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Rollstuhlbasketball-WM
Von Rammbügeln und Inklusion

Sportliche Härte, technische Finessen und gesellschaftliche Strahlkraft: All das bietet Rollstuhlbasketball - eine Sportart, die Menschen mit und ohne Behinderung zusammenbringt. Von der WM, die vom 16. bis 26. August 2018 in Hamburg stattfindet, versprechen sich die Teams nicht nur sportlich viel.

Mit Mareike Miller, Jan Haller, Martin Otto und Nicolai Zeltinger | 12.08.2018
    Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Spanien, 10.08.2018 Mareike Miller (Deutschland 4), Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Spanien am 10.08.2018 im Sporthalle Bergischer Ring, Koeln (Nordrhein-Westfalen) *** Nations Cup Cologne Germany vs Spain 10 08 2018 Mareike Miller Germany 4 Nations Cup Cologne Germany vs Spain on 10 08 2018 in the sports hall Bergischer Ring Koeln Nordrhein Westfalen xgmlx
    Mareike Miller, Kapitänin der deutschen Damen-Nationalmannschaft, kam über ihren Sportlehrer zum Rollstuhlbasketball. (imago sportfotodienst)
    Mareike Miller ist die Kapitänin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Sie spielt seit ihrer Jugend Rollstuhlbasketball. Bevor sie mit dem Sport in Kontakt kam, spielte sie Basketball und nach vier Kreuzbandrissen sagten ihr die Ärzte, dass sie auf das Sportmachen künftig besser verzichten sollte. "Ich habe gemerkt, dass es mir hilft, vorher Basketball gespielt zu haben. Es war aber trotzdem etwas ganz anderes", erzählt Miller Dlf-Sportredakteurin Marina Schweizer im Sportgespräch: "Am Anfang war es schwierig, aber es hat dann am Ende doch Spaß gemacht. Rollstuhlbasketball ist ein Sport wie jeder andere auch. Die perfekte Alternative, wenn es meine Knie nicht zulassen."
    Vor allem die Koordination sei eine Herausforderung, so die 28-Jährige: "Man hat natürlich nur zwei Hände, muss aber Ball und zwei Räder kontrollieren und irgendwie koordinieren, damit man voran kommt."
    "Der Rollstuhl ist kein Gefährt, sondern ein Sportgerät"
    Mareike Miller kam über ihren damaligen Sportlehrer zum Rollstuhlbasketball. Jetzt ist Martin Otto ihr Trainer im Damen-Nationalteam. Ende der 1980er Jahre wurde er durch seine Eltern für den Sport begeistert, die bei einem Turnier in Köln als Schiedsrichter aktiv waren: "Ich kam in die Halle voller Rollis und innerhalb von ein paar Minuten fühlte ich mich wie Zuhause. Es war alles sehr viel persönlicher als im Fußgängerbereich. Aber ich war auch begeistert, weil die Spieler mit unterschiedlichen Behinderungsgeraden unglaubliche Treffer erzielten. Das hat mich so mitgenommen, dass ich gesagt habe: ich werde Trainer."
    Nations Cup Cologne: Australien vs. Deutschland , 10.08.2018 Martin Otto (Trainer Deutschland), Nations Cup Cologne: Australien vs. Deutschland am 10.08.2018 im Sporthalle Bergischer Ring, Koeln (Nordrhein-Westfalen) *** Nations Cup Cologne Australia vs Germany 10 08 2018 Martin Otto Coach Germany Nations Cup Cologne Australia vs Germany on 10 08 2018 in the sports hall Bergischer Ring Koeln Nordrhein Westfalen xgmlx
    Martin Otto, Trainer der deutschen Damen-Nationalmannschaft im Rollstuhlbasketball. (Imago)
    Sein Kollege vom Herren-Nationalteam, Nicolai Zeltinger, hat selbst zwölf Jahre Rollstuhlbasketball gespielt. Um auf dem Topniveau mitzuhalten, sei hartes Training notwendig: "Der Rollstuhl ist kein Gefährt. Wir sehen ihn als Sportgerät an - für Menschen mit und ohne Behinderung. Man muss seinen Rollstuhl beherrschen können." Vier bis fünf Jahre hartes Training seien nötig, vor allem im Athletik- und Kraftbereich.
    "Inklusion findet einfach statt"
    Das Zusammenspiel zwischen behinderten und nichtbehinderten Sportlern sei selbstverständlich, sagt Jan Haller, Team-Kapitän der deutschen Herren-Nationalmannschaft: "Die Inklusion findet einfach statt. Da redet man gar nicht groß drüber. Wer sich entscheidet Rollstuhlbasketball zu spielen, der setzt sich in einen Stuhl und fängt an zu spielen. Dann gehört er dazu."
    Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Japan, 10.08.2018 Jan Haller (Deutschland 10), Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Japan am 10.08.2018 im Sporthalle Bergischer Ring, Koeln (Nordrhein-Westfalen) *** Nations Cup Cologne Germany vs Japan 10 08 2018 Jan Haller Germany 10 Nations Cup Cologne Germany vs Japan on 10 08 2018 in the sports hall Bergischer Ring Koeln Nordrhein Westfalen xgmlx
    Jan Haller, Kapitän der deutschen Herren-Nationalmannschaft. (Imago)
    Für Jan Haller ist das ein Grund, weshalb er den Sport so mag: "Ich war immer schon Mannschaftssportler. Ich finde es cool, einen Sport mit Gleichgesinnten zu treiben. Aber auch mit Leuten wie Mareike, die vom Fußgänger-Basketball kamen."
    Nicolai Zeltinger findet, dass die Inklusion vor allem im Jugendbereich gut funktioniere: "Da sind Kinder, die zu regulären Schulen gehen und nachmittags dann in die Halle kommen, um Rollstuhlbasketball zu spielen. Da können unsere Vereine wahnsinnig viel leisten, indem sie Rollstühle für ihre Freunde anbieten und dann spielen da Behinderte und Nicht-Behinderte einfach zusammen."
    Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Japan, 10.08.2018 Nicolai Zeltinger (Trainer Deutschland), Nations Cup Cologne: Deutschland vs. Japan am 10.08.2018 im Sporthalle Bergischer Ring, Koeln (Nordrhein-Westfalen) *** Nations Cup Cologne Germany vs Japan 10 08 2018 Nicolai Zeltinger Manager Germany Nations Cup Cologne Germany vs Japan on 10 08 2018 in the sports hall Bergischer Ring Koeln Nordrhein Westfalen xgmlx
    Nicolai Zeltinger, Trainer der deutschen Herren-Nationalmannschaft im Rollstuhlbasketball. (Imago)
    "Wir müssen eine intensive Förderung kriegen"
    Für diesen Dienst an der Gesellschaft würden sich die deutschen Rollstuhlbasketballer eine großzügigere Förderung vom Bund wünschen. Herren-Bundestrainer Zeltlinger weist in diesem Zusammenhang auf konkurrierende Nationen hin: "Da werden Athleten direkt gefördert oder sie werden fest angestellt, damit sie ihrem Job Rollstuhlbasketball nachgehen können. Wir müssen gucken, dass wir im Mannschaftsbereich so eine intensive Förderung kriegen, um auch langfristig mitzuhalten."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.