Hartwig Tegeler: Paul Werner, auf der einen Seite ist Polanskis Leben sozusagen ein offenes Buch. Wir meinen, alles über ihn zu wissen. Auf der anderen Seite: War er eine offene Person? Im Umgang mit seinem Leben?
Paul Werner: Also, ich finde ja nicht. Das ist eine meiner Thesen des Buches, dass er eine öffentliche Person ist, aber eben keine offene Person. Und das ist leicht zu verwechseln. Wenn man viel in der Presse liest über eine Person, viel aus seinem persönlichen Leben, dann denkt man ja immer, jemand öffnet sich. Emotional. Also, unter offen verstehe ich eine Person, die sozusagen Einblick in ihre Gefühle erlaubt. Und das ist bei Polanski meiner Meinung nach nicht der Fall. Das merkt man auch ein bisschen in seiner Autobiografie, die ja sehr anekdotenreich ist, die aber meiner Meinung nach einen Mangel an Empathie zeigt. Also Empathie auch seinem eigenen Leben gegenüber. Sein Leben ist ja so bizarr, dass man denkt, er müsse auch Gefühle äußern zu seinem eigenen Leben. Das sehe ich irgendwie nicht so. Ich denke mal, der hält das ziemlich bedeckt. Ist nicht offen, ist nicht wirklich offen.
Tegeler: Das heißt, wenn wir "Polanski. Eine Biografie" von Paul Werner vor uns haben, dann haben wir keine Biografie vor uns, die irgendwie ein autorisiertes Interview mit Polanski enthält, weil er kein Interview über sein Leben gibt?
Werner: Die gibt er grundsätzlich nicht. Also, er macht Interviews gelegentlich im Rahmen der PR zu seinen Filmen. Aber er ist nicht eine Person, die Interviews geben würde, wo man biografische Details abfragen würde. Das lehnt er ab. Im Gegenteil, er ist sogar sehr heftig, wenn er erfährt, dass der Interviewer, der gerade vor ihm sitzt, über sein Leben schreiben will. Das hasst er unglaublich.
Tegeler: Ich merke gerade, dass ich immer wieder zu dem Aspekt Verführung komme. Nämlich Verführung, man fühlt sich verführt, über Polanski zu denken, über seine Filme zu denken. Ein Aspekt der Verführung könnte darin liegen, dass man sagt, der jüdische polnische Junge, der das Krakauer Getto überlebt, der dann eine bizarre Reise - Frankreich, London, Hollywood, Schweiz und so weiter und so fort - unternommen hat, und dann ist man natürlich ganz schnell dabei zu überlegen, ja, Mensch, wie ist das denn. Und in "Ekel" und in "Tess", "Tanz der Vampire" und natürlich dann im oscarprämierten "Der Pianist" - also die Geschichte des Warschauer Gettos -, man ist in Verführung quasi, eine Verbindung, eine biografistische Linie, zwischen Leben und Werk herzustellen. Ist das eine falsche Fährte?
Werner: Ja, teils, teils. Es ist eine Frage der Dosis, würde ich mal sagen. Wenn man es jetzt genereller sieht, ist das durchaus ein legitimer Ansatz, der auch bei Polanski naheliegt. Man darf es nur nicht zu detailreich machen. Man muss immer im Auge behalten, dass er ja einerseits Künstler ist, der seine Sachen überhöht. Und andererseits darf man auch nicht vergessen, dass es ja immer für die Filme, für die meisten Filme, literarische Vorgaben gibt. Das heißt, er ist natürlich nicht völlig frei, sich von der Vorlage zu lösen.
Tegeler: Und trotzdem ist es so, dass Sie einige Grundthemen, sie nennen es Meta-Themen, bei Polanski schon ausmachen. Das ist auf der einen Seite der Fluchtreflex.
Werner: Der Fluchtreflex ist, glaube ich, wenn man sich mit seiner Kindheit befasst, ist der Fluchtreflex sozusagen antrainiert. Es gibt kaum einen Menschen, der so eine Kindheit hat, wo er so oft hat fliehen müssen. Das prägt ihn sein ganzes Leben lang. An manchen Punkten ist auch, oder an vielen Punkten ist auch der Fluchtreflex sehr sinnvoll gewesen. In seinen frühen Lebensjahren. Ober jetzt der Fluchtreflex in dem Moment, wo er aus den USA verschwunden ist, ob der vielleicht so klug war, wage ich zu bezweifeln. Er hätte sich dem stellen sollen.
