Archiv

Rosetta-Mission
Wettstreit um erste Daten von Komet 67P

Die Landesonde Philae ist ein fliegendes Labor: Der rund 100 Kilogramm schwere Lander besteht zu gut einem Viertel aus wissenschaftlichen Instrumenten. Ob aber wirklich alle Instrumente zum Einsatz kommen können, hängt von vielen Faktoren ab - unter anderem vom Sonnenlicht.

Von Karl Urban |
    Das Landegerät der Rosetta-Mission mit Namen Philae - ein High-Tech-Würfel mit einer Kantenlänge von etwa einem Meter - ist bestückt mit zehn wissenschaftlichen Instrumenten. (Video-Still aus "Mission ins Ungewisse II – Der Kometenlander Philae")
    Instrumente des Kometenlanders Philae (DLR (CC-BY 3.0))
    Als sich Philae heute Vormittag von seiner Muttersonde Rosetta trennte, begann die Uhr der kleinen Landesonde zu ticken. Denn Philae trägt eine voll geladene Batterie mit sich. Knapp drei Tage muss deren Energievorrat reichen. Erst dann soll eine zweite Batterie einspringen, die mit Solarzellen aufgeladen wird, erläutert der wissenschaftliche Leiter von Philae Hermann Böhnhardt: "Wir wollen ja ein paar Monate mit dem Kometen mitfliegen und auch mit dem Lander aktiv sein."
    Hermann Böhnhardt hofft dafür auf die zweite, aufladbare Batterie an Bord: "Und das bedeutet, die ersten zwei, drei Tage können wir von unseren Batterien leben. Danach müssen wir von der Sonnenenergie leben können."
    Gerangel um die besten Plätze
    Dabei ist es gut möglich, dass Philae in einer schattigen Mulde landet - und ihm schon bald der Strom ausgeht. Deshalb mussten die Forscher vorab entscheiden, welche Instrumente zuerst messen sollen - und wer erst später an die Reihe kommt. Das war durchaus keine leichte Entscheidung, sagt Tilman Spohn vom Berliner Institut für Planetenforschung des DLR:
    "Es ist sicherlich besser, früh dranzukommen, wenn die Batterie frisch ist. Wenn ich relativ spät dran bin, weiß ich ja nicht, ob die Batterie tatsächlich so lange durchhalten wird. Insofern gibt es da schon ein bisschen Gerangel um die besten Plätze vor der Bühne."
    Die besten Chancen auf gute Daten haben jene Instrumente, die schon während des Sinkflugs arbeiten durften. Die Kamera an der Unterseite des Landers schoss Fotos der näher kommenden Oberfläche. Ein Magnetometer versuchte, noch im Flug möglicherweise vorhandene Magnetfelder des Kometen nachzuweisen. Andere Instrumente nahmen nur kurz einige Testwerte auf - bis Philae aufsetzte. Hermann Böhnhardt:
    "Bei der Landung selber werden dann sofort wissenschaftliche Messungen gemacht werden, nämlich eine Panoramaaufnahme des Landeplatzes mit allen Kameras, die wir an Bord haben."
    Nach der Landung wird gedreht
    Wenn alles geklappt hat, sollte das kurz vor 17 Uhr passieren. Ein Teil der ersten Batterieladung ist jetzt bereits verbraucht - aber die begehrten Proben aus dem Untergrund darf Philae dennoch nicht sofort sammeln. Denn ein Bohrereinsatz würde den Lander zu früh am Boden fixieren, sagt Hermann Böhnhardt:
    "Also fahren wollen wir nicht nach Möglichkeit, aber wir wollen drehen. Da hätten wir eine Einschränkung der Bewegungen. Deswegen wird das Bohren auch erst passieren, wenn wir den Lander so ausgerichtet haben, dass wir unsere Langzeitmission sicherstellen, dadurch dass die Solarpaneele richtig orientiert sind."
    Und erst dann werden die restlichen Experimente eingeschaltet - ein Drehbohrer schraubt sich bis zu 20 Zentimeter in den Boden. Eine pfefferkorngroße Probe wird zu einer Mikroskopkamera und zweierlei Gaschromatographen und Massenspektrometern geliefert - und die untersuchen die chemischen Bestandteile - das Jahrmilliarden alte Urmaterial aus dem jungen Sonnensystem. Und auch das Instrument MUPUS von Tilman Spohn ist dann endlich an der Reihe - und wird in die Tiefe gehämmert, um Festigkeit und Wärmehaushalt des Untergrunds zu vermessen. Der Berliner Planetenforscher wäre damit gerne eher an die Reihe gekommen, musste sich aber sicher guten Argumenten seiner Kollegen beugen:
    "Da ist das ein oder andere Instrument schon mal in Konkurrenz mit dem anderen. Aber das geht alles im kollegialen Ton und Sinn ab. Mit mal heißen Debatten. Mal mit weniger heißen Debatten. Aber okay."