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Roboter überall und für alle
Die Internationale Konferenz für Robotik und Automation ICRA

Wenn man an Roboter denkt, dann stellt man sich meistens eine Maschine vor, die aus Metall besteht und eine menschenähnliche Gestalt besitzt. Ein Blechkamerad eben. Seit einigen Jahren aber setzt die Forschung immer mehr auf sogenannte weiche Roboter, also auf feinfühlige Konstrukte, die zum Beispiel ihre Form wechseln können. Auch wenn sie äußerlich nicht unbedingt an Menschen erinnern, so teilen sie mit uns doch einige besondere Fähigkeiten, wie auf einer Robotik-Konferenz, die zurzeit in Stockholm stattfindet, zu lernen ist.

von Maximilian Schönherr |
    Zwei Roboter, fotografiert auf der Roboter Messe Hamburg. Einer hält ein Mikrofon in der Hand.
    Maximilian Schönherr war für den Deutschlandfunk auf der Robotikmesse in Stockholm (Deutschlandradio.de/A. Schröder)
    Die ICRA gehört zu den größten Robotikveranstaltungen der Welt. Die "Internationale Konferenz für Robotik und Automation", wie sie ausgeschrieben heißt, nimmt in Stockholms neuem Konferenzzentrum direkt neben dem Hauptbahnhof fünf Etagen ein.
    Ganz unten – ich blicke gerade darauf – finden die Roboterwettbewerbe statt, in den drei großen Sälen weiter oben die Keynote-Reden über den aktuellen Stand der Robotik, zum Beispiel gerade eben über den Stand des autonomen Fahrens. Da ging es vor allem darum, wie man das wirtschaftlich einordnet, nämlich dass das Auto nicht als Gegenstand, sondern als Serviceleistung begriffen wird. Darauf wird es wahrscheinlich hinauslaufen.
    In den Sälen finden im 3-Minuten-Takt Kurzvorträge von Wissenschaftlern aus aller Welt statt. Erstaunlich ist, dass sie sich tatsächlich an die 3-Minuten-Taktung halten. Die in den 3 Minuten nur angerissenen Themen werden anschließend hier in der Galerie-Etage ausführlicher und breiter vorgestellt. Da kann man also zu den Bildschirmen hingehen und die Experten fragen, worum es genau geht.
    Eine japanische Universität stellt pillengroße Mikroroboter vor
    Ich bin gerade auf der obersten Galerieetage. In diesem Raum stellen Forscher medizinische Anwendungen vor, etwa wie der Chirurg mit den Ultraschallaufnahmen umgeht, wenn er am offenen Herzen operiert. Denn das Herz viel schneller pulst als es der Ultraschall verarbeiten kann.
    Eine japanische Universität stellt pillengroße Mikroroboter vor, die man schluckt und die sich dann über die Magenwand von innen hermachen, etwa um Entzündungen zu lindern.
    Hier der Ingenieur einer Südkoreanischen Universität: Er stellt eine Software vor, wie man das Zittern von Fingern herausrechnet. Es geht um die menschlichen Finger, die zittern. Jedes menschliche Gelenk zittert ja ein wenig, und wenn man dann die Bewegungen so feiner Gelenke wie eben der Finger abnimmt, um sie auf einen Roboter zu übertragen, durch Motion Capturing, also Bewegungsübertragung, soll der Roboter natürlich nicht das Zittern mit übernehmen.
    Der weich reagierende Roboter war lange Zeit unerwünscht
    Dabei zittert die neue Generation von Robotern selbst. Das ist ein Grundproblem bei den "Soft Robotics" – weichen Maschinen, die zum Beispiel beim Berühren einer Oberfläche zittrig herumtasten, bis sie tatsächlich zugreifen. Solche Roboter unterscheiden sich grundsätzlich von denen, die man aus der Industrie kennt. Dort geht es um Präzision, hier geht es um Nachgiebigkeit, Flexibilität, auch Gefügigkeit, englisch: Compliance. Der irische Ingenieur Darwin Caldwell leitet das größte italienische Robotik-Labor am Institut für Technologie in Genua und sagt, dass der weich reagierende Roboter lange Zeit unerwünscht war.
    "Compliance-fähige Roboter waren schwer zu kontrollieren. Die Einstellung war lange Zeit, dass wir Roboter immer präziser arbeiten lassen müssen, bis auf Hundertstel Millimeter genau. Aber dann stellte man fest, dass bei der geringsten Abweichung alles daneben ging - während wir Menschen dann improvisieren und das Problem lösen würden. Menschen schaffen das, weil wir aktive Compliance im Gehirn haben, und die passive in den Muskeln."
    In der unteren Etage des Konferenzzentrums geht es ausgesprochen praktisch zu, fast archaisch, wie zum Beispiel beim Wettbewerb der Airbus-Gruppe. Da werden Metallscheiben mit Bohrlöchern und Nieten bestückt. Sechs Teams mit verschiedensten Roboterarmen arbeiten sich in einstündigen Runden an dieser Aufgabe ab, also Löcher in Metallscheiben hineinzubohren. Man riecht das Metall hier im Raum.
    Der Hintergrund ist der: Heutzutage bohren Menschen die Hälfte der Löcher in die Flugzeughaut; die andere Hälfte erledigen große Industrieroboter. Da müssen die Menschen immer ausweichen. Und die Nachfrage nach kleinen Robotern, die mit den Menschen zusammen arbeiten, die den Menschen durch ihre große Präsenz nicht bedrohen, ist erheblich.