Die Bundesministerien für Finanzen und Verkehr haben ein Konzept vorgelegt, wie die Bahn in der Coronakrise gestützt werden soll. Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Ministerien bezifferten die Einbußen der Deutschen Bahn auf 11 bis 13,5 Milliarden Euro – für den Zeitraum bis 2024.
Der Bund plane eine Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn. Zudem soll die Verschuldungsgrenze des Unternehmens erhöht werden, die bisher bei 25,4 Milliarden Euro lag. Im Gegenzug habe die Bahn massive Einsparungen bei Personal- und Sachkosten zugesagt.
Verkehrsökonom kritisiert Eingriff in den Wettbewerb
Der Verkehrsökonom Christian Böttger, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, zeigt grundsätzlich Verständnis für den Plan, sieht ihn aber auch kritisch.
"Wenn man jetzt also einseitig der Bahn Geld zukommen lässt, dann beeinflusst man damit eben den Wettbewerb, und das ist ein durchaus sehr hartes Umfeld. Und ich finde es problematisch, wenn man jetzt also sagt, einseitig wird also ein Marktteilnehmer gestützt, während die anderen Marktteilnehmer eben in der Krise alleine gelassen werden."
Bundesfinanzministerium bestätigt bislang nur Gespräche
Das Bundesfinanzministerium erklärte auf Anfrage des Deutschlandfunks lediglich, gegenwärtig fänden "Gespräche" zu "Maßnahmen" wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Deutsche Bahn statt. Das Ministerium bestätigte aber nicht die Zahlen aus dem Zeitungsbericht.
Auf den "Systemverbund Bahn" sollen vom prognostizierten Gesamtverlust zwischen 8,2 und 10,2 Milliarden Euro entfallen. Davon soll angeblich die Hälfte die Bahn durch Einsparungen aufbringen, die andere Hälfte der Bund. Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GdL,Claus Weselsky, kritisierte die Pläne.
"Eine Eigenkapitalaufstockung, wie sie hier in Rede gebracht wird, sehe ich als kreuzgefährlich an, weil wir dann schon wieder über eventuelle Beihilfe reden, was von der Europäischen Kommission immer mit mehr als Argwohn betrachtet wird."
Weselsky spricht von "atemberaubenden Zahlen"
Tatsächlich müssten einer Erhöhung des Eigenkapitals sowohl die EU-Kommission als auch der Haushaltsausschuss des Bundestags zustimmen. Claus Weselsky hält die Summen für zu hoch gegriffen.
"Das, was zur Zeit auf dem Tisch liegt, ist mir zu pauschal, und zwar deshalb, weil wir hier über Zahlen reden, die atemberaubend sind. Und wenn man sich die Mühe macht und die Einnahmeausfälle, die übrigens nicht nur die Deutsche Bahn hat, sondern alle im Wettbewerb stehenden Unternehmen auch – wenn man sich diese Einnahmeausfälle anschaut, dann sind das bei weitem nicht diese Milliardensummen, die hier aufgerufen werden."
EVG rechnet nicht vor 2022 mit Erholung
Der Wachstumskurs der Deutschen Bahn könnte durch die Coronakrise auch auf längere Sicht gebremst werden. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG geht davon aus, dass die Bahn die Fahrgastzahlen von 2019 erst in zwei bis drei Jahren wieder erreichen wird. Der Verkehrsökonom Christian Böttger bestätigt diese Aussicht.
"McKinsey hat eine Befragung gemacht, es gibt eine Studie von SCI, die also alle abschätzen, dass wir mit einem veränderten Mobilitätsverhalten rechnen müssen, zum einen eben, weil doch das Thema Heimarbeit an Bedeutung gewinnen wird, zum anderen, weil viele Leute auch aus Angst vor Ansteckung öffentliche Verkehrsmittel meiden werden."
Vor der Krise hatte sich die Bahn das Ziel gesetzt, die Zahl der Fahrgäste bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln.