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Röntgenlaser für den Schreibtisch

Technik. - Laser sind aus der industriellen Welt mittlerweile nicht mehr wegzudenken, was jeder CD-Spieler beweist, denn da steckt ein Laser drin. Die Entwicklung ist noch lange nicht am Ende: Als einstweilig Krönung könnten Röntgenlaser im Kleinformat gelten, die auf einer Tischtennisplatte Platz finden und überdies für viele Forschungsstätten bezahlbar werden sollen.

Von Mathias Schulenburg |
    Röntgenlaser sind für die Wissenschaft kaum weniger als Aladins Wunderlampe, denn Röntgenlaserlicht kann winzige Strukturen erzeugen und entschlüsseln und wäre damit eines der wichtigsten nanotechnologischen Werkzeuge - wenn es gelänge, solche Strahlungsquellen kompakt und erschwinglich zu machen. Eben das wird von den Teilnehmern der 10. Internationalen Röntgenlaser-Konferenz in Berlin-Adlershof in Aussicht gestellt. Der Ausrichter der hochkarätig besetzten Konferenz, das Berliner Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, MBI, kann selbst mit technischen Höchstleistungen glänzen, versichert Peter-Viktor Nickles, Wissenschaftler am MBI:

    " Wir haben vor einem Jahr ziemlich zeitgleich mit anderen Gruppen erstmalig einen dieser Röntgenlaser im Bereich von 18 Nanometer Wellenlänge bei 10 Hertz demonstriert. "

    Dieses Röntgenlicht ist weit kurzwelliger als das extreme Ultraviolett, das zur Belichtung der nächsten Chip-Generation verwendet werden soll, und überdies kohärent, Laserlicht eben, was es für Kalibrierungsaufgaben in der künftigen Chip-Produktion geeignet macht.

    Kompakte Röntgenlaser werden in gewisser Weise nach dem Prinzip einer Artistenpyramide konstruiert: Eine Blitzlampe speist einen Laser vom Typ A, dessen Licht einen Laser vom Typ B in Gang setzt, der schließlich , als Krönung, einen Laser vom Typ C versorgt, der dann Röntgenlicht aussendet. Am MBI wird jetzt in Zusammenarbeit mit anderen Instituten an einer technisch anspruchsvollen Abkürzung dieses Prinzips gearbeitet:

    " Neuerdings ist man auf dem Wege, direkt über Diodenarrays gepumpte Laser so etwas zustande zu bringen, was nachher zu einer viel, viel höheren Folgefrequenz, bis zu 100 Hertz, [führt.] Angestrebt werden Kilohertz, Pulse mit ausreichender Energie bis hin zu dem Joulebereich erzeugen. "

    Auch die Strahlqualität und -stabilität soll sich so entscheidend verbessern lassen. Wird der Röntgenlaser im Labortischformat zum Konkurrenten für den riesigen Freie-Elektronen-Laser, FEL, bei DESY? Nein, versichert Peter-Viktor-Nickles, Table-Top-Röntgenlaser würden immer der kleine Bruder des FEL bleiben:

    " Der bemerkenswerte Unterschied vor allen Dingen ist, dass der Freie-Elektronen-Laser kontinuierlich durchstimmbar in der Wellenlänge oder in der Photonenenergie ist, und das ist bei dem Röntgenlaser nicht der Fall. "

    An Anwendungen für den kleinen Bruder wird es dennoch nicht fehlen; Jorge Rocca von der Colorado State University, ein in Fachkreisen bekannter Spezialist für Röntgenlaser, glaubt, wie die meisten seiner Kollegen, dass aus der Entwicklung auch Mikroskope hervorgehen können, die die nanoskopischen Vorgänge in einer lebenden Zelle sichtbar machen können:

    " Die kompakten Laserquellen müssten dann im so genannten "Wasserfenster" mit Wellenlängen kleiner vier Nanometer arbeiten. Das kann noch ein paar Jahre dauern, aber es gibt kaum einen Zweifel, dass wir schließlich Bilder von Nanometer feinen Dingen in einer lebenden Zelle zeigen können. "

    Schließlich könnten Table-Top-Röntgenlaser auch für die Chemische Industrie höchst gewinnträchtige Geheimnisse knacken, wie das der Katalyse, der gesteuerten Stoffumsetzung, etwa durch nanoskopisch kleine Metallhäufchen, "Cluster":

    " Ein Kollege von mir an der Colorado State University, Elliott Bernstein, hat mit Massenspektroskopie und einer kompakten [Röntgen-]-Lichtquelle bereits elektronische Strukturen von katalytisch wichtigen Metalloxid-Nanoclustern kartieren können. "

    Die Entwicklung verläuft derzeit so schnell, dass nennenswerte Fortschritte im Jahrestakt zu erwarten sind.