Berlin hat eine neue Landesregierung: Ein Dreierbündnis unter Führung der SPD übernimmt ab heute die Geschäfte – der Sozialdemokrat Michael Müller wurde am Vormittag vom Abgeordnetenhaus erneut in das Amt des Regierenden Bürgermeisters gewählt. Parlamentspräsident Ralf Wieland verkündet das Ergebnis.
"Ja-Stimmen, 88, Nein: 68, zwei Enthaltungen. Herr Michael Müller ist damit zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Herr Müller, nehmen Sie die Wahl an? Dann sind Sie ordnungsgemäß gewählter Bürgermeister von Berlin. Herzlichen Glückwunsch!"
Rot-Rot-Grün hat 92 Stimmen, Müller erhielt 88 – ein Grund für die Opposition, an der Stabilität der neuen Landesregierung zu zweifeln. CDU-Fraktionschef Florian Graf:
"Na, ganz offenbar, die ersten Abtrünnigen gibt's schon. Es fehlen ja vier Stimmen aus der Koalition, also ein guter Start sieht anders aus. Da hat man alle Mann, alle Frauen, an Bord. Aber das ist jetzt erst mal nicht der Fall gewesen und man wird sehen, ob das Risse in der SPD-Fraktion sind, die sich ja angedeutet haben in den letzten Tagen."
Die Freien Demokraten kritisieren das Politikverständnis der neuen Landesregierung – der Koalitionsvertrag sei extrem kleinteilig, es fehlten die Visionen für die Metropole Berlin, sagt FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja:
"Das ist kein innovativer Geist, das ist kein Geist, der Bewegung und Dynamik in die Stadt bringt, das ist ein Kleingeist, das ist klein kariert, und das ist vor allen Dingen kein Interessensausgleich, sondern ein gegeneinander Ausspielen der Interessen."
Die beste Koalition für die kommunale Ebene
Die grüne Spitzenfrau Ramona Pop widerspricht. Rot-Rot-grün werde eine Regierung für die ganze Stadt sein, sagt die neue Wirtschaftssenatorin. Wir sind angetreten, die Probleme der Stadt zu lösen, so Pop. Sie verspricht:
"Kein Streit. Streit in der Sache, ja, aber kein Streit in der Öffentlichkeit. Das hat vor allem Rot und Schwarz beschädigt, die miteinander gar nichts mehr hinbekommen haben am Schluss, außer sich zu streiten. Wir wollen konstruktiv an den Problemen und Lösungen miteinander arbeiten. Dafür steht auch der doch dicke Koalitionsvertrag, den wir geschrieben haben. Der zeigt aber auch, dass wir auch viele konkrete Sachen im Angebot haben. Wir haben finanziell auch einiges festgelegt, was wir in den nächsten Jahren miteinander machen wollen. Und auf diesen weg machen wir uns heute."
Thüringen und Berlin – das sind jetzt zwei rot-rot-grüne Bündnisse auf Landesebene, in Thüringen unter Führung der Linken, in Berlin unter Führung der SPD. Regierungschef Michael Müller auf die Frage, ob dieses Dreier-Bündnis nun argwöhnisch von außen beäugt werde.
"Argwöhnisch glaube ich gar nicht, sondern interessiert. Und wir wollen auch gar kein Modell sein, weil eben auf Bundesebene auch andere Themen eine Rolle spielen wie Außen- und Sicherheitspolitik, wie europäische Finanzpolitik. Das hat alles eine andere Bedeutung als die Themen hier der kommunalen Ebene, aber dass wir beobachtet werden, wissen wir."
Die neuen Senatorinnen und Senatoren sind soeben vereidigt worden – die erste rot-rot-grüne Senatssitzung findet am frühen Abend statt.