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Ringen um das Rettungspaket in den USA

Dies war der Tag der Politik. Die weltweite Finanzmarktkrise hielt endgültig Einzug in den amerikanischen Wahlkampf. Heute Abend beraten im Weißen Haus in Washington Vertreter der führenden Parteien, inklusive der Senatoren McCain und Obama, wie es weitergehen kann im Ringen um die richtigen Rezepte zur Lösung der Kapitalmarktprobleme.

Von Brigitte Scholtes und Michael Braun. Red. am Mikrofon: Ursula Welter |
    In der vergangenen Nacht hatte US-Präsident George W. Bush die Lage skizziert, hatte dunkelste Farben an die Wand gemalt, um die Zauderer im Kongress doch noch davon zu überzeugen, dass 700 Milliarden Dollar zur Stabilisierung des Finanzsystems gut angelegtes Geld seien:

    " Unsere gesamte Wirtschaft ist in Gefahr. Große Teile unseres Finanzsystems drohen zu versagen. Ohne sofortigen Beschluss des Kongresses droht eine finanzielle Panik. "

    Dies, so ergänzte George Bush, seien "keine normalen Zeiten". Und deshalb auch seien die Wahlkämpfer McCain und Obama gebeten worden, an der Krisensitzung mit den Kongressvertretern an diesem Abend in Washington teilzunehmen:

    John McCain, der republikanischer Kandidat für das Amt des US-Präsidenten, zeigte sich gesprächsbereit, nachdem er selbst mit einem dramatischen und symbolträchtigen Schritt, der Unterbrechung seines Wahlkampfes, für Aufsehen gesorgt hatte. Man müsse nun gemeinsam, als Amerikaner, und nicht als Republikaner oder Demokraten, beraten, und einen Ausweg aus der Krise finden:

    Der Kandidat der Demokraten, Barack Obama, appellierte seinerseits, Wahlkampf und Finanzmarktkrise nicht zu vermengen, jetzt, da derart heikle und schwierige Verhandlungen anstünden.

    Wahlkampfzeiten, Krisenzeiten, in jeder Hinsicht "keine normalen Zeiten", wie George Bush es in der Nacht ausgedrückt hatte. Eine Redewendung, die der deutsche Finanzminister, wenige Stunden später aufgriff. Nichts werde mehr so sein, wie es war, sagte er in Berlin, in seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag.

    " Diese ernste globale Finanzmarktkrise wird tiefe Spuren hinterlassen. Sie wird das Weltfinanzsystem tiefgreifend umwälzen. Die Welt wird nicht wieder so werden, wie vor dieser Krise. Und wir müssen uns in nächster Zeit weltweit auf niedrigere Wachstumsraten und, zeitlich verschoben, auch auf eine ungünstige Entwicklung auf den Arbeitsmärkten einstellen "

    Von drohender Panik, wie der amerikanische Präsident, wollte Peer Steinbrück allerdings nicht sprechen - vielmehr warb er für Augenmaß:

    " Bislang hat das internationale Krisenmanagement funktioniert. Es ist nicht zu einem Kollaps des Weltfinanzsystems gekommen, und das obwohl wir in den letzten Wochen an den Finanzmärkten eine weitere Zuspitzung der schlimmsten Bankenkrise seit Jahrzehnten erleben. Und zweitens: die Bürgerinnen und Bürger müssen keine Angst um ihr Erspartes haben. "

    "Keine Angst um das Ersparte", das war die Berliner Sichtweise, "drohende Panik in der Bankenwelt" die Interpretation in Washington. Was also wäre, wenn? Was würde geschehen, wenn die Parteien im US-Kongress der Aufforderung ihres Präsidenten nicht folgten und die 700 Milliarden Dollar nicht freigäben? Michael Braun geht der Frage nach.

    Beitrag von Michael Braun
    Die Kursschwankungen an den Märkten in der Krise haben zuweilen irrationale Züge. 20 Prozent Kursgewinn bei der Commerzbank-Aktie vorigen Freitag, als die Aussicht auf eine staatliche Lösung der Finanzkrise in Amerika bekannt wurde, sind mit Vernunft kaum zu erklären. Die Märkte suchen nach einem Kriterium, wie schwer die Krise ist, was es kostet, sie zu beseitigen. Es gibt Hinweise. Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management, kennt eine Studie des Internationalen Währungsfonds über die Finanzkrisen der jüngeren Vergangenheit:

