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Reportage: Misteln und Homöopathie in der Krebsbehandlung

Viele Ärzte stehen den "alternativen" Heilmethoden skeptisch gegenüber. Doch gerade Krebspatienten fragen relativ häufig nach den komplementären Verfahren. An der TU München werden sie nicht enttäuscht: Dort werden Homöopathie und Co. in eine Krebsbehandlung integriert, wenn das die Patienten wünschen.

Von Hellmuth Nordwig |
    Am Wochenende hat Bianca Sachsenhauser ihren 76. Geburtstag gefeiert. Damit hätte vor ein paar Jahren niemand gerechnet.

    "Denn die Diagnose war mehr als niederschmetternd. Man hat mir ein halbes bis ein Jahr gegeben. Und es ist jetzt das dritte Jahr, wo es mir gut geht, und ich freue mich darüber."

    Einen ziemlich aggressiven Eierstockkrebs hatten die Ärzte bei ihr festgestellt. Es folgten Operation und Chemotherapie. Zusätzlich wurde die Patientin homöopathisch behandelt. Mit komplementärmedizinischen Verfahren hat Dr. Daniela Paepke, Assistenzärztin an der Frauenklinik der TU München, gute Erfahrungen gemacht.

    "Ich denke, dass sie viel dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern, Nebenwirkungen abzulindern. Es hilft den Patientinnen generell, sich zu öffnen für einen anderen Blick auf ihr Leben. Ich hatte jetzt zum Beispiel eine Patientin, die massivste Nebenwirkungen hatte. Sie kann sich mehr bewegen. Sie ist bereit, einen anderen Weg für sich zu entdecken, fängt jetzt auch mit Sport wieder an, weil sie den wieder machen kann."

    Experten schätzen, dass etwa die Hälfte der Krebspatientinnen neben der Schulmedizin ergänzend Verfahren wie die Homöopathie nutzt. An der Frauenklinik TU München gehören diese Methoden zum Behandlungsspektrum. Dort arbeiten die Ärztinnen und Ärzte mit mehreren naturheilkundlich ausgerichteten Praxen und Kliniken zusammen. Das ist ungewöhnlich für eine Uniklinik, zumal es kaum wissenschaftliche Studien gibt, welche die komplementären Ansätze stützen. Bei der Homöopathie ist das schon deshalb schwierig, weil jeder Mensch sein individuelles Präparat bekommt. Man kann die Patienten bei einer Studie also nicht einfach randomisiert, das heißt: nach dem Zufallsprinzip - einer Standard-Behandlungsgruppe zuteilen.

    "Und man will jetzt hingehen und sagen: Man randomisiert die Patienten in eine Placebogruppe und in eine Gruppe, die eine homöopathische Behandlung bekommt – aber mit dem Medikament, das die Patientin braucht. Das sind individuelle Medikamente. Und ich bin sehr sicher, dass dann ein positives Ergebnis rauskommen wird."

    Jedem das seine – das gilt auch bei den komplementären Verfahren selbst. Die Frauenklinik der TU München bietet Methoden an, die nicht überall akzeptiert sind: klassische chinesische Medizin, Neuraltherapie, orthomolekulare Medizin, Homöopathie - und Daniela Paepkes Spezialgebiet, die anthroposophische Medizin. Auch Pflanzen spielen eine Rolle, für Krebspatientinnen allen voran die Mistel. Hier gibt es am meisten klinisch kontrollierte Studien, immerhin 23 an der Zahl. Etwa ein Drittel davon zeigt statistisch gesichert, dass die Mistelbehandlung wirkt. Auch hier gibt es viele Fragezeichen bei den Studien. Trotz ihres Wohlwollens für die Verfahren meint Daniela Paepke: Diese sind nicht "alternativ", sondern "komplementär", also ergänzend – ohne Operation, zum Beispiel, geht es nicht.

    "Wir haben leider viele Patientinnen, die rein homöopathisch behandelt werden, denen geraten wurde, den Tumor doch nicht entfernen zu lassen. Das ist ein großer Fehler. Kein homöopathisches Medikament vermag es, ein Tumorwachstum aufzuhalten."

    Doch die komplementären Verfahren stärken die Patientinnen und lindern die Nebenwirkungen der Chemotherapie. Auch bei Bianca Sachsenhauser ist das so. Bis heute benutzt sie pflanzliche Salben und nimmt homöopathische Präparate. Denn für geheilt hält sie sich nicht.

    "Das bin ich nicht. So kann man das auch nicht sehen. Im Gegenteil: Ich spüre es oder sehe es den Ärzten auch an, dass sie sich wundern, dass es mir mit der Diagnose so gut geht. "