Archiv

Repression gegen Medien in Eritrea
Inhaftiert im Nordkorea Afrikas

Vor 16 Jahren wurde der Journalist Dawit Isaak in Eritrea verschleppt und ohne Anklage inhaftiert. Zuvor hatte er über politische Auseinandersetzungen und die Demokratiebewegung in seinem Heimatland berichtet. Nun wird Isaak mit einem Preis für die Pressefreiheit geehrt - doch es ist unklar, ob er Haft und Folter überhaupt bis heute überlebt hat.

Von Silke Ballweg |
    Ein Mann trägt ein T-Shirt mit dem Portrait des schwedisch-eritreischen Journalisten Dawi Isaak, am 3. Mai 2010 in Stockholm. Ein Eritear mit schwedischer Staatsbürgerschaft. Isaak wurde im September 2010 verhaftet - mit weiteren Zeitungsverlegern, Autoren und Journalisten. Sie wurden der eritreischen Spionage verdächtigt.
    T-Shirt mit dem Portrait des schwedisch-eritreischen Journalisten Dawit Isaak (AFP / Oliver Morin)
    Plötzlich war er weg. Fremde Männer hatten ihn mitgenommen. Ohne Erklärung. Ohne Anklage. Im September 2001 ließ die eritreische Regierung in der Hauptstadt Asmara den Journalisten Dawit Isaak verhaften. Tochter Betlehem war damals sieben Jahre alt. Sie erinnert sich:
    "Ich war zuhause, als die Leute kamen und meinen Vater verschleppten. Meine Mutter hat anfangs noch versucht, ruhig zu bleiben. Sie hat immer wieder gesagt, es ist nicht so schlimm, er wird bald wieder da sein. Aber jetzt sind es schon 16 Jahre und zurück ist er immer noch nicht."
    Unabhängige Medien klammheimlich geschlossen
    Isaak war leidenschaftlicher Journalist. Seine Arbeit brachte ihn hinter Gitter. Denn im Sommer 2001 schrieb er über eine politische Auseinandersetzung zwischen der eritreischen Regierung unter Präsident Isaias Afewerki und freiheitlich denkenden Kräften. Die Reformer verlangten demokratische Entwicklungen, etwa die versprochenen Wahlen oder die Implementierung der Verfassung. Doch Eritreas Führung reagierte auf die Forderungen mit Härte, sagt Björn Tunbäck, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen in Schweden:
    "Als die ganze Welt nach den Terroranschlägen vom 11. September in die USA blickte, schlossen die Behörden in Eritrea klammheimlich alle unabhängigen Zeitungen und Medien. Zahlreiche Politiker und Journalisten landeten im Gefängnis. Auch Dawit Isaak. Bis heute wurde er keinem Richter vorgeführt, es gibt keine offizielle Anklage."
    "Eritrea ist das Nordkorea Afrikas"
    Eritrea zählt zu den jüngeren afrikanischen Staaten. 1993 erlangte das Land seine Unabhängigkeit. Die ersten Jahre in dem neuen Staat waren mit zahlreichen Hoffnungen verknüpft. Und so kehrte Dawit Isaak - wie andere Intellektuelle auch - aus dem Ausland zurück, um sich am Aufbau der Gesellschaft zu beteiligen. Jahre zuvor war er nach Schweden ausgereist und hatte dort auch die schwedische Staatsbürgerschaft angenommen. Zurück in Eritrea gründete Isaak die Wochenzeitung Seti und schrieb vor allem über politische Themen. Doch seit der Niederschlagung vor 16 Jahren hat es keinerlei freiheitliche Bewegung mehr in Eritrea gegeben.
    Das Land hat sich zu einem der autoritärsten Regime weltweit entwickelt, sagt Amanuel Eyasu, dem 2003 die Flucht aus Eritrea gelang. In Großbritannien hat er den Exilsender Assenna gegründet: "In Eritrea gibt es keine politische Opposition, es gibt keine freien Medien, keinerlei politische Institutionen. Der Präsident kann machen, was er will. Eritrea ist das Nordkorea Afrikas."
    Tausende fliehen und bringen Informationen nach außen
    Tausende versuchen jeden Monat, aus Eritrea zu fliehen. Mit ihnen gelangen Informationen über die Lebensbedingungen nach außen. Die Zustände in den Gefängnissen etwa - nach Angaben von ehemaligen Insassen: menschenverachtend, sagt Amanuel Eaysu vom Londonder Exilsender Assena.
    "Viele Häftlinge werden in entfernte, ländliche Gebiete gebracht und dort in Isolationshaft gehalten. Andere sperrt die Regierung in Schiffscontainern ein, die man in sehr heißen Gegenden aufstellt." Tagsüber heizen sich die Container auf. Nachts ist es in ihnen bitterkalt. "Man braucht also keine Menschen, die die Häftlinge foltern. Die Unterbringung an sich ist Strafe genug."
    Unklar ist deswegen, ob Dawit Isaak überhaupt noch lebt. Eine Tatsache gebe immerhin schwachen Anlass zur Hoffnung, sagt Björn Tunbäck von Reporter ohne Grenzen in Schweden: "Wir kennen Berichte von anderen, die inhaftiert wurden und in der Haft gestorben sind. Aber von Dawit haben wir bislang nichts in dieser Art gehört. Wir glauben deswegen, dass wir mitbekommen hätten, wenn er verstorben wäre."
    UNESCO-Preis für die Pressefreiheit für Isaak
    Mit der Verleihung des Guillermo Cano World Press Freedom Prize erinnert die UNESCO zum Internationalen Tag der Pressefreiheit an das Schicksal von Dawit Isaak. Tochter Betlehem wird die Auszeichnung stellvertretend für ihren Vater in Empfang nehmen.