In der Fußball-Bundesliga und der Zweiten Liga soll die Saison am 15. Mai fortgesetzt werden. Die Partien der neun noch ausstehenden Spieltage finden wegen der Corona-Pandemie dann ohne Zuschauer statt.
Verantwortungsvoll mit Vertrauen umgehen
Markus Krösche, Sportdirektor beim Erstligisten RB Leipzig, sagte im Dlf, dass man nun mit dem entgegengebrachten Vertrauen der Politik verantwortungsvoll umgehen werde. Man sei im ständigen Austausch mit den Mannschaftsärzten. Oberstes Ziel sei, die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Krösche glaubt nicht, dass sich ein Fall wie bei Hertha-Spieler Salomon Kalou in Zukunft wiederholen werde. Er hatte die Hygiene- und Abstandsregeln ignoriert. "Da können wir ganz klar von einem Einzelfall sprechen", sagte er. Man dürfe diesen Fehler jetzt nicht auf alle Spieler der Fußball-Bundesliga projezieren. Alle Spieler seien sich der Vorbildfunktion bewusst.
Das vollständige Interview im Wortlaut:
Zerback: Was überwiegt denn nach der Entscheidung jetzt? Erleichterung oder das Gefühl, da kommen riesige Herausforderungen auf Ihren Verein zu?
Krösche: Nein. Wir sind natürlich glücklich über die Entscheidung der Politik und vor allen Dingen auch, dass sie uns das Vertrauen schenkt, dass wir das alles so umsetzen können, wie wir das auch in unserem Hygienekonzept beschrieben haben. Ich glaube, dass wir alle uns der Verantwortung bewusst sind und wir uns wieder freuen und die Spieler sich auch wieder freuen, dass sie ihren Beruf wieder ausüben dürfen.
Zerback: Wann es wieder losgeht, das hat die DFL gestern entschieden: am 15. Mai. Leipzig hat sich den Termin ja gewünscht, das auch so geäußert. Es gab aber auch schon Streit mit anderen Clubs, die eigentlich später anfangen wollen, weil sie zum Beispiel bisher nur in kleinen Gruppen trainieren durften wie Werder Bremen. Kann man da denn noch von fairen Wettbewerbsbedingungen sprechen?
Krösche: Ich glaube, dass wir grundsätzlich alle irgendwo immer die gleichen Bedingungen hatten. Alle Vereine hatten ja nicht die Möglichkeit, Mannschaftstraining zu machen. Von daher haben wir grundsätzlich irgendwo auch eine gleiche Rahmenbedingung. Ich glaube, dass es extrem wichtig ist, dass wir jetzt einfach nächste Woche starten. Das ist, glaube ich, das, was das Wichtigste bei der ganzen Geschichte ist. Die Rahmenbedingungen und auch die Wettbewerbsfähigkeit, glaube ich, die ist gegeben, weil einfach alle Bundesliga-Vereine im Großen und Ganzen die gleiche Voraussetzung hatten.
"Wir haben immer eine stetige Kontrolle"
Zerback: Wie bereitet sich denn aktuell Leipzig auf den Neustart vor?
Krösche: Das Hygienekonzept sagt aus, dass wir praktisch vor dem Start eine Woche in Quarantäne gehen. Das machen ja alle Bundesliga-Vereine. Wir werden das bei uns im Trainingszentrum gestalten, werden da auch dann eine Woche uns auf das erste Spiel nach dieser Pause vorbereiten und versuchen, da den Ablauf unter den Hygienestandards, wie sie jetzt im Hygienekonzept beschrieben sind, einzuhalten, so dass wir uns aber trotzdem noch optimal auf das Spiel vorbereiten können.
Zerback: Für genau dieses Konzept gab es ja viel Lob. Sie haben es gerade auch noch mal unterstrichen. Allerdings gab es auch viel Kritik daran, was im Fall eines positiv getesteten Spielers passiert. Da muss dann nicht die ganze Mannschaft automatisch in Gruppen-Quarantäne, sondern nur der betroffene Spieler. Halten Sie dieses Risiko wirklich für vertretbar?
