um eine Veränderung einer Keimzelle handelt.

    "Das würde bedeuten, dass die Eltern fast kein Wiederholungsrisiko haben für eine weitere Schwangerschaft. Manchmal ist das so, dass mehr als eine Keimzelle bei einem Elternteil betroffen sind, also dass man sich vorstellen könnte, dass mehr als eine Ei- oder Samenzelle auch diesen Defekt aufweisen, dann gibt es geringe Wiederholungsrisiken, die aber deutlich gering sind, also im Bereich von wenigen Prozent liegen, wenn überhaupt muss man sagen, dass heißt also dass sie in einer weiteren Schwangerschaft sehr, sehr gute Chancen haben, dass das Kind nicht wieder betroffen sein wird."

    Und was wünschen sie sich? Noch einen Jungen?

    "Ne, wenn ein Mädchen!"