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Rostock
Wiedereinstellung von Sewan Latchinian?

Die Rostocker Bürgerschaft hat die Wiedereinstellung des erst im März gekündigten Intendanten des Volkstheaters, Sewan Latchinian, gefordert. Der hatte die Sparpolitik der Regierung im Kulturbereich mit der Zerstörung von Kulturgütern durch den IS verglichen.

Von Silke Hasselmann |
    Sewan Latchinian, der Intendant des Rostocker Volkstheaters
    Sewan Latchinian, der Intendant des Rostocker Volkstheaters (dpa / picture alliance / Steffen Rasche)
    Die Sache ist noch nicht zu Ende, denn es war der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling, der den fristlosen Rauswurf Latchinians betrieben hatte. Es sei ja nicht nur um dessen IS-Vergleich gegangen, sagt er nun, sondern auch darum, dass der Intendant beschlossene Strukturänderung am Rostocker Volkstheater nicht mittragen wollte.
    "Insofern ist es natürlich nicht ganz einfach, hier über die Wiederherstellung eines Vertrauensverhältnisses zu sprechen. Als Oberbürgermeister habe ich nun 14 Tage Zeit, sehr gründlich zu überlegen, ob ich diesem Beschluss der Rostocker Bürgerschaft folgen kann, oder ob wir hier noch einmal drüber nachdenken müssen.
    Mahnt er Latchinian ab, setzt ihn aber wieder als Intendant ein? Widerspricht er der Bürgerschaftsentscheidung? Es wäre nicht das erste Mal, dass sich der seit zehn Jahren regierende Oberbürgermeister über Parlamentsentscheidungen hinweggesetzte.
    Doch warum war es überhaupt zu dieser Sondersitzung gekommen? Zum einen finden zwar auch viele Bürgerschaftsabgeordnete Latchinians markige Äußerungen geschmacklos bis ehrabschneidend. Doch ihn zu entlassen sei überzogen; der IS-Vergleich vermutlich nur ein Vorwand für den Oberbürgermeister, den lästig gewordenen Streiter für den Fortbestand des Rostocker Volkstheaters als Vier-Sparten-Haus loszuwerden.
    Unterstützer Latchinians organisierten Menschenkette
    Einige Stadtvertreter schauten vor allem auf Rostocks Schuldenstand und die trübe Aussicht auf einen teuren Arbeitsgerichtsprozess beziehungsweise wieder einmal eine erkleckliche Abfindung für einen geschassten Theaterintendanten. Von einer halben Million Euro für Sewan Latchinian ist die Rede. Und dann ist da die relativ kleine, aber wachsende Minderheit der Theater- und Latchinian-Unterstützer. Hunderte bildeten am Montag eine Menschenkette vom Theater zum Rathaus, denn:
    "Es ist lebendig geworden in den letzten Monaten. Mein Mann und ich haben plötzlich ein Abo. Die Inszenierungen, die wir gesehen haben, sind spektakulär, sensationell, wo wir gesagt haben: Ist das noch Rostock?" erzählt eine Frau. An anderer Stelle berichtet ein junger Mann: "Ich bin das letzte halbe Jahr so gern wie nie zuvor ins Theater gegangen, und ich möchte, dass das so bleibt."
    Der 54-jährige Regisseur und Schauspieler Sewan Latchinian zeigt sich dankbar für die Unterstützung und hofft auf einen baldigen Neuanfang mit dem Oberbürgermeister.
    "Man hatte ja versucht, das Ganze auf eine Personaldebatte zu verengen. Dieser Versuch ist gescheitert und nun geht es wirklich darum, zu bereden: Was machen wir hier? Welche Bedingungen hat der Intendant, wenn er denn weiterarbeiten soll?"
    Auch er habe übrigens dazu gelernt und wolle seine Kommunikation verbessern. Das heißt: Künftig mehr und eher mit den Politikern reden statt über sie.