Krösche: Ja, weil wir natürlich ein Stück weit auch die Rahmenbedingungen dafür geschaffen haben. Wir haben durch die Testungen, die wir natürlich haben, die engmaschig sind, immer eine ständige Überprüfung. Dann haben wir natürlich auch es so, dass die Rahmenbedingungen auch für die Quarantäne in dem Falle ganz klar geregelt sind bei uns. Das bedeutet, es muss ein gewisser Zeitraum sein, wo dann dieser Spieler mit einem anderen Spieler in einem Raum sein muss, und das ist bei uns in dem Berufsfeld, das wir haben, eigentlich nicht so gegeben. Von daher ist das absolut vertretbar und diese Testungen, die wir natürlich regelmäßig und engmaschig machen, haben wir auch immer eine stetige Kontrolle.
"Ich glaube, dass wir sehr verantwortungsvoll sind"
Zerback: Wobei noch gar nicht final geklärt ist, wie zuverlässig die Tests überhaupt sind. Solange es da noch so viele falsche, negative Ergebnisse gibt, ist es da nicht wenig seriös, ein paar Stunden vor Anpfiff zu testen und die Spieler dann aufs Feld zu lassen?
Krösche: Na ja, sie sind schon ein Stück weit verlässlich. Wir haben ja auch eine enge Zusammenarbeit, die DFL und die Vereine, mit den Instituten, auch mit den Laboren, und wir sind da ja in ständigem Austausch. Es gibt ja auch eine Task Force, die sich auch tagtäglich mit diesen Themen beschäftigt, die von Herrn Dr. Meyer angeführt wird. Von daher: Ich glaube, dass wir sehr, sehr verantwortungsvoll sind, gerade auch, was die Rahmenbedingungen, was die Ansteckungsgefahr angeht, alleine von den ganzen Regeln, die wir uns selber auferlegt haben, und dadurch, dass auch die Mannschaftsärzte immer im ständigen Austausch sind mit den Instituten, mit den Laboren, glaube ich, dass wir optimale Bedingungen geschaffen haben, das Ansteckungsrisiko extrem zu minimieren.
Zerback: Aber die Wahrheit ist doch auch: Wenn es anders wäre, wenn die Gruppen-Quarantäne tatsächlich Pflicht wäre, dann könnten Sie den Spielbetrieb auch gleich wieder einstellen, oder? So könnte das nicht funktionieren.
Krösche: Aber deswegen haben wir das ja auch ganz klar festgelegt, wie wir uns zu verhalten haben. Die Spieler, die Verantwortlichen, alle halten sich extrem gut daran. Und wie gesagt, auch die Ärzte sind ja im ständigen Austausch, was kann man noch optimieren, wie kann man es optimieren. Ich denke, dass wir sehr, sehr professionell und auch sehr, sehr gut durchdacht an alle Rahmenbedingungen beziehungsweise an alle Themen gedacht haben, um die Ansteckungsgefahr extrem zu minimieren.
Facebook-Video von Kalou: Ein Einzelfall
Zerback: Sie sagen das so selbstbewusst und selbstverständlich, dass sich alle daran halten. Aber jetzt haben wir natürlich auch vor ein paar Tagen erst gesehen, dass ein Spieler von Hertha, Salomon Kalou, sich nicht daran gehalten hat beziehungsweise offengelegt hat mit einem Facebook-Video, dass das zum Alltag gehört in der Bundesliga. Das beste Konzept nützt ja nichts, wenn sich niemand daran hält. Haben die Spieler da wirklich den Ernst der Lage verstanden, Herr Krösche?
Krösche: Ja. Ich glaube, dass das natürlich von dem Spieler Kalou extrem unglücklich gewesen ist, aber dass wir da ganz klar von einem Einzelfall sprechen.
Zerback: Das war ja mit versteckter Kamera gefilmt. Das waren ja jetzt keine gestellten Bedingungen.
Krösche: Nee, nee! Aber das ist trotzdem ein Einzelfall. Ich glaube, man darf jetzt nicht den Fehler machen, weil ein Spieler sich in dem Fall jetzt nicht optimal verhalten hat oder dementsprechend auch ein Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, dass man das jetzt auf alle projizieren sollte. Alle Vereine und gerade auch wir bei RB Leipzig sind extrem daran gehalten und achten auch extrem darauf, dass die Dinge so eingehalten werden. Wir sensibilisieren die Mitarbeiter, die Spieler natürlich auch, dass wir die Dinge auch dementsprechend so umsetzen, wie wir das in unserem Konzept beschrieben haben, so dass die Ansteckungsgefahr minimiert wird. Das ist aber auch ganz klarer Tenor in der Liga.
Ziel: Ansteckungsgefahr soll extrem minimiert werden
Zerback: Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche, aber das interessiert mich. Haben Sie da schon noch mal sensibilisiert, auch nach dem, ich nenne ihn mal, Fall Kalou?
Krösche: Nee! Die Sache ist jetzt nicht explizit, sondern wir sind natürlich immer im ständigen Austausch mit den Spielern und Mitarbeitern, weil wir natürlich alle das Ziel haben, dass die Ansteckungsgefahr extrem minimiert wird. Das heißt, wir sind ständig im Austausch mit den Spielern und mit den Mitarbeitern, mit dem Stuff ums Team herum. Das war jetzt nicht explizit noch mal Thema nach dieser "Veröffentlichung" dieses Videos, sondern das ist einfach ein ständiger Austausch, den wir die ganze Zeit haben, weil wir natürlich alle das Ziel haben, die Ansteckungsgefahr so gut wie es geht zu minimieren.
Zerback: Und auch gesellschaftliches Vorbild zu sein, oder?
Krösche: Das ist das, was ich eingangs sagte. Die Politik hat uns dieses Vertrauen geschenkt, was für uns natürlich eine sehr, sehr hohe Wertschätzung ist, und wir alle wissen, dass wir eine hohe Vorbildfunktion haben, und der wollen wir natürlich auch gerecht werden und der werden wir auch gerecht.
Hygienekonzept ist sehr gut durchdacht
Zerback: Ein anderer Fall, den ich noch erwähnen möchte, ist die Diskussion um die Sonderrolle des Fußballs. Das kommt ja von allen Seiten. Da mussten sich Fußball-Bundesligisten in ganz Deutschland für rechtfertigen, warum es jetzt ausgerechnet bei der Fußball-Bundeslage wieder weitergehen soll. Im Breitensport gibt es ja weiterhin zum Beispiel noch einige Einschränkungen. Etwa Kinder, die jetzt irgendwie auf einem Bolzplatz kicken wollen, die dürfen das erst mal nicht, weil da die Abstandsregeln gelten. Die schauen dann aber ihren großen Vorbildern im Fernsehen dabei zu, wie sie das dürfen. Wie passt das denn zusammen?
Krösche: Grundsätzlich ist es ja so, dass jetzt viele Lockerungsmaßnahmen waren. Es war jetzt ja nicht nur der Fußball, sondern es waren mehrere Lockerungsmaßnahmen, die jetzt beschlossen worden sind. Dann haben wir – ich habe es schon mehrfach gesagt – ein ganz klares Hygienekonzept, wie wir uns verhalten, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Ich glaube, das ist sehr, sehr gut durchdacht und ist ja auch von der Politik in dem Fall dementsprechend honoriert worden. Gleichzeitig ist es natürlich so, sind wir natürlich auch nur eine Branche, wo sehr, sehr viele Mitarbeiter, sehr, sehr viele Angestellte direkt und indirekt beschäftigt sind.
Zerback: Ja, Herr Krösche. Da müssen wir einen Punkt machen. Viele Mitarbeiter sind betroffen, viele Arbeitsplätze auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.