    " Da gibt es insgesamt 42 Stück, und dort haben die Kosten von so einer Finanzkrise rund 16% vom Bruttosozialprodukt betragen. Bei den USA ist vielleicht der Vergleich mit allen Ländern, da sind auch afrikanische, südamerikanische Länder usw. drin. Vielleicht nicht ganz so zielführend, zielführender dort sind die Kosten, die die Bankenkrise in den 80er, 90er Jahre in den USA vorgerufen hat und das waren rund 4 Prozent des GDPs und wenn man heute mal 4-5 Prozent des GDPs ansetzt kommt man eigentlich relativ genau auf die 700 Milliarden, die jetzt im Gespräch stehen. "

    Diese Investition in die Krisenbeseitigung scheint sich zu lohnen. Die Angst, die Folgen unterlassener Hilfeleistung seien noch gefährlicher, ist das zentrale Argument. Von einer Pleite der staatlich geretteten amerikanischen Versicherung AIG wären Millionen von Verbrauchern betroffen gewesen. In ihren Altersversicherungen, ihren Rentenversicherungen, ihren Unfallversicherungen. Auch ausländische Banken hätten das kräftig gespürt, weil sie einen Teil ihrer Kreditrisiken bei der AIG gegen Ausfälle versichert hatten. Mehr noch als der Ausfall einer einzelnen Versicherung würde der Zerfall eines ganzen Bankensystems auf die Finanzwirtschaft der Welt wirken. Denn, so Professor Olaf Stotz, Banken seien heute sehr viel stärker international verflochten als noch vor zehn Jahren. Das zeige sich an vielen Beispielen:

    " Banken halten untereinander viel mehr Verflechtung, sei es jetzt im Derivatenmarkt, sei es jetzt in anderen Finanzinstrumenten. Man kann es aber auch an Pensionssystemen sehen, wo Pensionsfonds weltweit Geldanlagen halten, dass heißt, die Verflechtung ist viel, viel stärker, dementsprechend sind auch die Auswirkungen, wenn es ein System insbesondere dem größten schlecht geht auf die anderen entsprechend groß. "

    Die Finanzminister dieser Welt greifen das auf - notgedrungen. So rechtfertigte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück heute im Bundestag die Rettung der IKB, begrüßte er die Rettungspläne der amerikanischen Regierung und benutzte dazu beinahe das Vokabular eines Notarztes:

    " Wie bei einem Patienten, der unter akuten Kreislaufproblemen leidet, kommt es auch bei einer Finanzmarktkrise im Rahmen des akuten Krisenmanagements. Angesichts der in den letzten Tagen zugespitzten Situation in den USA, hat die US-Regierung eine Reihe von Stabilisierungsmaßnahmen beschlossen, die ich ausdrücklich begrüße, jenseits meines kritischen Blicks zurück was in der Vergangenheit versäumt worden ist. Das war mit dem Ziel richtig, den Kollaps des US-Finanzmarktes und damit schlimmeres auch für andere Länder oder andere Regionen zu verhindern. "

    Dass es zu einem Zusammenbruch des gesamten Wirtschaftskreislaufes käme, wenn der Geldkreislauf unterbrochen würde, das ist Ökonomen klar. Olaf Stoz darüber, was wäre, wenn das 700 Milliarden-Dollar-Programm nicht käme und das amerikanische Bankensystem sich selbst überlassen bliebe. Kurzfristig sänken die Aktienkurse, brächen die Börsen ein. Mehr noch:

    " Langfristig kann es durchaus realwirtschaftlich höhere Auswirkungen haben, wenn so ein Programm nicht kommt, die Finanzmärkte sich kurzfristig destabilisieren, und entsprechend langfristig sich nicht stabilisieren können. Dann wird das auch auf die Realwirtschaften Auswirkungen haben. Es könnte dann zu einer Kreditklemme kommen, weil das ganze Bankensystem dann nicht mehr rund läuft, die Kreditvergabe wird stocken. Es könnte dazu kommen, dass die, Altersvorsorgesysteme von vielen Ländern, die ja mittlerweile Kapitalmarktorientiert zum großen Teil sind, dass das Auswirkungen hat insgesamt hat auf die Realwirtschaft, dass kann aber auch auf die Wirtschaft insgesamt mit den Wachstumsraten sich negative auswirken. "

    Kein Wunder also, was der deutsche Finanzminister heute dem Parlament dargelegt hat: dass die Wachstumsraten sinken, die Arbeitslosenraten mit zeitlicher Verzögerung wieder steigen und die Steuereinnahmen womöglich zurück gehen werden. Wie dramatisch es wäre, wenn die Amerikaner ihr Finanzsystem nicht stabilisiert bekämen, zeigt vielleicht auch, wie niedrig die Erwartungen sind für den Fall, dass das Programm greift. Jens Ehrhardt, Chef der gleichnamigen großen Vermögensverwaltung ist jedenfalls sehr skeptisch auch für diesen Fall:

    " In den USA, das ist immer noch rund ein viertel der Weltkonjunktur, sehe ich eigentlich gerade auch längerfristig, fünf Jahre oder länger, kann ich erhebliche Probleme und Wachstumseinbrüche oder sogar absolute Rückgänge, dass wir hier gerade längerfristig glaube ich doch in Europa einige Belastungen von der Seite verkraften müssen, und es wird schwer sein, dass durch Exporte Richtung Ost-Europa oder Asien auf die Dauern ausgleichen zu können. "

    Und es bleibt noch dieses Risiko: Auch die letzten Krisen, etwa die nach dem 1. September 2001, wurden mit massiver staatlicher Hilfe und viel Notenbankgeld aus der Welt geschafft. Im Nachhinein hat sich das als die Keimzelle der aktuellen Krise erwiesen.


    Interview mit Jan Hagen
    Ursula Welter: Wenn die Märkte mit Massenmeinungen konfrontiert werden, wird es schwierig. Wie klug war es also vom amerikanischen Präsidenten, in der vergangenen Nacht von einer drohenden Panik zu sprechen? Jan Hagen ist Dozent an der European School of Management and Technology in Berlin - kann das Wort "Panik" krisenverstärkend wirken?


    Jan Hagen: Panik kann in der Tat Krisen verstärkend wirken. Er hat aus meiner Sicht viel zu lange gezögert, die Dramatik der Situation an den Finanzmärkten einer breiten Öffentlichkeit in den USA zu kommunizieren und ist in der jetzigen Situation offensichtlich über das Ziel hinausgeschossen mit seiner Wortwahl. Ich glaube, er wollte klarmachen, dass es eine Krise ist, und die Notwendigkeit für sein Hilfspaket für die amerikanischen Banken unterstreichen. In der Wortwahl ist er aber deutlich über das hinausgeschossen, was der US-Finanzminister oder auch der Gouverneur der amerikanischen Zentralbank gesagt hat, die in ihrer Wortwahl deutlich zurückhaltender waren. Also insofern muss man sagen, das Wort schon gefährlich. Ich glaube, gerade vor dem Hintergrund, dass das Wort "Panik" eben auch dazu führen kann, dass es bei Anlegern jetzt eine sogenannte self-fulfilling prophecy auslösen kann, sprich, dass das, was im Moment besprochen wird, durch das Kommunizieren tatsächlich erst ausgelöst wird.

    Welter: Das heißt, es ist Psychologie in jedem Fall im Spiel. Wie sehr richten denn Anleger ihr Verhalten an allgemeinen Stimmungen und an einer rhetorischen Zuspitzung, wie wir sie jetzt erleben, aus?

    Hagen: Also Anleger zum einen, die Anleger an den Kapitalmärkten, an den Börsen, die sind sicherlich schon sehr viel länger jetzt mit den Problemen konfrontiert und werden wahrscheinlich ein differenzierteres Verhalten an den Tag legen und alleine aufgrund des Worts "Panik" jetzt nicht unbedingt Krisenreaktionen auslösen. Ich glaube, sehr viel differenzierter muss man das sehen, wenn man die Einleger bei Banken, sprich die Sparer sieht. Hier, glaube ich, ist es in der Tat gefährlich, eine Bankenpanik herbeizureden. Gott sei Dank gibt es ja über die Einlagensicherung ein breites Netz, was Anleger absichern soll. Gleichwohl muss man eben feststellen, dass bei einer hektischen Kommunikation von Problemen durchaus panische Reaktionen eintreten können, wie man sie zuletzt in Großbritannien gesehen hat, wo Northern Rock mit einem Run seiner Anleger konfrontiert war, nur weil eine sehr unglückliche Kommunikation von der britischen Regierung erfolgt ist und obwohl man durchaus Garantien von staatlicher Seite gegeben hat, aber in einer sehr unklaren Form, und dass bei Anlegern in der Tat die panischen Reaktionen ausgelöst hat, die man eigentlich vermeiden wollte.

    Welter: Also das Gefährliche in einer solchen Situation wäre, dass durch die Wortwahl eine Art Herdentrieb ausgelöst würde?