Tegeler: Paul Werner, Sie haben jetzt das zweite Buch über Polanski geschrieben. Das erste war eine Filmografie. Jetzt eine Biografie. Mögen Sie Polanski?
Werner: Aus irgendeinem Grund, ich weiß nicht genau, warum, aber irgendwie mag, ich ihn schon. Offenbar. Irgendwie scheine ich ihn zu mögen. Ja, ich weiß auch nicht so genau, warum.
Tegeler: Ja, vielleicht noch einmal gemeinsam drüber nachdenken. Ein Regisseur, der immer wieder zumindest wie eine eigene Handschrift entwickelt hat, war er der ewige Außenseiter? Und war er auch in der Kunst der ewige Außenseiter? Würden Sie das so sagen können?
Werner: Er war irgendwie schon Außenseiter. Was mich aber an ihm fasziniert hat und immer noch fasziniert, ist eben diese Vielfalt seiner Filme. Er hat also nie ein Strickmuster entwickelt. Als ich anfing, mich mit ihm zu beschäftigen, war auch einer der ausschlaggebenden Gründe, dass es über ihn im deutschsprachigen Raum überhaupt keine Informationen gab. Also, es gab Zeitungsartikel, jede Menge Klatschgeschichten. Aber es gab zum Beispiel bis 1981, bis mein erstes Buch damals rauskam, gab es auch kein deutschsprachiges Buch über ihn. Und was natürlich sehr angenehm ist, wenn man über einen Regisseur schreibt oder forscht, wenn er vergleichsweise wenig Filme gemacht hat. Man kann also alle Filme ausführlich darstellen, was bei einem Regisseur, der 40 Filme gedreht hat, nicht mehr so schaffen kann.
Tegeler: Wenn Roman Polanski jetzt 80 Jahre alt wird, haben Sie den Eindruck, dass die künstlerische, die filmemacherische Kraft dieses Mannes weniger wird?
Werner: Eher im Gegenteil. Ich habe seit "Der Pianist", seit Beginn dieses Jahrtausends habe ich eher den Eindruck, dass er noch einmal zu einer richtigen Hochform aufläuft.
Tegeler: Paul Werner, wenn man ihre Biografie über Roman Polanski liest, dann bestätigt sich ein Eindruck, dass dies ein Filmemacher ist, der sich im Prinzip nicht wiederholt in seinem Werk.
Werner: Er hat sich eigentlich nicht wiederholt. Es ist überraschend, dass er auch nicht auf ein Genre festzulegen ist, sondern dass er alles mal versucht und in allem irgendwie sozusagen ein kanonisches Werk schafft. Irgendwie einen exemplarischen Film schafft. Wo er immer auch sich betätigt. Das ist schon sehr faszinierend. Und auch sehr ungewöhnlich. Als,o fast jeder andere Regisseur, der mir so einfällt im Moment, hat immer wieder versucht, an frühere Filme anzuknüpfen.
Tegeler: Was aber ebenso ziemlich klar ist, dass mit dem Herren zu drehen nicht unbedingt ein Vergnügen ist. Also, ein Diktator am Set ist er ja wohl auch über all die Jahrzehnte geblieben?
Werner: Ja, er ist aber gleichzeitig unglaublich beliebt bei den Schauspielern. Klar, Drehzeit ist unter Umständen eine Leidenszeit mit Polanski. Aber das Ergebnis, das dabei herauskommt, macht das alles wieder wett. Immer wieder gibt es Aussagen von Schauspielern, die alle total begeistert von ihm sind, die sagen, das ist ein wunderbares Arbeiten. Anstrengend, klar, er ist ein Diktator, aber einer der weiß, ein Regisseur muss wissen, was er will, sonst ist er ein schlechter Regisseur. Vor allen Dingen: Fast alle Leute haben ja die Höchstleistung ihrer Karriere meistens mit Polanski gehabt.
Tegeler: Paul Werner, wenn man dieses Werk über diese Jahrzehnte anschaut, hatte Polanski eigentlich ihres Wissens nach einen Plan, was er als nächste macht. Oder war das eher zufällig bedingt?
