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Ritterschlag für Charlie Chaplin
Die wichtigste Auszeichnung seines Lebens

Seine Filmpremieren waren immer ein Ereignis. In den 1920er-Jahren avancierte er zum berühmtesten Weltstar seiner Zeit: Charlie Chaplin. Doch als größte Ehre empfand der britische Filmemacher seinen Ritterschlag am 4. März 1975 in London. In den USA, wo er 40 Jahre lebte, blieb er hingegen immer umstritten.

Von Christian Berndt |
    Aufnahme des englischen Schauspielers, Regisseurs, Drehbuchautors und Produzenten Charlie Chaplin als "Tramp".
    Heute vor 40 Jahren wurde Charlie Chaplin von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen. (picture alliance / dpa / UPI)
    "An investiture at Buckingham Palace, when the nation honours its sons and daughters. Today a knighthood for a little man with a cane: Charlie Chaplin."
    Die BBC berichtet über eine besondere Ehrung im Buckingham Palace, die einem kleinen Mann mit Stock zuteil wurde: Charlie Chaplin. Königin Elisabeth II. hat den 85-Jährigen zum "Knight Commander of the British Empire" geschlagen. Die Presse fragte ihn nach dem Ritterschlag, wie der Tag nun weitergehe: "Are you going to celebrate? – Well, I'll get drunk."
    Seine legendäre Rolle des Tramps durch Kindheit in Armut geprägt
    Die saloppe Antwort, sich zu betrinken, war keinesfalls respektlos gemeint. Die Erhebung in den Adelsstand am 4. März 1975 nannte der in bitterster Armut in London aufgewachsene Filmemacher die wichtigste Auszeichnung seines Lebens. 1889 war Chaplin als Sohn zweier Varietékünstler geboren worden. Durch die Trennung der Eltern und eine schwere Nervenerkrankung der Mutter rutschte die Familie ins Elend. Der Vater starb am Alkohol, als Chaplin zwölf Jahre alt war, zeitweise war der Junge obdachlos und lebte von Abfällen. Chaplins legendäre Rolle des Tramps fand in dieser Zeit ihre Prägung, wie der Künstlerische Direktor der Deutschen Kinemathek in Berlin, Rainer Rother, meint: "Er hat ja vorher mit anderen Figuren auch experimentiert, aber in diesem Tramp, in diesem abgerissenen, aber doch würdevollen und im Benehmen fast aristokratischen Mann, gehen doch viele Beobachtungen ein, die aus seiner Kindheit kommen."
    Mit 14 Jahren schloss sich Chaplin einer Wanderbühne an. Als Zwanzigjähriger war er ein Bühnenstar, der mit seiner Truppe auf Tourneen bis in die USA ging. Dort entdeckte ihn 1913 der Produzent einer Kino-Slapstickserie. Chaplins einzigartiger Sinn für Timing und Publikumsgespür ließ ihn bald zum Kassenmagneten werden. Hinter dem Erfolg steckte aber auch harte Arbeit, wie Chaplin später sagte: "Es war nie leicht, wenn ich nach einem Gag suchte. Die Leute sagen immer, Sie sind ein sehr komischer Mensch. Aber ich bin ein sehr ernster Mensch. Ich bin oft verloren, wenn ich mir etwas ausdenken muss. Aber ich arbeite daran und schwitze es heraus. Deshalb brauche ich so viel Zeit für meine Filme. Denn es ist wichtig, die Leichtigkeit und Einfachheit zu erhalten."
    Den Zuschauern das Schicksal der Underdogs nahegebracht
    Mit 25 Jahren war Chaplin der bestbezahlte Filmkünstler der Welt. Für seinen Ruhm war aber nicht nur komödiantisches Talent verantwortlich, wie Rother erklärt: "Bei ihm kommt hinzu, dass er eine sehr eigene, humanistisch geprägte Sicht auf die Welt hatte. Und das bedeutet, er bringt den Zuschauern die so genannten Underdogs nahe und ihr Schicksal, in einer ganz eigenen Weise."
    Eher zufällig entwarf Chaplin die Rolle des Tramps mit ausgelatschten Schuhen, schäbigem Frack und Melone. Die Rolle machte ihn zum Weltstar, aber verschaffte ihm auch Feinde. Spätestens seit "Modern Times" von 1936 galt er konservativen Amerikanern als Kommunist. Das war der Sympathisant der Arbeiterbewegung nicht, aber seine Filme sezierten präzise die gesellschaftlichen Verhältnisse. Rother: "Ich glaube, er war ein politischer Filmemacher durch genaue Beobachtung, man sieht das ja an "Modern Times", wo die Fließbandarbeit die Verhältnisse in den großen Fabriken karikiert, aber auch bloßgestellt werden. Und man sieht das dann vor allem am großen Diktator, der nun ganz explizit von ihm als politische Stellungnahme gegen den Nationalsozialismus gemeint war."
    1940 kam "Der große Diktator" – seine grandiose Parodie auf Hitler – ins Kino. Die Vorbehalte gegen ihn wuchsen derweil, zumal Chaplin im Krieg für die Russlandhilfe eintrat und nie die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte. 1947 reagierte er nach einer Filmpremiere auf die Fragen, ob er ein Patriot sei, genervt: "Danke sehr, meine Damen und Herren von der Presse. Ich will Ihre Zeit nicht verschwenden. Fahren Sie ruhig fort mit der Schlachtung."
    Ritterschlag wichtiger als Oscar-Auszeichnung
    Als sich Chaplin 1952 zur Premiere seines Filmes "Limelight" in England aufhielt, erreichte ihn die Nachricht, dass man ihn bei Rückkehr in die USA zur Überprüfung der Einreiseerlaubnis internieren werde. Chaplin blieb in Europa. Erst 1972 reiste er noch einmal in die USA, um den Oscar für sein Lebenswerk entgegenzunehmen. Höhepunkt für ihn aber war der Ritterschlag 1975, zwei Jahre vor seinem Tod. Eigentlich hätte er ihn schon zwanzig Jahre vorher erhalten sollen, aber damals hatte die US-Regierung erfolgreich dagegen interveniert.