Brustkrebs ist nicht das einzige Gesundheitsproblem, das sich die Hormonnutzerinnen einhandeln können. Bereits im ersten Jahr der Einnahme erhöht sich die Zahl der tiefen Bein- und Beckenthrombosen, Frauen leiden unter mehr Schlaganfällen und Herzinfarkten. Detailauswertungen der WHI-Studie zeigen auch, dass sich das Risiko, dement zu werden verdoppelt. Der von Ärzten versprochene Effekt, dass die Frauen, die Hormone schlucken, geistig wendiger bleiben, bestätigte sich nicht – im Gegenteil: Sie hatten sogar ein etwas schlechteres Gedächtnis und mehr Probleme bei der Wortfindung. Auch der positive Effekt auf die Lebensqualität ist geringer als bisher angenommen. Dagegen kann die Hormontherapie akute Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen lindern helfen. Allerdings zeigte die WHI-Studie, dass auch in der Gruppe der Frauen, die nur Zuckerpillen verabreicht bekamen, diese Befindlichkeitsstörungen ebenso, wenn auch in geringerem Ausmaß abnahmen. Das heißt: der Placeboeffekt der Hormongaben spielt möglicherweise eine größere Rolle als bisher vermutet. Und was ist mit der Osteoporose- Prävention? Schließlich litten In der WHI-Studie die Hormonnutzerinnen etwas weniger an Knochenbrüchen. Der medizinische Dachverband Osteoporose hält inzwischen wegen der zahlreichen anderen Gesundheitsrisiken die Hormontherapie für ungeeignet, Knochenschwund oder -Brüchen vorzubeugen.
Die deutsche Arzneimittelbehörde (BfaRM) leitete in diesem Frühjahr ein Stufenplanverfahren ein, mit dem Ziel die Indikation Osteoporose zurückzunehmen. Außerdem rät die Behörde zur Vorsicht. Die Hormonpräparate sollen nur noch bei starken Wechseljahrsbeschwerden und nicht länger als zwei Jahre verordnet werden. Sie verpflichtete die Hormonhersteller, in die Beipackzettel Risikohinweise aufzunehmen und will noch in diesem Jahr die Fachinformation für die Mediziner verändert wissen. Mal sehen, ob dies hilft den hartnäckigen Östrogenmythos aufzubrechen, sowohl bei den deutschen Ärzten und Ärztinnen als auch bei ihren Patientinnen.
Über das Thema Hormontherapie sprach Martin Winkelheide in der "Sprechstunde" mit Professor Ricardo Felberbaum von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Schleswig Holstein, in Lübeck.
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