Werner: Also, ich glaube nicht, dass er einen Plan hat. Und wenn er mal einen Plan hatte, hat sich der Plan ja nie so richtig erfüllt. Er hat ja selber die These, dass er sozusagen spontan nach einem Filme entscheidet, was er als Nächstes macht. Und dann macht er gerne etwas völlige Anderes. Das ist natürlich eine etwas geschönte Fassung der Wahrheit. Die Wahrheit sieht ja so aus, dass gerade in der mittleren Phase, wo er auch finanzielle Probleme hatte, dass er manchmal einfach auch nur das nehmen musste, was er angeboten bekam. Es gibt so zwei Kuriosa. Es gibt einmal, dass er immer, wenn irgendwas schief gelaufen ist, denkt, beim nächsten Film wird alles besser. Und dann wird es meistens noch schlimmer. Und er hat, irgendwie hat er Probleme mit dem Wetter. Er hat, als er "Macbeth" gedreht hat, war in England und Wales, wo er gedreht hat, das schlechteste Wetter, seitdem es überhaupt Wetteraufzeichnungen gibt.
Tegeler: Die Hollywood-Phase, die Roman Polanski hatte, zwei Filme, "Chinatown" und "Rosemaries Baby", da sagen Sie, dass er, Polanski, sich verstanden hätte als Filmemacher in der Tradition von Billy Wilder. Als jüdischer Exilant in einem Hollywood, das ohne diesen Impuls von außen sozusagen erstarrt wäre in Konventionen oder in Schemata. Ist er ein europäischer Regisseur?
Werner: Er ist durch und durch ein europäischer Regisseur. Und er hätte, wenn die Geschichte ein bisschen anders verlaufen wäre, hätte er durchaus auch ein Europäer in Hollywood werden können wie Billy Wilder. Ich glaube, sein verpasster Lebenstraum wäre der gewesen, in die Fußstapfen von Billy Wilder zu treten. Ein Europäer, der einen anderen Blickwinkel reinbringt, der nicht so auf Happy End aus ist. Polanski hat ja nicht das typische Happy End wie die normalen Hollywood-Regisseure. Ein europäischer Regisseur in Hollywood, das wäre glaube ich sein Ding gewesen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Paul Werner: Also, ich finde ja nicht. Das ist eine meiner Thesen des Buches, dass er eine öffentliche Person ist, aber eben keine offene Person. Und das ist leicht zu verwechseln. Wenn man viel in der Presse liest über eine Person, viel aus seinem persönlichen Leben, dann denkt man ja immer, jemand öffnet sich. Emotional. Also, unter offen verstehe ich eine Person, die sozusagen Einblick in ihre Gefühle erlaubt. Und das ist bei Polanski meiner Meinung nach nicht der Fall. Das merkt man auch ein bisschen in seiner Autobiografie, die ja sehr anekdotenreich ist, die aber meiner Meinung nach einen Mangel an Empathie zeigt. Also Empathie auch seinem eigenen Leben gegenüber. Sein Leben ist ja so bizarr, dass man denkt, er müsse auch Gefühle äußern zu seinem eigenen Leben. Das sehe ich irgendwie nicht so. Ich denke mal, der hält das ziemlich bedeckt. Ist nicht offen, ist nicht wirklich offen.
Tegeler: Das heißt, wenn wir "Polanski. Eine Biografie" von Paul Werner vor uns haben, dann haben wir keine Biografie vor uns, die irgendwie ein autorisiertes Interview mit Polanski enthält, weil er kein Interview über sein Leben gibt?
Werner: Die gibt er grundsätzlich nicht. Also, er macht Interviews gelegentlich im Rahmen der PR zu seinen Filmen. Aber er ist nicht eine Person, die Interviews geben würde, wo man biografische Details abfragen würde. Das lehnt er ab. Im Gegenteil, er ist sogar sehr heftig, wenn er erfährt, dass der Interviewer, der gerade vor ihm sitzt, über sein Leben schreiben will. Das hasst er unglaublich.
