Jule Reimer: Der norwegische Pensionsfonds ist der größte Staatsfonds der Welt, und er wird gespeist aus den Öleinnahmen des Landes. Dieser Fonds will seine Milliarden nicht mehr ins Ölgeschäft investieren. Das erklärte gestern die norwegische Zentralbank, die diesen Fonds verwaltet, in Richtung Regierung in Oslo.
Eugen Weinberg ist Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. Das heißt, er beobachtet die Märkte und gibt Empfehlungen, wo Investoren ihr Geld anlegen sollten. Herr Weinberg, wir sind in Frankfurt mit Ihnen verbunden. Ist das jetzt ein wichtiges Signal, aus Öl und Gas auszusteigen, auch für andere Investoren?
Eugen Weinberg: Zunächst einmal ist das ein logischer Schritt für den Fonds, denn wie Sie auch richtig gesagt haben, wird dieser Fonds aus den Einnahmen aus dem Ölgeschäft gespeist, und das würde natürlich eine doppelte Belastung für den Fonds bedeuten, wenn jetzt die Ölpreise fallen würden, dann diese Einnahmen zurückgehen würden und gleichzeitig auch die Anlagen in die Ölunternehmen auch dann unter Druck kommen würden.Deswegen ist der Schritt logisch und auch wenn der Fonds sein Augenmerk auf ethische Investments legt, würde ich das eher als einen logischen Schritt und vielleicht finanziell bedingten Schritt ansehen. Ich glaube, das wird auch keinen großen Einfluss auf die Handlungen anderer Investoren haben.
Reimer: Es gibt aber mittlerweile Schritte aus fossilen Energien heraus. Dieser Fonds hat ja zum Beispiel auch die Auflage - und das gibt es mittlerweile auch bei anderen großen Pensionsfonds -, weniger in die Kohle zu investieren, oder nur in Unternehmen zu investieren, die nicht so hohe Anteile auf dem Kohlemarkt haben. Das heißt, spüren Sie das auf den Märkten, die Sie analysieren?
"Man sollte davon ausgehen, dass die fossilen Energien ihre Bedeutung verlieren"
Weinberg: Ja, natürlich. Die Alternativantriebe, die gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das Thema Umwelt und Umweltschutz sind nicht nur in aller Munde, sondern auch auf den Finanzmärkten, und auch bei den Fonds ist das Thema natürlich mittlerweile angekommen, ob jetzt die Elektromobilität oder die grüne Energie. Deswegen ist es auch hier klar, dass diese Schritte erfolgen werden, und wenn man berücksichtigt, welche Länder häufig diese Staatsfonds handeln, ob jetzt Russland oder Saudi-Arabien oder andere Öl produzierende Länder, dann ist das hier auch logisch, dass sie diversifizieren, ihre Risiken verteilen, und langfristig sollte man schon davon ausgehen, dass die fossilen Energien ihre Bedeutung im Energiemix der Zukunft auch verlieren werden.
Reimer: Ab wann schätzen Sie das? Denn wir streiten ja jetzt auch gerade in Deutschland über die Frage des Braunkohleausstiegs, und da sind ja noch lange nicht alle Würfel gefallen.
Weinberg: Ja, das ist auch auf dem Ölmarkt noch längst nicht entschieden. Die OPEC geht eher davon aus, dass diese Sättigung des Marktes Mitte der 30er-Jahre, also in knapp 20 Jahren erfolgen sollte. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir bereits in zehn Jahren über einen Rückgang der Ölnachfrage weltweit nachdenken könnten beziehungsweise dass das passieren wird. Ich bin da sehr optimistisch gestimmt. Ich kann mir gut vorstellen, dass die erneuerbaren Energien und die Elektromobilität die Welt viel schneller verändern werden.
Beim Heizöleinkauf besser noch ein bisschen warten
Reimer: Das heißt, Sie würden Ihr Geld eher diversifiziert anlegen. – Wir sind ja nicht nur Umwelt-, sondern auch die Verbraucherredaktion. Was ist mit dem Ölpreis? Öl jetzt einkaufen für die Heizung, oder lieber noch ein bisschen warten? Das war ja in der Vergangenheit häufig im Dezember niedriger.
Weinberg: Ja, lieber ein bisschen warten. Wenn natürlich jetzt der Heizöltank leer ist, muss man das auf jeden Fall auffüllen. Aber ich würde ansonsten warten, denn ich bin überzeugt, dass es der OPEC nicht gelingen wird, über die Beschlüsse, die Ende November zu erwarten sind auf dem Treffen in Wien, wieder die Preismacht auf dem Ölmarkt zu erlangen und über die künstliche Verknappung die Preise langfristig nach oben steigen zu lassen. Denn in Wirklichkeit ist es jetzt die US-Schieferöl-Industrie, die die Preise langfristig determinieren, also entscheiden sollte, und das ist ein Faktor, den man unbedingt beachten sollte. Also kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Preise im ersten Quartal nächsten Jahres unter Druck kommen. Der einzige Faktor, der hier tatsächlich diese Prognose behindern könnte, wäre eine weitere Unsicherheit im Nahen Osten, insbesondere beim weltgrößten Ölexporteur Saudi-Arabien.
Reimer: Eugen Weinberg, Rohstoff-Analyst bei der Commerzbank, über die Trends auf den Ölmärkten sowie den Kohle- und Gasmärkten nach der Ankündigung des norwegischen Staatsfonds, keine Aktien mehr in Öl und Gas zu halten. Vielen Dank für das Gespräch.
Weinberg: Vielen Dank.
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