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Rohstoffhandel
NGOs: Bessere Bedingungen für Bewohner in Bergbauregionen

Kupfer und andere Edelmetalle sind elementare Bestandteile der Energiewende. Sie werden massenweise in Windrädern und Elektroautos verbaut. Für die Bewohner der Abbauregionen ist der Rohstoffboom mehr Fluch als Segen. Jetzt wird diskutiert, wie sich das ändern lässt.

Von Jule Reimer | 06.12.2013
    Bei den Metallern hängen besonders viele Arbeitsplätze von Unternehmen ab, deren Erfolg vom Zugang zu und auch von der Preisentwicklung bei Rohstoffen bestimmt wird. Und:
    "Also ich sage immer: Wir als IG-Metall sind keine Tarifmaschine oder so, sondern eine Wertegemeinschaft und das ist mir ganz wichtig. Und so hören die Werte, zu denen wir uns bekennen, nicht vor der Haustür oder an nationalen Grenzen auf."
    …, sagt Hannelore Elze, IG-Metallerin mit Aufsichtsratserfahrung und Expertise für Stahl, Kupfer und Aluminium. Sie begrüßt deshalb, dass viele Unternehmen schon heute beim Einkauf von Stahl auf die Energie- und Klimabilanz des Produktes achten. Aber eine gute Klimabilanz ist nicht automatisch eine gute gesamtökologische Bilanz auch bei Artenschutz oder Wasserreinhaltung.
    Hinzukommt: Die Rohstoffbranche boomt weltweit wie noch nie. Beispiel Peru: Dort sind bereits 15 Prozent des gesamten Landes für Exploration und Förderung von Bergbauvorhaben vergeben, jede zweite ländliche Gemeinde muss sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass ihre Wälder, Seen, Äcker und Wiesen – also in diesem Fall die Lebensgrundlagen - unter den Bagger kommen und sie schlimmstenfalls zwangsumgesiedelt werden könnten. Mit dem Rohstoffabbau mehren sich auch die Anfragen von Kleinbauern und Fischern bei den Hilfsorganisationen, erklärt Claudia Warning von Brot für die Welt:
    "Es sind immer die gleichen Geschichten, die uns erzählt werden. Es wird immer die Geschichte erzählt: Hier soll exploriert werden oder es wird exploriert. Hier werden Besitzrechte an Land, Zugang zu Ressourcen, Menschenrechte verletzt: neben Vertreibung und Verschwindenlassen, Unterdrucksetzen und andere Dinge, die da sehr unschön passieren."
    Produktionsketten sollen transparenter werden
    Wenn verunreinigte Flüsse oder Grundwasserreserven oder gewaltsames Vorgehen gegen Demonstranten gemeldet werden, fallen die Namen lokaler Bergbauunternehmen, aber auch die der Branchengiganten GlencoreXstrata, BHP Billiton, Vale oder Rio Tinto. Diese fördern nicht nur Rohstoffe, sondern beherrschen auch den Handel. In ihren Verträgen sollten deutsche Unternehmen deshalb die Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten einfordern, sagt Warning. So wie es Volkswagen bereits – allerdings auf freiwilliger Basis – bei Zulieferern praktiziert. Ein Abnehmerunternehmen, das sich der Diskussion stellt, ist der Kupferkonzern Aurubis mit Sitz in Hamburg. Für Hauptstadtlobbyist Andreas Möller ist es völlig klar, dass die Industrie für die Einhaltung von Menschenrechten und ökologischen Standards eintritt:
    "Natürlich ist ein Reporting oder Auditing mit Kosten verbunden, das ist überhaupt keine Frage. Aber ich glaube, das ist nicht der springende Punkt. Unternehmen tragen in Deutschland ohnehin größere Kosten, z.B. im Bereich der Energie, CO2. Es geht tatsächlich um die Fragen, inwieweit wir bis ins letzte Glied bei multinationalen Minenkonzernen gewissermaßen Transparenz einfordern und entsprechende Standards direkt durchsetzen können."
    Genau in diesem Punkt meinen die Nichtregierungsorganisationen, dass deutsche Unternehmen mehr tun könnten. Auch im Gegensatz zur IG-Metallerin Hannelore Elze hält der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) solche Nachweise bestenfalls von der Mine bis zur Schmelze für praktikabel, aber nicht weiter – Aurubis wäre also in diesem BDI-Konzept auch noch betroffen. Der BDI argumentiert: Eine ähnliche Regelung habe beispielsweise in den USA nur den Rückzug vieler Investoren aus dem Kongo auch aus sinnvollen Projekten bewirkt. Dirk Paskert von der Rohstoffallianz, einer Gründung mehrerer großer deutscher Firmen, die künftig besonders knappe Rohstoffe fördern will, plädiert dagegen für komplette Transparenz, auch wenn das für Unternehmen gegen Ende einer komplexen Wertschöpfungskette zunehmend schwieriger werde:
    "Aber im Grunde genommen muss man heute sagen, gehört es zu einem unternehmerischen Handeln dazu, dass man sich eine entsprechende Transparenz über seine Beschaffungsmärkte verschafft. Das, würde ich sagen, gehört zur Pflicht eines jeden Unternehmens."
    Allerdings agiert sein Unternehmen derzeit mit Kanada und Australien beispielsweise in Ländern, wo die meisten Menschen ausreichend Schulbildung genießen und auch ihre Rechte besser einfordern können. Misereor und Brot für die Welt sind jedenfalls überzeugt, dass es ohne den Nachweisdruck keine Verbesserungen beim Rohstoffabbau geben wird.