Wenn sich Stars wie Beyoncé oder Emma Watson als Feministinnen deklarieren, schafft das ein Bewusstsein auf breiter Basis. Doch jeder symbolische Erfolg führt zur Frage nach praktischen Konsequenzen und schafft damit Verpflichtungen, weiß Andi Zeisler.
"Feminismus wird immer mehr eine persönliche Identität, die Leute für sich reklamieren. Wenn man etwas als Identität annimmt, heißt das, dass keine politische, soziale oder Gemeinschaftsarbeit mehr zu tun ist."
Aus ihrem kleinen "Bitch"-Heftchen ist heute ein Magazin und eine Website geworden: "Bitch Media". Der feministische Fokus auf Popkultur ist gleich geblieben, Themen gibt es genug.
"Ich denke, es gibt heute mehr Popkultur denn je, durch Internet, Social Media, Streaming, Podcasts, die Leute kriegen eine viel größere Bandbreite als vor 20 Jahren, als es bloß ein paar TV Kanäle und ein paar große Plattenfirmen gab, und man viel mehr suchen musste nach Alternativen abseits des Mainstreams."
Vor 20 Jahren konnte man aber auch fündig werden abseits des Mainstreams: Die "Riot Grrrls", auf die sich Andi Zeisler in ihrem Buchtitel bezieht, beanspruchten in den frühen 90ern in den USA ihren Platz im Rampenlicht.
"Riot Grrrl war eine explizit politische Subkultur. Junge Frauen, die für sich die 'Girl Power' reklamierten. Da gab es Bands, Kunstprojekte, Magazine, und all das was ausgesprochen feministisch, ausgesprochen antikapitalistisch, total in Sinne der klassischen Punk-Ideale.
Aber die Medien konnten damit nichts anfangen: Die Riot Grrrls wollten keine Stars sein, sie wollte nur ihr Ding machen!
Die Musikindustrie transformierte die "Girl Power" der Riot Grrrls und machte daraus die "Spice Girls".
Allerdings stieg aus dem Umfeld der "Riot Grrrls" Courtney Love zum Star auf, die jedoch keine feministische Agenda verfolgte: Sie wollte einfach ein Rockstar sein, so wie auch ihre männlichen Kollegen: wild, exzessiv, selbstzerstörerisch.
Müssen Frauen in der Musik für etwas stehen?
"Sie ärgerte sich wohl über die Idee, dass Frauen in der Musik immer für etwas stehen mussten. Sie dachte sich, warum soll ich mich für alle Frauen einsetzen, wenn ich eigentlich nur rocken will. Weibliche Musiker werden immer gleich als die neue Leitfigur gesehen, Männern passiert das nicht in dem Ausmaß."
Dass Personen in der Öffentlichkeit zur Projektionsfläche der Vorstellungen des Publikums werden und ihr Image nur bedingt kontrollieren können, betrifft beide Geschlechter. Frauen aber werden in weit stärkerem Ausmaß an normativen Kriterien gemessen und schneller verurteilt.
Dagegen wehren sich Künstlerinnen wie Lena Dunham in Fernsehserien oder Amy Schumer auf der Bühne. Sie geben sich schamlos und selbstbewusst, bemühen sich um keinerlei Ausgleich durch perfekte Schönheit, sondern setzen auf feministische Attitüde und Witz. Damit kommen sie gut an beim Publikum an.
Zwar ist eine Kernbotschaft von Andi Zeisler, dass Feminismus niemals nur Spaß sein kann. Die alte Regel, dass Frauen nicht lustig wären, scheint aber aufgehoben.
"Comedy war immer eine gute Plattform für gesellschaftskritische Arbeit, denn die Leute verstehen besser, wenn sie lachen. Und so sehen wir viel mehr feministische Comedy, das liegt daran, dass mehr Frauen an den entscheidenden Stellen sitzen, deswegen sehen wir mehr lustige Frauen."
Der Wandel in den Führungsebenen der amerikanischen Medienbranche darf als Verdienst des Feminismus früherer Jahrzehnte verbucht werden. Solche Zusammenhänge werden gern vergessen, wenn jüngere, erfolgreiche Zeitgenossinnen meinen, für sie hätte der Feminismus keine Bedeutung mehr.
"Auch das müssen wir akzeptieren, dass es Frauen gibt, die ignorieren, auf wessen Schultern sie stehen. Das mag eine Generationsfrage sein, aber es wohl menschlich, dass alle glauben möchten, sie hätten alles nur erreicht, weil sie gut sind, talentiert oder hart arbeiten."