Eine Eckkneipe in Drancy, nordöstlich von Paris. Karim und Tufik stehen im Freien und trinken ein Bier. Die beiden Männer wurden in Frankreich geboren, ihre Eltern aber sind vor mehr als 30 Jahren aus Algerien eingewandert. Für Karim steht fest:
"Wenn ein Ausländer seit Jahrzehnten in Frankreich lebt und hier Steuern zahlt, dann sollte er auch wählen dürfen."
So wie der junge Lieferfahrer dachte vor einem Jahr noch eine knappe Mehrzahl der Franzosen, sagt Jerôme Fourquet vom Umfrageinstitut IFOP. Aber inzwischen hat sich die Stimmung gedreht.
"Unsere jüngsten Umfragen zeigen, dass eine breite Mehrheit der Franzosen, über 60 Prozent, gegen ein kommunales Wahlrecht für nicht-europäische Ausländer ist. Die Meinung ist umgekippt."
Allerdings nur bei konservativ und rechts denkenden Franzosen. Die linken Wähler befürworten die Einführung des Ausländerwahlrechts noch immer, räumt Jerome Fourquet ein.
Sein Umfrageinstitut hat ermittelt, warum sich die Fronten verhärtet haben. Ein Grund ist die Wirtschaftskrise. Sie weckt Zukunftsängste und senkt die Toleranzbereitschaft vieler Menschen. Ganz erheblichen Einfluss habe aber auch der Rechtsruck des ehemaligen Staatspräsidenten gehabt, sagt Fourquet.
"In der Endphase des Wahlkamps ist Nicolas Sarkozy mit diesem Thema auf Stimmenfang gegangen. Er hat erklärt: Über das Ausländerwahlrecht wolle sich die Linke eine neue Wählerklientel schaffen. Damit konnte er einen Teil der Front-National-Wähler auf seine Seite ziehen."
Es war ein Sinneswandel: 2001 und erneut 2005 als Chef der konservativen UMP hatte sich Nicolas Sarkozy noch persönlich für ein Ausländerwahlrecht ausgesprochen.
Mittlerweile ist die UMP in der Opposition – und versucht dort das sensible Thema für sich zu nutzen. Nachdem 77 sozialistische Parlamentsabgeordnete Staatspräsident Francois Hollande öffentlich aufgefordert haben, sein Versprechen rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2014 wahr zu machen, hat die UMP jetzt eine Petition gegen das Ausländerwahlrecht gestartet. Mehr als 170.000 Bürger haben bereits unterschrieben. Ein Argument der Partei: Wer wählen will, soll eben Franzose werden.
Aber das sei für die Betroffenen nicht immer einfach, meint Tufik, der französische Sohn algerischer Einwanderer in Drancy - weil die Kolonialgeschichte und der Algerienkrieg bis heute nicht aufgearbeitet sind.
"Unsere Eltern sind stolz auf ihre Herkunft. Sie können die komplizierte Geschichte der beiden Länder nicht einfach so beiseiteschieben. Das ist die Wahrheit."
Nabil Mati ist Vorsitzender eines Vereins, der sich für die Integration und das staatsbürgerliche Engagement der arabisch-muslimischen Bevölkerung einsetzt. Er weiß, dass es für die Einwanderer auch aus rein praktischen Gründen schwierig ist, die Einbürgerung zu beantragen.
"Wir erhalten oft Beschwerden von Menschen, die um Vier Uhr früh aufgestanden sind, weil sie auf der Präfektur die Unterlagen dafür abholen wollten. Aber dort stoßen sie auf Warteschlangen von 200 bis 300 Menschen. Das Ganze ist ein Hindernislauf. Wenn Frankreich wirklich will, dass sich die Einwanderer integrieren, dann könnte die Präfektur doch auf sie zugehen. Die Behörde könnte alle, die schon seit 10 oder 15 Jahren im Land sind, anschreiben und sie auffordern, Franzosen zu werden. Das würde den Kontakt zwischen der Verwaltung und den Betroffenen erleichtern."
Vor 31 Jahren hat der Sozialist Francois Mitterrand den Ausländern in Frankreich erstmals das kommunale Wahlrecht versprochen. Heute hat die Linke alle Hebel der Macht. Dennoch wäre es für die Regierung sehr riskant, wenn sie jetzt versuchen würde, ihr Versprechen auch tatsächlich durchzuboxen, meint der Politologe und Meinungsforscher Jerome Fourquet.
"Die linke Regierung könnte vor allem bei den sozial schwächer gestellten Bürgern den Eindruck erwecken, dass sie sich mehr um gesellschaftliche Fragen kümmert, als um die drängenden Wirtschaftsprobleme wie Verlust der Kaufkraft und Arbeitslosigkeit."
