Die typischen Bräuche entwickelten sich im Mittelalter, als die Päpste über Rom herrschten, und verschwanden mit dem Ende ihrer weltlichen Herrschaft, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Wenn er durch die Straßen Roms zieht und seinen Dudelsack spielt, dann steht "Natale", Weihnachten, vor der Tür. Der "zampognora" ist eine uralte Figur im römischen Volksleben und existierte, so vermuten Musikhistoriker, vermutlich schon in der Antike. Immer zur Advents- und Weihnachtszeit kommen Bauern aus den Bergen Latiums nach Rom, um ihre selbst gemachten Dudelsäcke zu spielen. Die Römer bleiben stehen und stecken dem "zampognaro" ein paar Münzen zu - das soll Glück für das neue Jahr bringen.
Damit hat es sich aber auch schon mit den original römischen Weihnachtstraditionen. Das, was in der Regel als "tradizione natalizia" ausgegeben wird, kommt von auswärts: der Weihnachtsbaum zum Beispiel, der in Rom fast immer aus Plastik besteht. Die Römer hängen ihn so voller Baumschmuck und statten ihn mit so grell flackernden bunten Glühbirnen aus, dass man die Kunststoffnadeln kaum zu sehen bekommt. Genau genommen hat auch die "presepe", die Krippe, nichts mit römischen Traditionen zu tun, erklärt Cristoforo Amanzi, Franziskaner in Assisi:
"Man verdankt, so die Legende, Franziskus die erste Krippe. Er soll sie im Dorf Greccio, im Norden der Region Latium, geschaffen haben. Als lebende Krippe, mit echten Darstellern. Daraus entwickelte sich die noch heute gebräuchliche Krippe. Franziskus wollte die Geburt des Herrn nachstellen."
Alles begann am Abend des 23. Dezember
Doch es gibt sie, die echt römischen Weihnachtstraditionen – auch wenn sie nur noch von wenigen Römern praktiziert werden. Sie entwickelten sich im Mittelalter, als die Päpste über Rom herrschten, und verschwanden mit dem Ende ihrer weltlichen Herrschaft, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sagt Cettina Militello, Kirchenhistorikerin an der Päpstlichen Hochschule Marianum in Rom:
"Man muss sich die Weihnachtszeit im päpstlichen Rom als Zeit großer Freude vorstellen. Die weihnachtlichen 'Riten', begannen am Abend des 23. Dezember, als man zum 'cottio' ging, oder genauer: dorthin gehen musste."
Cena di vigilia am Heiligabend
Denn zum typisch römischen Weihnachtsfest gehörte frischer Fisch. Und den hatten die Römer zu Weihnachten auf einem ganz bestimmten Markt zu kaufen, dem sogenannten "cottio".
Das "Cena di vigilia" am Heiligabend, galt als das wichtigste Abendessen im Jahreskreis. Das Menü war rigoros vorgeschrieben, erklärt der römische Prinz Lillo Sforza Ruspoli, einer der letzten Vertreter der "schwarzen Aristokratie". Streng katholische aristokratische Familien Roms wie die Ruspoli nennen sich so, weil sie immer noch dem Ende des Papststaates 1870 nachtrauern. Ruspoli gehört zu jenen traditionsbewussten Römern, die Weihnachten, in diesem Fall im familieneigenen Palazzo Ruspoli, so feiern, wie es sich in Rom gehört:
"Man nennt uns ja nicht nur schwarze Aristokratie, weil wir den Papst auch als weltliches Oberhaupt anerkennen, sondern weil wir Traditionen am Leben erhalten. In diesem Sinn ist das Heiligabendessen genau definiert. Dazu gehören eine Vorspeise aus Oliven, Aal und eine Fischbrühe. Die Nudeln werden mit einer Thunfischsoße serviert. Dann gibt es Trockenfisch, baccalà, in Soße mit Pinienkernen, dann wieder Aal oder auch Geflügel. Das ist alles ein wenig aufwendig."
Was geblieben ist: die päpstliche Mitternachtsmesse
Nach dem üppigen Mahl wurde im päpstlichen Rom, auch im Vatikan, gespielt. "Tombola" zum Beispiel, ein Brettspiel. Im Palazzo Ruspoli tragen die Kinder des Hauses nach dem Spiel auch heute noch "sermone" vor, weihnachtliche Gedichte. Um Mitternacht folgt die päpstliche Mitternachtsmesse.
Bis zum Ende des Kirchenstaates wurde dieser Gottesdienst in Santa Maria Maggiore, der größten Marienkirche Roms, auch mit einer Suppe begangen. Die wurde in der Sakristei von den Priestern aus dem zarten Fleisch von Kapaunen gekocht – für alle Gläubigen, die sie nach dem Gottesdienst verspeisten.