Was bedeutet das, wenn ein Schriftsteller nicht ankommt? Der Dichter Ali al-Jallawi aus Bahrain ist jedenfalls seit Freitag nicht in Berlin gelandet, wo er, von Amman aus kommend, in der Akademie der Künste auftreten sollte. Gemeldet hat er sich nicht.
Der Vorgang erinnert an die Verhaftung von Ai Weiwei, der im April auf dem Pekinger Flughafen verhaftet wurde. Und auch falls sich das Verschwinden al-Jallawis aufklären sollte: Solche Vorkommnisse sind bei Künstlern und Intellektuellen aus dem Nahen Osten keine Seltenheit. In der Regel nimmt niemand davon Notiz.
Dabei haben die Autoren der Region Spannendes zu erzählen. Zum Beispiel der aus Libyen stammende Dichter Abdoulaim Ukwas. Er sagt über das System Gaddafi:
"Wenn ich früher eine Dichterlesung machte und hundert Leute kamen, dann waren 90 davon vom Geheimdienst. Ich habe viele Veranstaltungen gemacht und Symposien organisiert, aber die Staatssicherheit versuchte, alles zu torpedieren. Gaddafi will immer der Einzige sein. Wenn irgendein Libyer berühmt wird, muss er zerstört oder ins Exil geschickt werden. Vor zehn Jahren konnten sie jede libysche Zeitung von vorne bis hinten lesen, ohne auch nur einen einzigen Namen zu lesen. Und sogar unsere Fußballer im Fernsehen wurden nicht mit Namen genannt, sondern nur mit Nummern. Es gibt nur einen Namen in Libyen: den von Gaddafi."
Gaddafi hat es besonders auf Autoren, Journalisten, Intellektuelle abgesehen. Rund 40.000 von ihnen leben zurzeit in Konzentrationslagern, berichtet Abdoulaim Ukwas. Gaddafi sei das absolute Böse. Die ganze Weltgemeinschaft müsste ihn jagen und beseitigen wie Osama bin Laden.
Wie geht es weiter, nach der Revolution, welche Kämpfe stehen jetzt an und wie können Dichter dazu beitragen? In Berlin hörte man unterschiedliche Positionen. Die palästinensische Dichterin und Performerin Hind Shoufani hat in Dubai ein Autorenkollektiv gegründet, das sich "The Poeticians" nennt. Die Gruppe betreibt aggressive und oft auch sarkastische Kritik an den sozialen Zuständen, allerdings kritisiert sie nicht das Gastland Dubai oder das nahe Saudi-Arabien. Da könne man schnell Ärger mit den Behörden bekommen und hält sich lieber zurück, sagt Shoufani.
Nur wenn sie sich schlecht fühle, könne sie dichten. Der ägyptische Hiphopper Deeb sieht das ganz anders. Er will die Revolution anregen und auch bei Laune halten:
"Ich bin Hip-Hopper, Dichter, Beobachter, Revolutionär. Und ich bin mit einer bestimmten Idee von Ägypten aufgewachsen: den Büchern, Filmen und Geschichten meiner Eltern. Als ich ein paar Jahre weg war und zurückkam, bekam ich einen Kulturschock. Korruption, soziales Elend – nichts mehr von dem großen Gemeinsinn und der Leichtigkeit, der unser Volk einst ausmachte. Wir müssen zu unseren alten Werten zurück, und das drücke ich mit meinen Songs aus."
Ein nostalgischer Revolutionär, der zurück guckt, aber auch in die Zukunft. Und der auf das Individuum setzt. Die Revolution sei vorbei, sagt er. Jetzt musst du dich selbst revolutionieren.
Auch dabei in Berlin: der Mann, der die Hymne der tunesischen Revolution geschrieben hat, der Rapper El General. Sein Lied "Rais el Bled" fasste die Hoffnungen der Menschen in Musik zusammen. Rap, meint der 22-jährige Künstler aus der Stadt Sfax, Rap könne die ganze Welt verändern – und besonders auch die islamische.
"Der Rap kommt ursprünglich aus Amerika. Aber der Rap dient in unserer arabischen Welt dazu, Ideen weiterzutragen. Wir in der arabischen Welt sehen den Rap als unsere Waffe an, um die Dinge zu verändern. Ich kann nicht sagen, dass es eine Mauer zwischen Rap und Islam gibt. Das Gegenteil ist der Fall. Mit Rap kann man auch religiöse Positionen vertreten."
Kann die Revolution nachhaltig sein? Dazu gab es bei der hochklassigen Diskussion in der Akademie der Künste leidenschaftliche, aber auch sehr nachdenkliche Antworten. Es werde 20 Jahre dauern, bis eine neue Generation herangewachsen sei, eine gebildete Generation von Menschen, die nicht mehr auf Stereotypen setze, sagte der Hip-Hopper Deeb. Und die Kairoer Autorin Hend Hammam meint: Gerade in der arabischen Welt hätten die einfachen Menschen gar keine Vorstellung von politischen Prozessen und kein politisches Bewusstsein. Da stehe man erst ganz am Anfang.