    Hagen: Ich glaube, die Gefahr muss man ganz klar sehen. Ob sie jetzt alleine durch die jüngsten Äußerungen ausgelöst wird, ich hoffe mal, dass das nicht der Fall sein wird, aber die Tat, die Wortwahl ist sehr kritisch. Und noch mal, die Problematik der Wortwahl ist ja insbesondere denen, die mit dieser Krise schon länger zu tun haben, deutlich bewusst. Paulson und Ben Bernanke haben sehr viel vorsichtiger in dieser Krise bisher kommuniziert.

    Welter: Nun war diese Rede sicherlich an die Kongressabgeordneten gerichtet, die noch zögern, das Hilfspaket zu schnüren. Aber grundsätzlich stellt sich ja die Frage, wie die amerikanische Öffentlichkeit auf dramatische Appelle reagiert. Reagiert sie anders als etwa das europäische Publikum, etwa wie nach dem 11. September in dem Sinne, jetzt erst recht, wir schaffen das?

    Hagen: Ja, ich glaube schon. In Amerika ist, glaube ich, ein deutlich höheres Marktzutrauen festzustellen, und in Amerika wird auch das Scheitern, also sprich der Zusammenbruch eines Unternehmens, eher akzeptiert, als das in Europa der Fall ist. Auch wenn das manchmal sehr schmerzhafte Konsequenzen hat. Interessant ist es, dass zum Beispiel die Verstaatlichung jetzt von dem Versicherungskonzern AIG vielfach sehr kritisch in Amerika kommuniziert wurde, ungefähr in dem Sinne: Es werden jetzt die Verluste des großen Versicherungskonzern auf die Allgemeinheit übergeschlagen und im Prinzip eigentlich schon eine Sozialisierung, also eine Art Sozialismus, ich glaube, das ist die große Sorge in den USA, damit schon eingeleitet. Insofern sieht man das sehr viel kritischer, als das vielleicht in Europa ist, wo man eher gewohnt ist, dass staatliche Interventionen zum Alltag gehören.

    Welter: Wenn wir aber auch auf die Reaktionen des europäischen, durchaus verunsicherten Publikums schauen, spielt da auch Erfahrung eine Rolle, etwa der Deutschen, die ja Geld- und Vermögensvernichtung in ihrer Geschichte erlebt haben.

    Hagen: Ja, das ist ganz klar. Allerdings muss man auch sagen, dass auch Amerika ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Also die Vermögensvernichtung war in den 30er-Jahren sowohl in Deutschland als auch in den USA extrem. Beide Länder haben mit massiven Problemen ihrer Banken zu tun gehabt. Es sind viele Banken damals zusammengebrochen, Sparer haben ihr Geld verloren. Die Amerikaner haben damals sehr viel konsequenter, als es die Deutschen auch in der Nachkriegszeit noch gemacht haben, eine Einlagensicherung eingeführt und im Prinzip damit ein Grundnetz geschaffen, mit dem man Sparer sichert, aber eben auch zulässt, dass Institutionen durchaus zusammenbrechen können und Aktionäre dann auch die Verluste tragen müssen. Also schon diese Unterscheidung zwischen Aktionären und Sparern ist dort sehr konsequent vorgenommen worden, und ich denke, das ist so etwas, was in Deutschland ein bisschen in den Hintergrund geraten ist, zumal man ja auch, und das ist vielleicht so der andere Punkt, auch in Deutschland in der Diskussion ja bisher noch viel zu wenig darauf eingegangen ist, dass gerade staatliche Institutionen ganz besonders von den Problemen der Finanzmärkte betroffen sind, das heißt, der Staat gerade nicht ein besonders guter Spieler an den Finanzmärkten ist
    Beitrag von Brigitte Scholtes


    Gerade staatliche Institute waren keine soliden Spieler an den Märkten. Wie weit trägt also die Beruhigung des Bundesfinanzministers von heute, dass kein deutscher Sparer um sein Geld bangen müsse? Brigitte Scholtes hat nach Antworten gesucht:

    Die Finanzkrise hat seit dem letzten Jahr auch unter den deutschen Banken erhebliche Spuren hinterlassen. Zu Beginn der Krise, im Sommer vorigen Jahres, sah es sogar so aus, als sei Deutschland besonders stark betroffen. Schließlich geriet als eines der ersten Institute die Mittelstandsbank IKB in Schieflage, sie musste in mehreren Aktionen stabilisiert werden - und wurde schließlich vor wenigen Wochen an den amerikanischen Finanzinvestor Lone Star für 150 Millionen Euro verkauft. Die öffentlichen Landesbanken traf es stärker als die privaten Banken: Die SachsenLB musste sich unter das Dach der Landesbank Baden-Württemberg flüchten, weil sie sich mit faulen Hypothekenpapieren verzockt hatte, auch die BayernLB musste hohe Belastungen eingestehen, über das Schicksal der WestLB ist noch nicht endgültig entschieden. Doch insgesamt sind die deutschen Banken sicher, sagt Bundesbankpräsident Axel Weber:

