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Repressalien im Iran
Suspendierung des NOK gefordert

Nach der Hinrichtung des iranischen Ringers Navid Afkaris forderten viele Gruppierungen das IOC dazu auf, das iranische Olympische Komitee zu suspendieren. Bislang ohne Erfolg, doch eine Organisation geht jetzt noch einen Schritt weiter.

Von Raphael Späth |
Bild des hingerichteten iranischen Ringers Navid Afkari bei einer Demonstration außerhalb der iranischen Botschaft in London am 12. September 2020.
Bild des hingerichteten iranischen Ringers Navid Afkari. (AFP - Justin Tallis)
"United for Navid" – so nennt sich eine Gruppierung aus Athlet*innen und Menschenrechtler*innen, die sich nach der Hinrichtung Navid Afkaris im September vergangenen Jahres geformt hat. Schon damals hatten sie das IOC dazu aufgefordert, das iranische Olympische Komitee zu suspendieren.
Anfang März geht die Gruppe noch einen Schritt weiter: Sie schickt einen Brief an IOC-Präsident Thomas Bach, das Exekutivkomitee und die Athletenkommission. Darin: Eine Liste von Gründen, warum das iranische NOK suspendiert werden sollte.
Grundlage hierfür sei nach Einschätzung der Gruppe der Artikel 27 der Olympischen Charta. Darin steht: "Die Aufgabe eines Nationalen Olympischen Komitees besteht darin, gegen jegliche Form von Diskriminierung oder Gewalt im Sport vorzugehen."
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Erzwungene Absagen gegen Israelis

Die Realität, die "United for Navid" im Brief an das IOC beschreibt, sieht anders aus. In einer beigefügten Liste erklären sich zehn ehemalige und aktive Athlet*innen bereit, gegen das iranische NOK auszusagen. Unter den Namen wird detailliert aufgeführt, mit welchen Repressalien sie während ihrer aktiven Laufbahn zu kämpfen hatten.
Das NOK habe viele Profis dazu gezwungen, bei Wettkämpfen nicht gegen israelische Athlet*innen anzutreten, da der Iran Israel nicht als legitimen Staat anerkennt.
Dazu behaupten einige Sportler*innen, vom iranischen Olympischen Komitees aufgrund von Religion, Geschlecht oder Behinderung diskriminiert worden zu sein. Bei Beschwerden wurden die Athlet*innen zunächst suspendiert, einige von ihnen nach weiteren Verstößen sogar vom Regime inhaftiert und gefoltert. Viele der Athlet*innen leben inzwischen im Exil – aus Angst vor weiteren Repressalien.

IOC: "Wird diskutiert werden"

Eine Reaktion des Internationalen Olympischen Komitees auf den Brief lässt noch immer auf sich warten. Auf Deutschlandfunk-Anfrage verweist das IOC am Freitag lediglich auf eine Pressekonferenz von Sprecher Mark Adams, der nach der Exekutivsitzung vergangenen Montag gesteht:
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob wir den Brief erhalten haben, glaube aber schon. Natürlich wird das in naher Zukunft diskutiert werden, auf der Exekutiv-Sitzung heute war es aber kein Thema. Aber ich kann Ihnen versichern: Man wird sich mit diesem Thema auseinandersetzen."
Die Organisation "United for Navid" bestätigt indes dem Deutschlandfunk, dass man schon bald einen zweiten Brief an das Internationale Olympische Komitee senden will. Diese erste Liste sei nur die "Spitze des Eisbergs", es gebe dutzende weitere Sportler*innen, die bereit wären, gegen das iranische Olympische Komitee auszusagen.