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Roboter als Schnittstelle von Mensch und Maschine

Bis zum Jahr 2013 wird jeder Haushalt in den Industrieländern mindestens einen Roboter haben. So prophezeit Microsoft-Gründer Bill Gates. Unter dem Motto "Maschinen für alle" steht die erste Ausgabe eines neues Festivals, das der Kunstverein Wolfsburg und das Wolfsburger Wissenschaftszentrum phaeno gegründet haben. Es heißt "Phaenomenale" und findet an drei Wochenenden statt.

Von Carsten Probst |
    Trotz des Namens: Die "Phaenomenale" ist sicher nicht der Ort, von dem man Wunderdinge erwarten sollte. Denn der Markt der digitalen Kunstfestivals ist eigentlich im deutschen Sprachraum gut bestellt mit den beiden Traditionseinrichtungen transmediale und ars electronica, dazu gibt es noch das ZKM in Karlsruhe oder neuerdings das digital arts museum in Berlin und viele kleinere Einrichtungen bundesweit. Das Wolfsburger "Phaeno" selbst glänzt durch die futuristische Architektur von Zaha Hadid, es wirkt wie ein Raumschiff, wenn auch aus Beton, aber es ist keine Einrichtung der elektronischen Avantgarde, sondern eher eine Erlebnislandschaft für die ganze Familie, gesponsert ganz maßgeblich übrigens von VW, wohl in der Absicht, den Wolfsburger Werktätigen ein Freizeitvergnügen zu gönnen. Allerdings möchte man schon auch überregional bekannter werden. Deshalb gibt es nun die Phaenomenale - ein Festival für "Maschinen für alle", wie es ein wenig im Sechziger-Jahre-Stil heißt. Auf den ersten Blick nichts anderes als eine aufgemotzte Promotion-Veranstaltung mit nicht sonderlich taufrischen Themenschwerpunkten: Roboter - Privatmaschinen (womit vor allem Spielecomputer gemeint sind) und Cyborgs. Das klingt alles irgendwie nach fünfzehn Jahren Verspätung. Aber der zweite Blick lohnt sich trotzdem.

    Tief im Wolfsburger Hinterland, jenseits der ICE-Trasse und der Panzerkreuzer-Kulisse des Volkswagenwerks, weit jenseits auch des Phaeno-Raumschiffes, schlummert das älteste Gebäude der Stadt, das der zweite Weltkrieg halbwegs verschont hat, das Schloß, welches passenderweise auch die ältesten Kunsteinrichtungen Wolfsburgs beherbergt, den Kunstverein und die Städtische Galerie. Den Kunstverein gibt es seit nahezu einem halben Jahrhundert, und innerhalb seiner dicken Mauern waltet seit einigen Jahren Kunstvereinsleiter Justin Hoffmann, der ein weitgereister Kenner der electronic art und ein ausgewiesener Medientheoretiker ist und auf allen großen Festivals bereits mitgespielt hat. Er hat im Kunstverein eine kleine, konzentrierte Ausstellung von Künstlern zusammengestellt, die sich auf sogenannte "art games" spezialisiert haben. Künstler, die also nicht einfach die Ästhetik von Computerspielen thematisieren, sondern selber Kunst-Spiele entwerfen. In den letzten Jahren ist daraus eine eigene Szene entstanden. Oft werden Klassiker der PC-Spielculture zitiert und verfremdet, wie Pong oder Super Mario. Der Italiener Antonio Riello hat etwa in eine klassische "Schiffe-Versenken"-Szenerie die Migrationsströme eingebaut, die immer wieder über das Mittelmeer an Italiens Küsten landen und funktioniert das Spiel zum politischen Statement um, indem der Spieler die ankommenden Flüchtlingsboote von der Küste aus mit einer Kanone abschießen kann. Das Künstlerpaar Jodi, eine der Entdeckungen auf der letzten transmediale, hackt sich in Ego-Shooter-Spiele ein und manipuliert die Software derartig, dass die Figuren und Räume zu wahrhaft surrealistisch-gespenstischen Welten verformen, als hätten Picasso und Dalí gleichermaßen Hand angelegt. Insgesamt sind meist aktuelle Arbeiten von zehn Künstlerinnen und Künstlern zu sehen, und man versteht, dass es hier durchaus um die Kehrseite der Game-Mania geht. Justin Hoffmann aber war es auch, der die Idee zur Phaenomenale hatte und sich mit den Leuten im schicken Raumschiffbau an der ICE-Trasse zusammengesetzt hat.

    Man wollte weniger den anderen electronic arts-Festivals Konkurrenz machen, als etwas eigenes ausprobieren, sagt Hoffmann. Man will auf diesem Festival spielerisch versuchen, kritische Positionen mit der Technik-Faszination, die das Phaeno normalerweise bedient, zusammenzubringen. Zwar werden die besonders kritischen, mitunter auch sarkastischen Positionen der "game-Künstler" im Kunstverein und nicht im Phaeno selbst gezeigt, aber das liegt vor allem auch daran, dass dort immer viele Kleinkinder zu den Besuchern zählen. Im übrigen ist die Wirkung der vielen kleinen technischen Skulpturen im Phaeno, an denen jeder nach Herzenslust herumexperimentieren kann, durchaus mit der Faszination zu vergleichen, den ein Besuch im Deutschen Museum in München auch auslöst. Der Grundgedanke, hier im Rahmen eines Festivals schonend Kunst- und Lernwelt einmal zusammenzubringen, hat also durchaus sehr viel für sich.

    Einstweilen finden im Phaeno freilich mehr Workshops, Konzerte und Diskussionen sozusagen im Hinterzimmer statt. Kinder können sich eigene kleine Roboter oder andere Maschinen bauen, ein bißchen wie Technikunterricht an der Schule. Es wird aber auch diskutiert und präsentiert, während jedoch im Hauptsaal der normale Wochenendfamilienbetrieb weiterläuft. Das Konzept noch ist ausbaufähig, Kunst und Technik könnten auch hier noch viel weiter zusammenrücken, und viele der Präsentationen aus dem Kunstverein könnten hier problemlos auch im Phaeno gezeigt werden, wenn man für die drei Wochenenden im Jahr, an denen das Festival stattfindet, das Publikum vorab entsprechend informiert und die Allerjüngsten vielleicht einmal zu Hause lässt. Dann aber wäre die Phaenomenale sogar auf mehreren Ebenen fortschrittlich.