Tegeler: Ich merke gerade, dass ich immer wieder zu dem Aspekt Verführung komme. Nämlich Verführung, man fühlt sich verführt, über Polanski zu denken, über seine Filme zu denken. Ein Aspekt der Verführung könnte darin liegen, dass man sagt, der jüdische polnische Junge, der das Krakauer Getto überlebt, der dann eine bizarre Reise - Frankreich, London, Hollywood, Schweiz und so weiter und so fort - unternommen hat, und dann ist man natürlich ganz schnell dabei zu überlegen, ja, Mensch, wie ist das denn. Und in "Ekel" und in "Tess", "Tanz der Vampire" und natürlich dann im oscarprämierten "Der Pianist" - also die Geschichte des Warschauer Gettos -, man ist in Verführung quasi, eine Verbindung, eine biografistische Linie, zwischen Leben und Werk herzustellen. Ist das eine falsche Fährte?
Werner: Ja, teils, teils. Es ist eine Frage der Dosis, würde ich mal sagen. Wenn man es jetzt genereller sieht, ist das durchaus ein legitimer Ansatz, der auch bei Polanski naheliegt. Man darf es nur nicht zu detailreich machen. Man muss immer im Auge behalten, dass er ja einerseits Künstler ist, der seine Sachen überhöht. Und andererseits darf man auch nicht vergessen, dass es ja immer für die Filme, für die meisten Filme, literarische Vorgaben gibt. Das heißt, er ist natürlich nicht völlig frei, sich von der Vorlage zu lösen.
Tegeler: Und trotzdem ist es so, dass Sie einige Grundthemen, sie nennen es Meta-Themen, bei Polanski schon ausmachen. Das ist auf der einen Seite der Fluchtreflex.
Werner: Der Fluchtreflex ist, glaube ich, wenn man sich mit seiner Kindheit befasst, ist der Fluchtreflex sozusagen antrainiert. Es gibt kaum einen Menschen, der so eine Kindheit hat, wo er so oft hat fliehen müssen. Das prägt ihn sein ganzes Leben lang. An manchen Punkten ist auch, oder an vielen Punkten ist auch der Fluchtreflex sehr sinnvoll gewesen. In seinen frühen Lebensjahren. Ober jetzt der Fluchtreflex in dem Moment, wo er aus den USA verschwunden ist, ob der vielleicht so klug war, wage ich zu bezweifeln. Er hätte sich dem stellen sollen.
Tegeler: Paul Werner, Sie haben jetzt das zweite Buch über Polanski geschrieben. Das erste war eine Filmografie. Jetzt eine Biografie. Mögen Sie Polanski?
Werner: Aus irgendeinem Grund, ich weiß nicht genau, warum, aber irgendwie mag, ich ihn schon. Offenbar. Irgendwie scheine ich ihn zu mögen. Ja, ich weiß auch nicht so genau, warum.
Tegeler: Ja, vielleicht noch einmal gemeinsam drüber nachdenken. Ein Regisseur, der immer wieder zumindest wie eine eigene Handschrift entwickelt hat, war er der ewige Außenseiter? Und war er auch in der Kunst der ewige Außenseiter? Würden Sie das so sagen können?
Werner: Er war irgendwie schon Außenseiter. Was mich aber an ihm fasziniert hat und immer noch fasziniert, ist eben diese Vielfalt seiner Filme. Er hat also nie ein Strickmuster entwickelt. Als ich anfing, mich mit ihm zu beschäftigen, war auch einer der ausschlaggebenden Gründe, dass es über ihn im deutschsprachigen Raum überhaupt keine Informationen gab. Also, es gab Zeitungsartikel, jede Menge Klatschgeschichten. Aber es gab zum Beispiel bis 1981, bis mein erstes Buch damals rauskam, gab es auch kein deutschsprachiges Buch über ihn. Und was natürlich sehr angenehm ist, wenn man über einen Regisseur schreibt oder forscht, wenn er vergleichsweise wenig Filme gemacht hat. Man kann also alle Filme ausführlich darstellen, was bei einem Regisseur, der 40 Filme gedreht hat, nicht mehr so schaffen kann.
Tegeler: Wenn Roman Polanski jetzt 80 Jahre alt wird, haben Sie den Eindruck, dass die künstlerische, die filmemacherische Kraft dieses Mannes weniger wird?
Werner: Eher im Gegenteil. Ich habe seit "Der Pianist", seit Beginn dieses Jahrtausends habe ich eher den Eindruck, dass er noch einmal zu einer richtigen Hochform aufläuft.
