Für den 70 Jahre alten Bauingenieur Grigorj Menjajew ist das Moskauer Weiße Haus, der Regierungssitz am Ufer der Moskwa, ein besonderer Ort: Es erinnert ihn an die Tage des Putsches im August 1991: Zehntausende Menschen auf der Straße, der russische Präsident Jelzin auf dem Panzer ...
Grigorij Menjajew, ein Mann mit heute weißem Haar, war Teil jener Freiwilligenwehr, die vom 19. bis 21. August 1991 Tag und Nacht vor dem Weißen Haus stand - unbewaffnet, vor Soldaten und Panzern, um einen Sturm auf das Weiße Haus abzuwenden.
"Wir sind dorthin gekommen, weil wir uns Sorgen gemacht haben wie unsere Enkel und Urenkel leben würden. Es ging nicht um Wandel, wir wollten einfach nur ein normales menschliches Leben. Und hätte nicht Jelzin gewonnen, sondern die andere Seite – alle wären im Gefängnis gelandet. Aber leider ging es auch unter Jelzin schlecht weiter – wir verloren die Sowjetunion und den Glauben in unsere Führung."
Ein Zettel ist Grigorij Menjajew von den Putschtagen geblieben: Eine Art Urkunde als Dank für das Wachehalten – unterschrieben mit schwarzer Tinte von Boris Jelzin am 22. August um 5 Uhr morgens. Menjajew hat den Zettel aufgehoben, auch wenn er danach enttäuscht war von Jelzin: Der habe die Sowjetunion zerfallen lassen, den Menschen mit der wirtschaftlichen Schocktherapie zu viel zugemutet und den Oligarchen freie Hand gelassen, sagt Menjajew. Der Protest gegen den Putschversuch – es war die erste und letze politische Aktion, zu der er ging.
Gleiches gilt für viele Russen, die im August 91 auf die Straße gingen, um die neuen Freiheiten von Perestroika zu verteidigen, sagt Jan Ratschinskij, Historiker und Menschenrechtsaktivist der Nichtregierungsorganisation Memorial.
"Nach dem Putschversuch sind die Leute wieder in das alte, für Russland typische Muster verfallen - auf einen guten Zaren zu vertrauen. Für viele Menschen, auch für Vertreter der Intelligenzija, war Boris Jelzin wie ein allmächtiger Zar, der alles organisieren würde und so fiel die Eigenaktivität der Menschen wieder auf ein Minimum."
Heute heißt dieser gute Zar für viele Wladimir Putin - den Jelzin im Jahr 2000 als Nachfolger auswählte und der seitdem stärkster Mann im Land ist. Er habe Stabilität gebracht, sagen seine Unterstützer. Seine Gegner – in Russland in der Minderheit - kritisieren, dass er das Land zurückgeführt habe in ein totalitäres System mit kontrollierten Massenmedien, einer allmächtigen Staatspartei und gefälschten Wahlen.
Doch obwohl Putins traditionell hohe Umfragewerte neuerdings sinken und seine Partei "Einiges Russland" im Volksmund mittlerweile den Beinamen "Partei der Diebe und Gauner" hat, ist seine Machtposition nicht in Gefahr. Zu Protesten der Opposition kommen im besten Fall einige Hunderte. Jan Ratschinskij:
"Heute haben wir wieder so eine soziale Apathie im Land wie zu Breschnew-Zeiten. Niemand ist bereit für etwas zu kämpfen, niemand glaubt an seine eigenen Kräfte, daran, dass er etwas von ihm abhängt. Und da die Ressourcen im Land reichen, zumindest die Hauptstadt noch lange zu füttern, werden wir in diesem Zustand verharren – ohne Perspektive für das Land sich zu entwickeln."
Der einstige Verteidiger des Weißes Hauses Grigorij Menjajew hat sich wie die meisten längst ins Private zurückgezogen.
"Für Politik interessiere ich mich nicht mehr. Wir haben alle längst verstanden, dass auf die Straße gehen nichts nützt. Irgendwann wird sich die Lage auch bei uns ändern, aber vielleicht wird das zu spät sein."
