Im Juli 2016 wird das weltweit größte Radioteleskop feierlich eröffnet: Das Five-hundred-meter Aperture Spherical radio Telescope, kurz FAST, ist der Stolz der chinesischen Astronomen. Tianyan wird es auf chinesisch genannt: das Himmelsauge. Es ist 200 Meter größer als der bisherige Rekordhalter Arecibo der USA.
"Radioastronomie wird in China schon seit langem betrieben. Es gibt seit einigen Jahren ein 64-Meter-Teleskop in Shanghai und andere kleinere Teleskope. Und mit dem Bau des FAST-Teleskops, das mit 500 Metern das größte der Welt ist, hat man da schon eine Spitzenposition erreicht."
"In China fehlt bislang das Personal"
Michael Kramer ist Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, das gerne mehr mit den chinesischen Kollegen zusammenarbeiten würde, weil auch sein Institut selbst ein derartiges großes Instrument betreibt: das Radioteleskop Effelsberg in der Eifel. Das ist nur 100 Meter groß, aber komplett schwenkbar, während das fünfmal größere Teleskop in China eine starre Parabolfläche besitzt, die ein ganzes Tal ausfüllt. Beide Teleskope könnten sich gegenseitig gut ergänzen. Doch in China fehlt bislang das Personal.
"Ich kann Ihnen da jetzt keine Zahl sagen. Aber die Anzahl der radioastronomischen Ingenieure ist noch relativ klein. Und da merkt man, dass die Expertise zum einen weit übers Land verteilt war und zum anderen auch solche großen Geräte in China vorher nicht da waren und es erst noch aufgebaut werden muss."
Unzureichende Gehälter, abgelegener Standort
Einem Bericht im Onlinemagazin ArsTechnica zufolge habe die Chinesische Akademie der Wissenschaften wohl wegen unzureichender Gehälter Probleme damit, Ingenieure und Astronomen zum abgelegenen Standort des Himmelsauges zu locken. Dazu fehlt es an Führung: Der geistige Vater des Projekts und Wegbereiter starb vor einem guten Jahr und seine Stelle als wissenschaftlicher Leiter ist bis heute nicht wieder besetzt worden. All das erklärt wohl, warum das Teleskop technisch längst noch nicht voll funktionsfähig ist: Die gesamte 500 Meter große Parabolfläche ließe sich nämlich verformen, um Pulsaren oder interstellaren Wasserstoffwolken für mehrere Minuten am Himmel zu folgen – eine bei westlichen Radioteleskopen etablierte, aber aufwendige Technik.
"Da arbeiten die Kollegen in China dran. Erst wenn das funktioniert, lohnt sich dieser Zusammenschluss der Teleskope, weil momentan zieht der Himmel praktisch einfach über das Teleskop hinweg. Und dann kriegen sie eine maximale Belichtungszeit von zwölf Sekunden. Das ist jetzt selbst bei FAST-Empfindlichkeiten nicht besonders viel, wenn man das mit anderen Teleskopen vernetzen will."
Bislang nur einige unbekannte Pulsare entdeckt
Umgerechnet 160 Millionen Euro hat das Riesenteleskop gekostet – und es soll einen außerordentlichen Einfluss auf die Astronomie und andere Forschungsfelder entfalten. Doch die Liste der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist kurz: Bislang konnten die chinesischen Forscher nur einige unbekannte Pulsare entdecken. Was dem FAST-Teleskop helfen könnte, wäre wohl ein neuer wissenschaftlicher Leiter – aber schon global gesehen ist die Zahl ausreichend erfahrener Radioastronomen klein.
"Ich würde da jetzt nicht zu viel hineinlesen, dass die Position noch unbesetzt ist. Ich glaube, es gibt viele Gründe, sie mit einem Chinesen zu besetzen. Und wenn sie dann fragen, wie viele gibt es davon in der Welt, dann ist die Zahl schon deutlich kleiner."
Der Weg zu globaler Zusammenarbeit
China will offenbar sein neues prestigeträchtiges Riesenteleskop in Eigenregie auf den neuesten Stand der Technik bringen. Es könnte also noch etwas dauern, bis die gewohnt globale Zusammenarbeit in Schwung kommt.
"Wir haben in der Vergangenheit in der Astronomie das Prinzip der Open Skies gehabt. Ich hoffe und ich denke, dass sich das langfristig dann auch bei FAST so einleben wird."