Kuratorin Rosita Nenno ist sichtlich stolz. Voller Respekt hält sie einen zierlichen Damenschuh in der Hand. Wie viele andere Exponate auch hat dieser Schuh eine sehr besondere Geschichte:
"Das feine Juwel, das ich hier in der Hand habe, ist entworfen worden für Prinzessin Soraya. Nach ihrer Trennung vom Schah. Sie war ja einmal Kaiserin. Dünnes Tüllgewebe, das über und über mit Silberfäden und echten Topasen besetzt ist. Mit einem ganz kleinen feinen Absatz, der pie de chevre so ein bisschen nach hinten durchknickt."
Kaum zu glauben, dass in diesem schmalen Schuh jemals ein Fuß gesteckt hat. Der Fuß der persischen Kaiserin. Die Schönen und die Reichen kamen gern zu Roger Vivier, wenn sie etwas Besonderes suchten.
Von Catherine Deneuve bis Cate Blanchett
"Der berühmteste Schuh, den er gemacht hat, ist der für Catherine Deneuve in Luis Bunuels Belle de jour, den hat er ursprünglich kreiert zu der Mondrianserie von Yves Saint Laurent, das ist der Schuh mit dem er den Durchbruch hatte Anfang der 1960er Jahre. Das ist der Schuh mit dem Roger Vivier den Durchbruch hatte. Mit der ganz großen Metallschnalle auf dem Vorderblatt. Der ist bis heute zu sehen."
Soraya, Catherine Deneuve, die Queen und die Beatles – die Liste der Prominenten ist lang, die bei Roger Vivier einkauften. Oder bei Christian Dior. Für ihn hat Vivier Schuhe entworfen, als einziger Designer durfte er seinen Namen zusammen mit dem großen Dior in die Schuhe einprägen.
Roger Vivier stammte aus einfachen Verhältnissen, schon früh verlor er beide Eltern. Als er 1998 verstarb, lagen 70 Jahre Schuhdesign hinter ihm. Und eine beispiellose Karriere.
"Roger Vivier hat als junger Mann Bildhauerei studiert, was seine Schuhe sehr stark beeinflusst hat. Er hat in einer Schuhfabrik bei Paris gearbeitet und wurde engagiert von einer deutschen Gerberei für feinstes Chevrauleder. Dort hat er Modelle hergestellt, speziell um den amerikanischen Markt zu gewinnen mit seinen Schuhmodellen, die wurden dort verkauft."
Kuratorin Rosita Nenno deutet auf die Vitrinen. Extravagante Pumps aus feinstem Leder, teilweise bedruckt, oft farbig gegerbt, zierlich und reich verziert. Das war der Stil von Roger Vivier in den 1930er Jahren. Kleine Kunstwerke eben.
Mit dem Hacken auf der Spitze
In der Schuhfabrik hatte Vivier alles gelernt, was man braucht, um selber Schuhe entwerfen zu können. Er liebte moderne Techniken und Materialien. Früh hatte er mit Zellophan und durchsichtigen Materialien experimentiert. Mitte der 1950er Jahre präsentierte Vivier seinen größten Wurf, den nadeldünnen Pfennigabsatz. Eine Revolution für die weltweite Schuhmode.
"Das war nur möglich dadurch, dass die Metalltechnologie so weit war, dass man so dünne Absätze überhaupt machen konnte, die zum Teil von der Logik nicht nachvollziehbar im Chocabsatz nach innen gebogen waren oder als Kommaabsatz mit einem leichten Schwung nach hinten. Das konnte man gar nicht machen technisch."
Als Brigitte Bardot 1968 über ihre Harley Davidson sang, trug sie einen schwarzen Lederminirock. Und dazu Overkneestiefel, die Roger Vivier für sie entworfen hatte. Sie sind ebenso in der Ausstellung zu sehen wie der rot-weiße Slingpump, den Vivier für die Bardot entwickelt hatte. Brigitte Bardot in zu engen Caprihosen an der Cote d‘Azur, dazu diese Slingpumps, das passt.
Schnalle als Zeichen
Roger Vivier ist tot, sein Name aber lebt weiter. Einen Schuh Marke Roger Vivier bekommt man heute ab 400 Euro. Natürlich mit der charakteristischen großen Schnalle vorne drauf. Wer einen Vivier trägt, hat die Blicke auf seiner Seite. Das sagt auch Kuratorin Rosita Nenno:
"Zuletzt hat Cate Blanchett in Blue Jasmine Roger Viviers getragen. Das wird dort genannt, auch wenn man die Schuhe nicht sieht. Nur die Deutschen kennen Roger Vivier noch viel zu wenig, das wollen wir jetzt ändern."