    " Die deutschen Banken haben sich in den letzten Jahren in ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Stocks verbessert. In sofern gehen wir davon aus, dass das deutsche Finanzsystem robust ist und auch das deutsche Bankenmodell sich eigentlich bewährt hat. "

    Doch ohne Blessuren sind die deutschen Banken bisher nicht durch die Krise gekommen. Die Wertberichtigungen belaufen sich schon jetzt auf mehrer Milliarden Euro. Weitere Belastungen drohen mit der Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers, denn da geht es wieder um Millionen-Engagements, Lehman war bis vor einem halben Jahr immerhin eine angesehene Bankadresse, in deren Papiere man gern investierte.

    Die Sicherungseinrichtung muss also nicht einspringen und das Geld der Kunden retten. Jede der drei Säulen des deutschen Bankensystems hat eine solche Sicherungseinrichtung, und im Fall der privaten Banken ist sie in den letzten Jahren auch immer mal wieder eingesprungen, um den Kunden ihre Einlagen zu erstatten, etwa bei der Insolvenz der Schmitt-Bank oder der Gontard- und Metallbank. Ein beruhigendes Signal, meint Klaus Nieding, Landesgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:

    " All diese Fälle zeigen, dass der Einlagensicherungsfond punktuell in der Lage ist, Bankinsolvenzen ordnungsgemäß abzufedern und auszugleichen. Ob er allerdings in der Lage ist, einen Totalzusammenbruch dieses Systems abzufangen, das wäre dann noch zu prüfen und abzuwarten, was wir hoffentlich nicht erleben. Aber man muss ja eines ganz klar sagen, der Totalzusammenbruch des deutschen Finanzsystems steht nicht bevor und ist sicherlich auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas eintritt, liegt sicherlich im astronomischen Bereich, also hier ganz deutlich: Keine Panikmache, kein Grund zur Sorge, keine Angst. "

    Stressresistenz bescheinigen viele Experten dem deutschen Bankenmarkt auch wegen des dreigliedrigen Systems von Sparkassen, Volksbanken und privaten Banken. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken decken gut drei Viertel des deutschen Marktes ab und versorgen vor allem den kleinen Mittelstand und die Privatkunden mit Bankdienstleistungen. So meint auch BVR-Vorstand Gerhard Hofmann:

    " Natürlich weiß man nicht, welchen Verlauf diese Krise weiterhin nimmt. Ich würde heute nicht sagen wollen, wir haben das Tal der Tränen durchschritten. Aber ich bin zuversichtlich, dass das deutsche Bankensystem diese relative Stärke und auch die Stabilität, die es bisher hatte natürlich auch mit der Begeleitung der Notenbank und mit den Aufsichtsbehörden auch weiterhin zeigen kann. So dass wir relativ betrachtet noch einigermaßen gut durch diese Krise hindurch kommen und nicht vergleichbare Schäden haben, wie sie etwa in den Vereinigten Staaten auftreten werden. "

    Eine Lehre aus der Krise aber ist jetzt schon absehbar: Die Aufsicht über das Finanzsystem wird verschärft -weltweit. Die Banken werden stärker reguliert, sie müssen ihre Kredite künftig höher mit Eigenkapital unterlegen und sie vollständig auf ihre Bilanz nehmen. Denn den Selbstverpflichtungserklärungen allein vertrauen die Politiker nicht mehr - wohl zu recht. Das sehen auch die Finanzinstitute ein, sagt Gerhard Hofmann, Vorstand des genossenschaftlichen BVR:

    " Man muss ja sehr behutsam vorgehen, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet und Regulierungen wirklich nur dort bringt, wo sie eine Verbesserung bringen, wo sie helfen, künftige Krisen weniger wahrscheinlich zu machen, und wo sie helfen, wenn denn eine Krise auftritt, die Folgen einer solchen Krise leichter beherrschbar zu machen als das, was wir jetzt sind. Dann darin sind sich alle einig. Eine solche Krise, wie wir sie jetzt haben, die das Weltfinanzsystem schon fast an den Abgrund bringt, die darf sich nicht wiederholen. "