Wenn die Russen im Dezember das neue Parlament wählen, wird er wohl für Putins Partei stimmen – aus Mangel an Alternativen. Oder gar nicht zur Wahl gehen.
Grigorij Menjajew, ein Mann mit heute weißem Haar, war Teil jener Freiwilligenwehr, die vom 19. bis 21. August 1991 Tag und Nacht vor dem Weißen Haus stand - unbewaffnet, vor Soldaten und Panzern, um einen Sturm auf das Weiße Haus abzuwenden.
"Wir sind dorthin gekommen, weil wir uns Sorgen gemacht haben wie unsere Enkel und Urenkel leben würden. Es ging nicht um Wandel, wir wollten einfach nur ein normales menschliches Leben. Und hätte nicht Jelzin gewonnen, sondern die andere Seite – alle wären im Gefängnis gelandet. Aber leider ging es auch unter Jelzin schlecht weiter – wir verloren die Sowjetunion und den Glauben in unsere Führung."
Ein Zettel ist Grigorij Menjajew von den Putschtagen geblieben: Eine Art Urkunde als Dank für das Wachehalten – unterschrieben mit schwarzer Tinte von Boris Jelzin am 22. August um 5 Uhr morgens. Menjajew hat den Zettel aufgehoben, auch wenn er danach enttäuscht war von Jelzin: Der habe die Sowjetunion zerfallen lassen, den Menschen mit der wirtschaftlichen Schocktherapie zu viel zugemutet und den Oligarchen freie Hand gelassen, sagt Menjajew. Der Protest gegen den Putschversuch – es war die erste und letze politische Aktion, zu der er ging.
Gleiches gilt für viele Russen, die im August 91 auf die Straße gingen, um die neuen Freiheiten von Perestroika zu verteidigen, sagt Jan Ratschinskij, Historiker und Menschenrechtsaktivist der Nichtregierungsorganisation Memorial.
"Nach dem Putschversuch sind die Leute wieder in das alte, für Russland typische Muster verfallen - auf einen guten Zaren zu vertrauen. Für viele Menschen, auch für Vertreter der Intelligenzija, war Boris Jelzin wie ein allmächtiger Zar, der alles organisieren würde und so fiel die Eigenaktivität der Menschen wieder auf ein Minimum."
Heute heißt dieser gute Zar für viele Wladimir Putin - den Jelzin im Jahr 2000 als Nachfolger auswählte und der seitdem stärkster Mann im Land ist. Er habe Stabilität gebracht, sagen seine Unterstützer. Seine Gegner – in Russland in der Minderheit - kritisieren, dass er das Land zurückgeführt habe in ein totalitäres System mit kontrollierten Massenmedien, einer allmächtigen Staatspartei und gefälschten Wahlen.
Doch obwohl Putins traditionell hohe Umfragewerte neuerdings sinken und seine Partei "Einiges Russland" im Volksmund mittlerweile den Beinamen "Partei der Diebe und Gauner" hat, ist seine Machtposition nicht in Gefahr. Zu Protesten der Opposition kommen im besten Fall einige Hunderte. Jan Ratschinskij:
"Heute haben wir wieder so eine soziale Apathie im Land wie zu Breschnew-Zeiten. Niemand ist bereit für etwas zu kämpfen, niemand glaubt an seine eigenen Kräfte, daran, dass er etwas von ihm abhängt. Und da die Ressourcen im Land reichen, zumindest die Hauptstadt noch lange zu füttern, werden wir in diesem Zustand verharren – ohne Perspektive für das Land sich zu entwickeln."
Der einstige Verteidiger des Weißes Hauses Grigorij Menjajew hat sich wie die meisten längst ins Private zurückgezogen.
"Für Politik interessiere ich mich nicht mehr. Wir haben alle längst verstanden, dass auf die Straße gehen nichts nützt. Irgendwann wird sich die Lage auch bei uns ändern, aber vielleicht wird das zu spät sein."
Wenn die Russen im Dezember das neue Parlament wählen, wird er wohl für Putins Partei stimmen – aus Mangel an Alternativen. Oder gar nicht zur Wahl gehen.