"Wir haben hier in der Universitätsklinik einmal geschaut, wie viele Erreger denn eigentlich von Patienten schon zu uns mit ins Krankenhaus gebracht werden und waren sehr erstaunt, dass wir circa fünf Prozent aller Patienten, die wir aufnehmen, schon mit multiresistenten Erregern besiedelt sehen."
Die Quellen der Keime sind vielfältig. Antibiotika würden in der Medizin zu häufig und oft an falscher Stelle gegeben, sagt Professor Klaus Pfeffer, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Düsseldorf. Dadurch züchte man regelrecht resistente Bakterien heran. Doch auch die Tierzucht trägt zum Problem bei.
"Wir wissen, dass in Deutschland 1.700 Tonnen Antibiotika im Tierbereich eingesetzt werden, während etwa 300 Tonnen pro Jahr im medizinischen Bereich verabreicht werden."
Über den Kontakt mit den Tieren oder ihrem Fleisch können sich auch Menschen mit den im Stall entstandenen multiresistenten Keimen infizieren. Oder über Fernreisen, zum Beispiel nach Südostasien.
"Hier gab's eine gute Studie von holländischen Kollegen, die gezeigt haben, dass Reiserückkehrer, die sich in diesen Ländern ein bis zwei Wochen aufgehalten haben, zu einem Drittel mit multiresistenten, gramnegativen Erregern besiedelt sind."
Die Bezeichnung "gramnegativ" umfasst eine Großgruppe von Bakterien. Sie bezieht sich auf einen Färbetest, mit dem die Erreger je nach Aufbau ihrer Zellwand klassifiziert werden. Besonders diese Keime sind in den vergangenen Jahren unempfindlich gegenüber Antibiotika geworden. Dazu zählen auch normale Darmbakterien, die Resistenzen entwickelt haben. Verantwortlich dafür ist unter anderem die medikamentös optimierte Tierzucht. Genaue Zahlen gibt es nicht.
"Wir können aber von verschiedenen Universitätsklinika sehen, dass sie sich in den letzten fünf Jahren ungefähr verdoppelt bis verfünffacht haben, einzelne Erreger aus dieser Gruppe."
Das Besorgniserregende ist vor allem, dass sie nicht nur gegen Breitspektrum-Antibiotika resistent sind - "...wie zum Beispiel Breitspektrum-Penicilline...", sondern teilweise auch schon gegen Reserve-Antibiotika wie Carbapeneme.
"Wenn die Erreger nicht mehr durch Carbapeneme getroffen werden, gibt es praktisch keine Behandlungsmöglichkeit mehr."
Noch gibt es Behandlungsalternativen
Folgen einer Infektion können tödliche Lungen- und Bauchhöhlenentzündungen oder eine Blutvergiftung sein. Um den Patienten zu helfen, haben die Ärzte zurzeit aber noch Behandlungsalternativen.
"Selbst bei den höchstresistenten Erregern haben wir immer noch Reservemedikamente, die früher eingesetzt wurden. Die aber dann wieder verlassen wurden, weil die Nebenwirkungen hoch sind."
Um Resistenzen von vornherein zu vermeiden, sollten Antibiotika so selten wie möglich und nur gezielt nach sorgfältiger Diagnose eingesetzt werden. Allerdings müssen auch die Patienten mitspielen.
"Oft ist die Erwartung bei einem Atemwegsinfekt, dass der Arzt oder die Ärztin tatsächlich ein Antibiotikum verschreibt. Man kann durchaus mal ein oder zwei Tage abwarten, ob sich die Erkältung von selbst bessert."
Entscheidend ist auch die Krankenhaushygiene. Gefährlich werde es dann, wenn zu wenig Personal zur Verfügung stehe: "Weil dann einfach aus Zeitmangel teilweise die Basishygiene nicht beachtet werden kann."
Sollten die Strategien gegen die multiresistenten Keime nicht greifen, könnte die Ära der vertrauten Antibiotika bald vorüber sein.
"Aufgrund der hohen Resistenzentwicklung gibt es aber neue Forschungsprogramme, wo aus anderen Bakterien und auch Pilzen antibiotische Substanzen wieder identifiziert werden, die zukünftig helfen."
Die Mediziner hoffen, in fünf bis zehn Jahren völlig neuartige Wirkstoffe in der Therapie einsetzen zu können.