Harald und Sabine Schmidt wissen, dass die Stunde für das Erbacher Schloss geschlagen hat. Sie wollen mit ihrem Eintrittsgeld dazu beitragen, Roland Kochs teuren Nachlass zu retten. Dazu ist dem Ehepaar kein Weg zu lang. Eine gute Stunde fahren die Schmidts von ihrer Heimatstadt Neckarsulm zum Schloss im Odenwald. Das Gebäude hat der damalige hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch vor genau zehn Jahren gekauft. Nicht aus seiner Privatschatulle für sich persönlich, sondern aus Steuermitteln für das Land Hessen.
Trotz lautstarken Protests im Landtag und des Landesrechnungshofes flossen 13 Millionen aus der Staatskasse an den damaligen adligen Schlossbesitzer. Noch einmal rund zwei Millionen steckte Hessen bisher in die Sanierung. 700.000 Euro laufende Kosten mussten zugeschossen werden. Dennoch finden Harald und Sabine Schmidt den Kauf auch heute noch richtig:
"In gewissen Fällen ist es schon sinnvoll. Immer wieder hörte man, dass der Unterhalt von diesen Schlössern und Burgen sehr, sehr kostspielig ist: Und ich denke, dass sich das viele Adelsfamilien nicht mehr leisten können."
Dumm nur, dass Erbgraf Eberhard zu Erbach-Erbach damals den Verkauf seines Schlosses an das Land Hessen als "den größten Deal" bezeichnete, den seine Familie je gemacht habe. Das verärgerte sogar Roland Kochs Partei, die CDU. Doch Koch versprach, dass künftig 100.000 Menschen jährlich das Erbacher Schloss besuchen und damit die Betriebskosten für das Land nicht allzu hoch sein würden.
Die Prognosen seien "sehr optimistisch" gewesen, stellt Boris Rhein fest. Der Parteifreund Kochs ist heute hessischer Kunstminister und für das Koch-Erbe im Odenwald verantwortlich. Im vergangenen Jahr zahlten nur noch 14.000 Besucher Eintritt im Erbacher Schloss. Die gebürtige Erbacherin Annika Schäfer wundert das nicht. Die Ausstellungen im Schloss seien einfach langweilig:
"Nicht so ansprechende Themen. Immer nur dasselbe. Hirschgeweihe, ein Stück von der römischen Grenze, dem Limes. Und so Büsten, nicht so ansprechend." - "Das heißt, man bräuchte aus ihrer Sicht ein neues Konzept?" - "Ja, definitiv."
Oft verschlossene Türen
Nein, man brauche kein neues Konzept. Findet Petra Willeke-Friedrich. Sie gehört zum Team, das für das Land Hessen das Schloss verwaltet. Dass so wenige Leute kommen, liegt für sie nicht am Ausstellungskonzept. Sondern daran, dass Erbach im Odenwald so abgelegen liegt:
"Erbach liegt nicht am Main oder am Neckar. Also auch die großen Touristenströme müssen erst mal aus den Zentren weg in die Region. Sie fahren eine Stunde, egal von woher."
Doch pflichtbewusste Staatsbürger sollten jetzt zu Frühlingsbeginn trotzdem nicht einfach ins Blaue fahren, sondern zum Erbacher Schloss. Allerdings könnte es ihnen ergehen wie Max-Josef Kronabitter, der um 12 Uhr mittags vor verschlossenen Türen steht:
"Wir sind jetzt hier mit zwölf Leuten da. Jetzt wären wir dran interessiert gewesen, hier in das Schloss reinzukommen. Da hieß es jetzt, die nächste Führung ist um 14 Uhr. Damit ist die Sache für uns jetzt erledigt."
Oft verschlossene Türen - der Verdacht liegt nahe, dass es daran liegt, dass nur ein Bruchteil der zahlenden Besucher kommt, die Roland Koch einst versprochen hat.
Anders liegt der Fall beim Flughafen Kassel-Calden.
Annähernd 300 Millionen Euro kostete der vor zwei Jahren eingeweihte Airport in Nordhessen. Ein weiteres Projekt des ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch, das auch nach der Eröffnung die Landeskasse weiterhin stark belastet. Mehrere Millionen müssen jährlich zugeschossen werden, weil längst nicht genug Passagiere da sind.
Also: Auch diese kostspielige Koch-Altlast ist defizitär und braucht dringend Publikumsverkehr. Ein weiterer Tipp für einen Frühlingsausflug. Der Flughafen ist auch am Wochenende geöffnet, es gibt Kaffee und Kuchen, die Ruhe ist erholsam. Wie vor der Tür des Erbacher Schlosses.