"Wenn mich jetzt jemand fragen würde, was bist du eigentlich, oder was machst du genau, ich glaube, dann würde ich als Erstes kulinarischer Gestalter sagen, wahrscheinlich – oder Gestalter für eine nachhaltige Esskultur."
Lea Brummsack sitzt in ihrer Werkstatt, einem ehemaligen Ladenlokal in Kreuzberg, das sie sich mit ihrer Geschäftspartnerin und sechs anderen Künstlern teilt. Überall stehen Kisten mit Geschirr vom Flohmarkt. Die Tochter eines Büromitglieds wuselt im Hintergrund herum. Nur ein paar Kürbisse im Fenster weisen darauf hin, worum es hier eigentlich geht: um die Rettung von krummem Gemüse.
"Für uns sind diese Formen so toll und aufregend – wir lieben diese Formen. Und deshalb möchten wir sie auch mit allen teilen und wollen zeigen, dass sie halt viel weniger langweilig sind als all die geraden, normal aussehenden Dinge, die man im Supermarkt so finden kann."
Sagt Tanja Krakowsky. Sie und Lea Brummsack haben die "Culinary Misfits" gegründet, ein Catering-Unternehmen, das die verschmähten Gemüse-Außenseiter verarbeitet: Möhren wie dreibeinige Aliens, fast schon obszön geformte Pastinaken, Zucchini, groß wie Baseballschläger. Daraus werden leckere Gerichte gemacht, zubereitet für Messen oder andere Großereignisse. Mit ihrem Aktionswagen fahren die beiden Frauen auch auf Wochenmärkte und bieten warme Mahlzeiten an und im Ganzen eingemachte Gemüsesonderlinge. Dabei ernten sie durchaus auch Misstrauen bei den Kunden, meint Tanja Krakowsky. Aber Möhren wachsen eben nicht immer nur gerade nach unten.
"Dass es halt einfach passieren kann, wenn da ein Steinchen im Boden ist, dass die Möhre 'nen Haken schlägt, oder, wenn zwei zu nahe stehen, dass sie sich umarmen, und viele nehmen dann tatsächlich an, dass damit was nicht stimmt, und dass es mutiert ist, und dass es vielleicht krank ist – was ja völlig absurd ist. Und das versuchen wir umzukehren."
"Esst die ganze Ernte!" lautet der Aufruf auf der Homepage der Culinary Misfits. Auch beim Kochbuch "Taste the Waste" haben sie mitgearbeitet, das Rezepte und Ideen für Essensretter vorstellt. Ihre Facebook-Seite hat mittlerweile knapp 2400 Fans. Da ist eine Generation herangewachsen, die sich für die leicht romantische Idee begeistern kann, das zu feiern, was andere verschmähen.
"Ich find’s sogar ganz gut, dass wir noch’n Tick romantisch sind. Wir erzählen ja einfach die Geschichte auch. Würden wir jetzt einfach sagen, wir haben hier krumme Dinger, und damit machen wir jetzt irgendwie unser Geschäft, und uns ist die Kohle wichtig, dann würde das auch keiner einkaufen. Die Charaktere, die wir da präsentieren, das will man halt sehen und kaufen."
Noch sind die beiden Frauen am Anfang: Die Culinary Misfits sind eher eine Bewegung als ein Geschäft. Aber die Idee wächst: Die kulinarischen Sonderlinge arbeiten mit zwei Bio-Bauernhöfen im Berliner Umland zusammen. Bis vor Kurzem haben sie ihre Sonderlinge noch selbst ausgebuddelt. Inzwischen ist die Nachfrage so groß, dass das krumme Gemüse angeliefert wird.
"Jetzt gerade erst vor zwei Tagen hieß es, es muss ordentlich geerntet werden, weil der nächste Frost kommt und die Felder voll sind."
"Und ganz aktuell, heute morgen habe ich mit dem Teltower Rübchen-Bauern telefoniert, und in Teltow gibt es gerade noch ganz viele Tomaten, die noch am Strauch hängen, und die gerade dem ersten Frost so ein bisschen zum Opfer fielen, die deshalb nicht mehr verkauft werden können, aus denen man aber noch super Suppe machen kann. Und die müssen wir uns unbedingt holen!"
Denn wenn die Natur zuschlägt und das Gemüse nicht mehr makellos ist, bedeutet das: Nachschub für ihre Gemüseküche.
"Schon ein komischer Kontrast, wenn wir dann wissen: Oh super, es gab nen Frost oder nen Hagelschlag – aber das ist eben die Natur, die macht, was sie will. Mal schneit es, mal gibt’s Sturm oder Hagel."
"Aber der Bauer freut sich ja auch, wenn jemand kommt und das Zeug weiter verwendet, wenn es gegessen wird – weil er hat ja Mühe und Arbeit da rein gesteckt."
Und er bekommt einen kleinen Zusatzgewinn, denn die Misfits zahlen ihm knapp den Großhandels-Preis. Beim Kochen in ihrer Produktionsküche nehmen sich Tanja und Lea Zeit zum Experimentieren. Das werden Radieschen karamellisiert, Brownies mit dem Mus der Roten Beete gefüllt, und die schönsten Exemplare werden eingemacht, um die Formen zu bewahren. Im nächsten Frühjahr wollen sie einen eigenen Laden eröffnen. Doch ihr eigentliches Ziel ist es, sich selbst überflüssig zu machen.