In diesem Kontext könnte der Einsatz für ein Ausländerwahlrecht dem ohnehin schon angeschlagenen Ansehen von Präsident und Regierung erheblich schaden.
"Wenn ein Ausländer seit Jahrzehnten in Frankreich lebt und hier Steuern zahlt, dann sollte er auch wählen dürfen."
So wie der junge Lieferfahrer dachte vor einem Jahr noch eine knappe Mehrzahl der Franzosen, sagt Jerôme Fourquet vom Umfrageinstitut IFOP. Aber inzwischen hat sich die Stimmung gedreht.
"Unsere jüngsten Umfragen zeigen, dass eine breite Mehrheit der Franzosen, über 60 Prozent, gegen ein kommunales Wahlrecht für nicht-europäische Ausländer ist. Die Meinung ist umgekippt."
Allerdings nur bei konservativ und rechts denkenden Franzosen. Die linken Wähler befürworten die Einführung des Ausländerwahlrechts noch immer, räumt Jerome Fourquet ein.
Sein Umfrageinstitut hat ermittelt, warum sich die Fronten verhärtet haben. Ein Grund ist die Wirtschaftskrise. Sie weckt Zukunftsängste und senkt die Toleranzbereitschaft vieler Menschen. Ganz erheblichen Einfluss habe aber auch der Rechtsruck des ehemaligen Staatspräsidenten gehabt, sagt Fourquet.
"In der Endphase des Wahlkamps ist Nicolas Sarkozy mit diesem Thema auf Stimmenfang gegangen. Er hat erklärt: Über das Ausländerwahlrecht wolle sich die Linke eine neue Wählerklientel schaffen. Damit konnte er einen Teil der Front-National-Wähler auf seine Seite ziehen."
Es war ein Sinneswandel: 2001 und erneut 2005 als Chef der konservativen UMP hatte sich Nicolas Sarkozy noch persönlich für ein Ausländerwahlrecht ausgesprochen.
Mittlerweile ist die UMP in der Opposition – und versucht dort das sensible Thema für sich zu nutzen. Nachdem 77 sozialistische Parlamentsabgeordnete Staatspräsident Francois Hollande öffentlich aufgefordert haben, sein Versprechen rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2014 wahr zu machen, hat die UMP jetzt eine Petition gegen das Ausländerwahlrecht gestartet. Mehr als 170.000 Bürger haben bereits unterschrieben. Ein Argument der Partei: Wer wählen will, soll eben Franzose werden.
Aber das sei für die Betroffenen nicht immer einfach, meint Tufik, der französische Sohn algerischer Einwanderer in Drancy - weil die Kolonialgeschichte und der Algerienkrieg bis heute nicht aufgearbeitet sind.
"Unsere Eltern sind stolz auf ihre Herkunft. Sie können die komplizierte Geschichte der beiden Länder nicht einfach so beiseiteschieben. Das ist die Wahrheit."
Nabil Mati ist Vorsitzender eines Vereins, der sich für die Integration und das staatsbürgerliche Engagement der arabisch-muslimischen Bevölkerung einsetzt. Er weiß, dass es für die Einwanderer auch aus rein praktischen Gründen schwierig ist, die Einbürgerung zu beantragen.
"Wir erhalten oft Beschwerden von Menschen, die um Vier Uhr früh aufgestanden sind, weil sie auf der Präfektur die Unterlagen dafür abholen wollten. Aber dort stoßen sie auf Warteschlangen von 200 bis 300 Menschen. Das Ganze ist ein Hindernislauf. Wenn Frankreich wirklich will, dass sich die Einwanderer integrieren, dann könnte die Präfektur doch auf sie zugehen. Die Behörde könnte alle, die schon seit 10 oder 15 Jahren im Land sind, anschreiben und sie auffordern, Franzosen zu werden. Das würde den Kontakt zwischen der Verwaltung und den Betroffenen erleichtern."
Vor 31 Jahren hat der Sozialist Francois Mitterrand den Ausländern in Frankreich erstmals das kommunale Wahlrecht versprochen. Heute hat die Linke alle Hebel der Macht. Dennoch wäre es für die Regierung sehr riskant, wenn sie jetzt versuchen würde, ihr Versprechen auch tatsächlich durchzuboxen, meint der Politologe und Meinungsforscher Jerome Fourquet.
"Die linke Regierung könnte vor allem bei den sozial schwächer gestellten Bürgern den Eindruck erwecken, dass sie sich mehr um gesellschaftliche Fragen kümmert, als um die drängenden Wirtschaftsprobleme wie Verlust der Kaufkraft und Arbeitslosigkeit."
In diesem Kontext könnte der Einsatz für ein Ausländerwahlrecht dem ohnehin schon angeschlagenen Ansehen von Präsident und Regierung erheblich schaden.