Tegeler: Paul Werner, wenn man ihre Biografie über Roman Polanski liest, dann bestätigt sich ein Eindruck, dass dies ein Filmemacher ist, der sich im Prinzip nicht wiederholt in seinem Werk.
Werner: Er hat sich eigentlich nicht wiederholt. Es ist überraschend, dass er auch nicht auf ein Genre festzulegen ist, sondern dass er alles mal versucht und in allem irgendwie sozusagen ein kanonisches Werk schafft. Irgendwie einen exemplarischen Film schafft. Wo er immer auch sich betätigt. Das ist schon sehr faszinierend. Und auch sehr ungewöhnlich. Als,o fast jeder andere Regisseur, der mir so einfällt im Moment, hat immer wieder versucht, an frühere Filme anzuknüpfen.
Tegeler: Was aber ebenso ziemlich klar ist, dass mit dem Herren zu drehen nicht unbedingt ein Vergnügen ist. Also, ein Diktator am Set ist er ja wohl auch über all die Jahrzehnte geblieben?
Werner: Ja, er ist aber gleichzeitig unglaublich beliebt bei den Schauspielern. Klar, Drehzeit ist unter Umständen eine Leidenszeit mit Polanski. Aber das Ergebnis, das dabei herauskommt, macht das alles wieder wett. Immer wieder gibt es Aussagen von Schauspielern, die alle total begeistert von ihm sind, die sagen, das ist ein wunderbares Arbeiten. Anstrengend, klar, er ist ein Diktator, aber einer der weiß, ein Regisseur muss wissen, was er will, sonst ist er ein schlechter Regisseur. Vor allen Dingen: Fast alle Leute haben ja die Höchstleistung ihrer Karriere meistens mit Polanski gehabt.
Tegeler: Paul Werner, wenn man dieses Werk über diese Jahrzehnte anschaut, hatte Polanski eigentlich ihres Wissens nach einen Plan, was er als nächste macht. Oder war das eher zufällig bedingt?
Werner: Also, ich glaube nicht, dass er einen Plan hat. Und wenn er mal einen Plan hatte, hat sich der Plan ja nie so richtig erfüllt. Er hat ja selber die These, dass er sozusagen spontan nach einem Filme entscheidet, was er als Nächstes macht. Und dann macht er gerne etwas völlige Anderes. Das ist natürlich eine etwas geschönte Fassung der Wahrheit. Die Wahrheit sieht ja so aus, dass gerade in der mittleren Phase, wo er auch finanzielle Probleme hatte, dass er manchmal einfach auch nur das nehmen musste, was er angeboten bekam. Es gibt so zwei Kuriosa. Es gibt einmal, dass er immer, wenn irgendwas schief gelaufen ist, denkt, beim nächsten Film wird alles besser. Und dann wird es meistens noch schlimmer. Und er hat, irgendwie hat er Probleme mit dem Wetter. Er hat, als er "Macbeth" gedreht hat, war in England und Wales, wo er gedreht hat, das schlechteste Wetter, seitdem es überhaupt Wetteraufzeichnungen gibt.
Tegeler: Die Hollywood-Phase, die Roman Polanski hatte, zwei Filme, "Chinatown" und "Rosemaries Baby", da sagen Sie, dass er, Polanski, sich verstanden hätte als Filmemacher in der Tradition von Billy Wilder. Als jüdischer Exilant in einem Hollywood, das ohne diesen Impuls von außen sozusagen erstarrt wäre in Konventionen oder in Schemata. Ist er ein europäischer Regisseur?
Werner: Er ist durch und durch ein europäischer Regisseur. Und er hätte, wenn die Geschichte ein bisschen anders verlaufen wäre, hätte er durchaus auch ein Europäer in Hollywood werden können wie Billy Wilder. Ich glaube, sein verpasster Lebenstraum wäre der gewesen, in die Fußstapfen von Billy Wilder zu treten. Ein Europäer, der einen anderen Blickwinkel reinbringt, der nicht so auf Happy End aus ist. Polanski hat ja nicht das typische Happy End wie die normalen Hollywood-Regisseure. Ein europäischer Regisseur in Hollywood, das wäre glaube ich sein Ding gewesen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.