Im Bergwerk Zinnwald im Osterzgebirge war es seit 75 Jahren recht still. In das heutige Besucherbergwerk nahe der deutsch-tschechischen Grenze kommen nur noch Touristen und Schulklassen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges holten Minenkumpel und Zwangsarbeiter das begehrte Wolfram für die Waffenherstellung aus dem Berg. Vor ein paar Jahren entdeckte der Chemiker Achim Müller ein Metall, das sich friedlich nutzen lässt und derzeit in großen Mengen gefragt ist: In den alten Stollen liegen große Mengen des Leichtmetalls Lithium. Der Rohstoff ist wichtig für die Produktion von Batterien für Elektroautos. In 70 Metern Tiefe zeigt Achim Müller auf eine Lithiumader.
"Was Sie hier sehen sind Bohrlöcher und diese Bohrlöcher sind pneumatisch eingebracht worden. Es wurde gebohrt und dann wurde pneumatisch aufgedrückt. Dann wurde das Gestein abgespalten vom Firsten und dann aufgeladen. Damit haben wir die ersten 20 Tonnen im Jahr 2011 gewonnen."
Sechs Millionen Euro nur für die Erkundung
Achim Müller ist eine Art deutscher Lithium-Pionier. Der Chemiker war schon bei den Anfängen der Energiewende dabei und ist Mitbegründer der SolarWorld AG. Nach fast zehn Jahren Anlaufzeit will seine Firma Deutsche Lithium nächstes Jahr mit den Bauarbeiten beginnen. Dafür sollen Stollen gegraben und eine Aufbereitungsanlage gebaut werden. Allein für die Erkundung sind bereits sechs Millionen Euro investiert worden.
"Wenn wir die Lagerstätte hier im Zinnwald nutzen, dann werden wir sie nach europäischen Umwelt- und Sozialstandards nutzen. Das heißt, wir stellen faires Lithiumcarbonat her nach europäischen Standards. Natürlich ist das etwas teurer, als wenn man Lithiumcarbonat nach den heutigen Rahmenbedingungen in Lateinamerika herstellt zum Beispiel in Argentinien."
40 Kilogramm Lithium pro Autobatterie
Aber durch die hohe Nachfrage nach dem Rohstoff seien auch höhere Preise für Lithium zu erzielen, so dass die Produktion sich lohne. Je nach Modell sind immerhin bis zu 40 Kilogramm Lithium pro Autobatterie erforderlich.
Die größte Konkurrenz von Müllers Firma ist ein Verfahren von Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie in Baden Württemberg. Am dortigen Oberrheingraben gibt es seit ein paar Jahren viele Bohrungen nach Erdwärme, sogenannte Geothermie. Im Untergrund fließt dort heißes Wasser. Der Geologe Jens Grimmer will sich das zunutze machen. Er hat entdeckt, dass das Geothermie-Wasser eine hohe Lithium-Konzentration hat.
"Wir wissen aus den Geothermiekraftwerken hier im Oberrheingraben, dass die Lithiumkonzentration sehr hoch ist, ungefähr 150 bis 200 Milligramm pro Liter. Außerdem haben wir sehr hohe Fließraten. Es gibt also Potenziale in der Größenordnung von 300 bis 400 Tonnen Lithium pro Jahr."
Lithium-Gewinnung aus Geothermie
Jens Grimmer will die bestehenden Geothermiekraftwerke nutzen, die das Wasser für die Gewinnung von Energie ohnehin vom Erdinneren an die Oberfläche holen. Seine Anlage würde dann aus dem Wasser das Lithium herausfiltern. Sein Verfahren hat er mittlerweile zum Patent angemeldet. Bisher hat er seine Idee allerdings nur im Labor getestet. Schon bald will Jens Grimmer zusammen mit dem Betreiber eines Geothermiekraftwerks eine Pilotanlage bauen.
"Die CO2-Bilanz ist sehr günstig, wenn Sie das Lithium aus den bestehenden Geothermiekraftwerken herausholen. Denn im Vergleich zum Festgesteinsabbau, der ja stofflich und energetisch sehr intensiv ist, brauchen wir das alles nicht, weil das Lithium im Prinzip schon in gelöster Form vorliegt. Wir müssen nur versuchen es abzutrennen."
Energieersparnis versus Sicherheit
In dem Wasser sind neben Kochsalz und Lithium auch noch andere Elemente gelöst. Eine Schwierigkeit sei, das Lithium sauber herauszulösen und den Rest des Wassers möglichst unverändert wieder in den Boden zu pumpen. Jens Grimmer hält seine Methode für effizienter und nachhaltiger als den Bergbau im Erzgebirge oder die Förderung in Südamerika.
Jens Grimmer kann mit einem Geothermiekraftwerk künftig rund 1.500 Tonnen Lithiumcarbonat pro Jahr herstellen - wenn sich das Verfahren bewährt. Achim Müller kommt im Erzgebirge auf mehr als über 21.000 Tonnen. Während Grimmers Methode kaum Energie braucht, ist der Abbau im Erzgebirge das weitaus aufwendigere Förderverfahren – dafür funktioniert es ziemlich sicher. Die Gewinnung des Lithium über Geothermie muss hingegen erst mit einer Pilotanlage getestet werden. Damit beginnt im nächsten Jahr ein Wettrennen zwischen den zwei ersten deutschen Lithiumproduzenten.