Der Vorgang erinnert an die Verhaftung von Ai Weiwei, der im April auf dem Pekinger Flughafen verhaftet wurde. Und auch falls sich das Verschwinden al-Jallawis aufklären sollte: Solche Vorkommnisse sind bei Künstlern und Intellektuellen aus dem Nahen Osten keine Seltenheit. In der Regel nimmt niemand davon Notiz.
Dabei haben die Autoren der Region Spannendes zu erzählen. Zum Beispiel der aus Libyen stammende Dichter Abdoulaim Ukwas. Er sagt über das System Gaddafi:
"Wenn ich früher eine Dichterlesung machte und hundert Leute kamen, dann waren 90 davon vom Geheimdienst. Ich habe viele Veranstaltungen gemacht und Symposien organisiert, aber die Staatssicherheit versuchte, alles zu torpedieren. Gaddafi will immer der Einzige sein. Wenn irgendein Libyer berühmt wird, muss er zerstört oder ins Exil geschickt werden. Vor zehn Jahren konnten sie jede libysche Zeitung von vorne bis hinten lesen, ohne auch nur einen einzigen Namen zu lesen. Und sogar unsere Fußballer im Fernsehen wurden nicht mit Namen genannt, sondern nur mit Nummern. Es gibt nur einen Namen in Libyen: den von Gaddafi."
Gaddafi hat es besonders auf Autoren, Journalisten, Intellektuelle abgesehen. Rund 40.000 von ihnen leben zurzeit in Konzentrationslagern, berichtet Abdoulaim Ukwas. Gaddafi sei das absolute Böse. Die ganze Weltgemeinschaft müsste ihn jagen und beseitigen wie Osama bin Laden.
Wie geht es weiter, nach der Revolution, welche Kämpfe stehen jetzt an und wie können Dichter dazu beitragen? In Berlin hörte man unterschiedliche Positionen. Die palästinensische Dichterin und Performerin Hind Shoufani hat in Dubai ein Autorenkollektiv gegründet, das sich "The Poeticians" nennt. Die Gruppe betreibt aggressive und oft auch sarkastische Kritik an den sozialen Zuständen, allerdings kritisiert sie nicht das Gastland Dubai oder das nahe Saudi-Arabien. Da könne man schnell Ärger mit den Behörden bekommen und hält sich lieber zurück, sagt Shoufani.
Nur wenn sie sich schlecht fühle, könne sie dichten. Der ägyptische Hiphopper Deeb sieht das ganz anders. Er will die Revolution anregen und auch bei Laune halten:
"Ich bin Hip-Hopper, Dichter, Beobachter, Revolutionär. Und ich bin mit einer bestimmten Idee von Ägypten aufgewachsen: den Büchern, Filmen und Geschichten meiner Eltern. Als ich ein paar Jahre weg war und zurückkam, bekam ich einen Kulturschock. Korruption, soziales Elend – nichts mehr von dem großen Gemeinsinn und der Leichtigkeit, der unser Volk einst ausmachte. Wir müssen zu unseren alten Werten zurück, und das drücke ich mit meinen Songs aus."
Ein nostalgischer Revolutionär, der zurück guckt, aber auch in die Zukunft. Und der auf das Individuum setzt. Die Revolution sei vorbei, sagt er. Jetzt musst du dich selbst revolutionieren.
Auch dabei in Berlin: der Mann, der die Hymne der tunesischen Revolution geschrieben hat, der Rapper El General. Sein Lied "Rais el Bled" fasste die Hoffnungen der Menschen in Musik zusammen. Rap, meint der 22-jährige Künstler aus der Stadt Sfax, Rap könne die ganze Welt verändern – und besonders auch die islamische.
"Der Rap kommt ursprünglich aus Amerika. Aber der Rap dient in unserer arabischen Welt dazu, Ideen weiterzutragen. Wir in der arabischen Welt sehen den Rap als unsere Waffe an, um die Dinge zu verändern. Ich kann nicht sagen, dass es eine Mauer zwischen Rap und Islam gibt. Das Gegenteil ist der Fall. Mit Rap kann man auch religiöse Positionen vertreten."
Kann die Revolution nachhaltig sein? Dazu gab es bei der hochklassigen Diskussion in der Akademie der Künste leidenschaftliche, aber auch sehr nachdenkliche Antworten. Es werde 20 Jahre dauern, bis eine neue Generation herangewachsen sei, eine gebildete Generation von Menschen, die nicht mehr auf Stereotypen setze, sagte der Hip-Hopper Deeb. Und die Kairoer Autorin Hend Hammam meint: Gerade in der arabischen Welt hätten die einfachen Menschen gar keine Vorstellung von politischen Prozessen und kein politisches Bewusstsein. Da stehe man erst ganz am Anfang.