"Wir denken jetzt nicht, die nächsten zehn Jahre wird man unsere Karotten und krummen Pastinaken bewundern, sondern hoffentlich ist es irgendwann ganz normal, diese im Einkaufskorb zu haben."
Lea Brummsack sitzt in ihrer Werkstatt, einem ehemaligen Ladenlokal in Kreuzberg, das sie sich mit ihrer Geschäftspartnerin und sechs anderen Künstlern teilt. Überall stehen Kisten mit Geschirr vom Flohmarkt. Die Tochter eines Büromitglieds wuselt im Hintergrund herum. Nur ein paar Kürbisse im Fenster weisen darauf hin, worum es hier eigentlich geht: um die Rettung von krummem Gemüse.
"Für uns sind diese Formen so toll und aufregend – wir lieben diese Formen. Und deshalb möchten wir sie auch mit allen teilen und wollen zeigen, dass sie halt viel weniger langweilig sind als all die geraden, normal aussehenden Dinge, die man im Supermarkt so finden kann."
Sagt Tanja Krakowsky. Sie und Lea Brummsack haben die "Culinary Misfits" gegründet, ein Catering-Unternehmen, das die verschmähten Gemüse-Außenseiter verarbeitet: Möhren wie dreibeinige Aliens, fast schon obszön geformte Pastinaken, Zucchini, groß wie Baseballschläger. Daraus werden leckere Gerichte gemacht, zubereitet für Messen oder andere Großereignisse. Mit ihrem Aktionswagen fahren die beiden Frauen auch auf Wochenmärkte und bieten warme Mahlzeiten an und im Ganzen eingemachte Gemüsesonderlinge. Dabei ernten sie durchaus auch Misstrauen bei den Kunden, meint Tanja Krakowsky. Aber Möhren wachsen eben nicht immer nur gerade nach unten.
"Dass es halt einfach passieren kann, wenn da ein Steinchen im Boden ist, dass die Möhre 'nen Haken schlägt, oder, wenn zwei zu nahe stehen, dass sie sich umarmen, und viele nehmen dann tatsächlich an, dass damit was nicht stimmt, und dass es mutiert ist, und dass es vielleicht krank ist – was ja völlig absurd ist. Und das versuchen wir umzukehren."
"Esst die ganze Ernte!" lautet der Aufruf auf der Homepage der Culinary Misfits. Auch beim Kochbuch "Taste the Waste" haben sie mitgearbeitet, das Rezepte und Ideen für Essensretter vorstellt. Ihre Facebook-Seite hat mittlerweile knapp 2400 Fans. Da ist eine Generation herangewachsen, die sich für die leicht romantische Idee begeistern kann, das zu feiern, was andere verschmähen.
"Ich find’s sogar ganz gut, dass wir noch’n Tick romantisch sind. Wir erzählen ja einfach die Geschichte auch. Würden wir jetzt einfach sagen, wir haben hier krumme Dinger, und damit machen wir jetzt irgendwie unser Geschäft, und uns ist die Kohle wichtig, dann würde das auch keiner einkaufen. Die Charaktere, die wir da präsentieren, das will man halt sehen und kaufen."
Noch sind die beiden Frauen am Anfang: Die Culinary Misfits sind eher eine Bewegung als ein Geschäft. Aber die Idee wächst: Die kulinarischen Sonderlinge arbeiten mit zwei Bio-Bauernhöfen im Berliner Umland zusammen. Bis vor Kurzem haben sie ihre Sonderlinge noch selbst ausgebuddelt. Inzwischen ist die Nachfrage so groß, dass das krumme Gemüse angeliefert wird.
"Jetzt gerade erst vor zwei Tagen hieß es, es muss ordentlich geerntet werden, weil der nächste Frost kommt und die Felder voll sind."
"Und ganz aktuell, heute morgen habe ich mit dem Teltower Rübchen-Bauern telefoniert, und in Teltow gibt es gerade noch ganz viele Tomaten, die noch am Strauch hängen, und die gerade dem ersten Frost so ein bisschen zum Opfer fielen, die deshalb nicht mehr verkauft werden können, aus denen man aber noch super Suppe machen kann. Und die müssen wir uns unbedingt holen!"
Denn wenn die Natur zuschlägt und das Gemüse nicht mehr makellos ist, bedeutet das: Nachschub für ihre Gemüseküche.
"Schon ein komischer Kontrast, wenn wir dann wissen: Oh super, es gab nen Frost oder nen Hagelschlag – aber das ist eben die Natur, die macht, was sie will. Mal schneit es, mal gibt’s Sturm oder Hagel."
"Aber der Bauer freut sich ja auch, wenn jemand kommt und das Zeug weiter verwendet, wenn es gegessen wird – weil er hat ja Mühe und Arbeit da rein gesteckt."
Und er bekommt einen kleinen Zusatzgewinn, denn die Misfits zahlen ihm knapp den Großhandels-Preis. Beim Kochen in ihrer Produktionsküche nehmen sich Tanja und Lea Zeit zum Experimentieren. Das werden Radieschen karamellisiert, Brownies mit dem Mus der Roten Beete gefüllt, und die schönsten Exemplare werden eingemacht, um die Formen zu bewahren. Im nächsten Frühjahr wollen sie einen eigenen Laden eröffnen. Doch ihr eigentliches Ziel ist es, sich selbst überflüssig zu machen.
"Wir denken jetzt nicht, die nächsten zehn Jahre wird man unsere Karotten und krummen Pastinaken bewundern, sondern hoffentlich ist es irgendwann ganz normal, diese im Einkaufskorb zu haben."