Wenn eine Mutter Schwierigkeiten damit hatte, schwanger zu werden, wenn sie vielleicht sogar wegen ihrer Unfruchtbarkeit behandelt werden musste, dann kann das auch für ihr Baby Konsequenzen haben. Solche Kinder werden öfter zu früh geboren, haben ein geringeres Geburtsgewicht und tendenziell mehr Fehlbildungen - das haben Studien immer wieder gezeigt. Doch für Allan Jensen gingen diese Analysen nicht weit genug.
"Die meisten Studien widmen sich den Kindern direkt nach der Geburt. Doch was ist mit den langfristigen Folgen? Sind die Kinder auf lange Sicht gesund? Viele Studien haben die Kinder einfach nicht lang genug nachverfolgt, um das herauszufinden."
33 Prozent höheres Risiko
Allan Jensen forscht an der Universität Kopenhagen. Er wollte wissen, wie es um die psychische Gesundheit dieser Kinder bestellt ist - und zwar langfristig, bis sie erwachsen sind. Der Wissenschaftler hat sich den gesundheitlichen Werdegang aller Kinder angeschaut, die zwischen 1969 und 2006 in Dänemark geboren worden sind. Er hat dafür diverse dänische Register ausgewertet, darunter Krankenhausregister, in denen jede Behandlung festgehalten wird. Zwischen 1969 und 2006 sind rund zweieinhalb Millionen Kinder geboren worden. Fünf Prozent davon - rund 130.000 Kinder - von Frauen, die Fruchtbarkeitsprobleme hatten.
"Insgesamt war bei diesen Kindern das Risiko, eine psychische Krankheit zu entwickeln, um 33 Prozent erhöht - verglichen mit anderen Kindern."
Von 100 Kindern gesunder Mütter haben sich etwa sechs in psychiatrische Behandlung begeben müssen. Bei den Kindern, deren Mütter Fruchtbarkeitsprobleme hatten, waren es zwischen acht und neun.* Allan Jensen hat die Kinder im Schnitt zwanzig Jahre nachverfolgt; das erhöhte Risiko, psychisch zu erkranken, habe sich bis ins junge Erwachsenenalter gehalten.
"Das gilt für alle möglichen psychischen Erkrankungen, darunter Schizophrenie, Autismus, geistige Behinderungen, affektive Störungen und ADHS."
Veränderungen im Erbgut?
Doch warum sind die Kinder anfälliger für psychische Krankheiten? Könnten die fruchtbarkeitssteigernden Medikamente dafür verantwortlich sich - die Tabletten und Hormonspritzen, die die Mütter bekommen haben? Allen Jensen kann diese Frage noch nicht beantworten. Ob und wie die Mütter behandelt worden sind, will er im nächsten Teil der Studie untersuchen. Er vermutet aber eher, dass es an der Unfruchtbarkeit selbst liegen könnte - und nicht an den Behandlungsmethoden.
"Das ist im Moment wirklich nur eine Hypothese, aber Wissenschaftler gehen davon aus, dass Frauen, die Probleme mit ihrer Fruchtbarkeit haben, möglicherweise einige Veränderungen in ihrem Erbgut haben - Veränderungen, die eben auch das Risiko bestimmter psychischer Erkrankungen erhöhen. Und diese Gene werden dann an die Kinder weitergegeben. Deshalb haben auch sie ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen."
Kein Hinderungsgrund
Alles in allem, sagt Allan Jensen, sei das Risiko aber immer noch gering. Es ist noch nicht einmal doppelt so hoch wie bei anderen Kindern. Er findet aber auch, dass die potenziellen Eltern um das Risiko wissen sollten.
"Sie sollten das mit in ihre Entscheidung einbeziehen. Aber mich persönlich würde es nicht davon abhalten, meine Unfruchtbarkeit behandeln zu lassen und ein Kind zu bekommen."
* In der ursprünglichen Fassung hieß es "Von 100 Kindern gesunder Mütter haben sich sechs in psychiatrische Behandlung begeben müssen. Bei den Kindern, deren Mütter Fruchtbarkeitsprobleme hatten, waren es neun." Diese Angaben waren nicht exakt genug, weshalb der Eindruck einer falschen Steigerungsrate hätte entstehen können. Wir haben die Angaben korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.