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Rot-Rot-Grün in Thüringen
"Grüne Handschrift muss erkennbar sein"

Dass die Grünen in Thüringen den Linken-Politiker Bodo Ramelow zum neuen Ministerpräsidenten wählen, sei durchaus vorstellbar, sagte Grünen-Landeschef Dieter Lauinger im DLF. Die Sondierungsgespräche seien gut verlaufen. In Koalitionsverhandlungen stünden aber noch kritische Fragen an.

Dieter Lauinger im Gespräch mit Jürgen Liminski |
    Der Landessprecher der Grünen in Thüringen, Dieter Lauinger.
    Der Landessprecher der Grünen in Thüringen, Dieter Lauinger. (picture alliance / dpa / Martin Schutt)
    Jürgen Liminski: Herr Lauinger, was ist denn von Ihrer Seite zu erwarten, Ja oder Nein?
    Dieter Lauinger: Wir werden diese Frage im Landesvorstand ausführlich beraten. Wir werden das Sondierungsergebnis ausführlich bewerten und dann eine Entscheidung treffen. Es ist tatsächlich so, dass wir über das bisher erzielte Sondierungsergebnis durchaus zufrieden sind. Von daher kann ich mir sehr gut vorstellen, dass der Landesvorstand am Donnerstag zustimmen wird. Aber einer Entscheidung vorgreifen möchte ich natürlich auch nicht.
    Liminski: Und Sie persönlich, sind Sie bereit?
    Lauinger: Ich denke, so wie die Sondierungsgruppe, zu der ich ja auch gehört habe, das Ergebnis bewertet, werden wir dem Landesvorstand vorschlagen, dass man aufgrund dieses Ergebnisses in Koalitionsverhandlungen gehen kann, was nicht heißt, dass in diesen Koalitionsverhandlungen noch durchaus schwierige Fragen zu klären sein werden.
    Klare Positionierung zur DDR-Vergangenheit
    Liminski: Ist denn auch die grüne Basis bereit für R2G?
    Lauinger: Wir haben ja im Vorfeld dieser Sondierungsgespräche sehr intensiv mit, ich nenne es mal, dem Bündnisflügel von Bündnis 90 geredet und sehr intensiv uns angehört, wo Bedenken liegen könnten, wo Stolpersteine sind, und jedem war klar, Bündnis 90/Die Grünen geht nicht in solche Sondierungsgespräche, wenn es nicht eine klare Positionierung der Linken zur DDR-Vergangenheit gibt. Das war auch sozusagen der Einstieg in diese Sondierungsgespräche und ohne dieses klare Bekenntnis, welches wir in diesem gemeinsamen Papier verabredet haben, hätte es keine Sondierungsgespräche mit den Grünen gegeben.
    Liminski: Ihre Partei, Herr Lauinger, heißt "Bündnis 90/Die Grünen". Da schwingt noch etwas vom Widerstand in der DDR mit. Wie wollen Sie Zweifler überzeugen, dass man mit der Linken bessere Politik macht als mit den anderen Parteien?
    Lauinger: Wir haben gerade mit diesen Leuten sehr intensiv das Gespräch gesucht. Was wir auch versucht haben umzusetzen ist, dass es uns nicht nur um den Begriff in diesem Papier geht, der sehr viel zitiert wurde in den letzten Tagen und Wochen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern uns geht es auch um konkrete Aufarbeitungsprojekte. Uns geht es darum, dass diese Aufarbeitung, die nach unserer Auffassung 24 Jahre nicht in ausreichendem Maße passiert ist, jetzt auch noch mal an Fahrt gewinnt, und das waren Dinge, die, glaube ich, sehr viele bei uns überzeugt haben. Ich habe mit sehr vielen auch persönlich geredet und habe immer wieder gehört, das ist nicht unsere Wunschkoalition, und klar gibt es da Bedenken, aber was wir in Bezug auf Aufarbeitung, auf Auseinandersetzung mit DDR-Vergangenheit schon erreicht habt, das ist es wert, das Risiko einzugehen.
    Vergangenheitskontrolle vor Ämterbesetzung
    Liminski: Werden Sie auch Unbedenklichkeitsbescheinigungen verlangen, also die Vergangenheit von linken Ministern und Staatssekretären durchleuchten lassen, oder sagen Sie, das ist uns nach 25 Jahren egal?
    Lauinger: Nein, das ist uns nicht egal, und wir haben ja auch in diesem gemeinsamen Papier hierzu eine ganz, ganz konkrete Vereinbarung, die da lautet, diese Regierung wird niemand in Ämter berufen, der direkt oder indirekt mit dem Sicherheitssystem der DDR zusammengearbeitet hat. Das ist die Krux, wo sich es entscheiden wird, ob Mitglieder in diese Regierung gehen können oder nicht.
    Liminski: Das heißt, wenn Die Linke nicht damit einverstanden ist, mit diesem Ausschusskriterium, dann kommt es nicht zur Koalition?
    Lauinger: Dieses Ausschlusskriterium ist vereinbart. Es ist nicht so, dass wir das jetzt neu ins Gespräch bringen, sondern diese Vereinbarung ist Teil des gemeinsamen Papiers zur DDR-Vergangenheit.
    Liminski: Welche Bedingung stellen Sie denn an eine Regierung Ramelow, außer dieser, über die wir gerade gesprochen haben?
    Lauinger: Das werden die endgültigen Koalitionsverhandlungen noch zeigen. Natürlich ist es so, dass ein Koalitionsvertrag eine deutlich grüne Handschrift tragen muss. Das heißt, unsere Kernkompetenzen im Bereich Umweltschutz, im Bereich Klimaschutz, Energiewende, artgerechte Tierhaltung, vielfältige Bildung, das werden so die für uns zentralen Projekte sein, wo man natürlich auch eine grüne Handschrift erkennen muss in diesem Koalitionsvertrag. Dann, denke ich, kann es möglich sein, dass so eine Regierung zustande kommt.
    Zwei Ministerien für Grüne?
    Liminski: Aus Presseberichten ist zu entnehmen, Sie wollen, wenn es dazu kommt, zwei Ministerien haben. Ist das nicht ein bisschen viel für eine Fünf-Prozent-Partei in einer Dreierkoalition?
    Lauinger: Wir haben an dieser Stelle immer wörtlich gesagt, es ist für uns nicht denkbar, dass ein Grüner allein an diesem Kabinettstisch sitzt. Das ist die Formulierung, die wir verwendet haben, und alles weitere wird sich dann in Koalitionsgesprächen zeigen müssen.
    Liminski: Und welche Ministerien sind das?
    Lauinger: An dieser Stelle haben wir auch immer klar gesagt, dass für uns eine Zuständigkeit Gesetz ist. Das ist die Zuständigkeit für die Umweltpolitik. Über alles andere muss man reden.
    Liminski: Die Option Rot-Schwarz-Grün, wenn ich jetzt unser Gespräch betrachte, ist überhaupt nicht mehr diskutabel.
    Lauinger: Eine SPD, die sich einstimmig entschieden hat, Rot-Rot-Grün zu favorisieren oder zu verfolgen, hat diese Option ja auch dicht gemacht. Aber an dieser Stelle muss man auch noch mal klar sagen: Die CDU hat immer sehr viel über Schwarz-Rot-Grün geredet. Faktisch getan hat sie an keiner Stelle irgendwas dafür. Die Grünen hatten niemals eine Einladung der CDU zu gemeinsamen Sondierungsgesprächen mit der SPD. Wir hatten eine einzige Einladung der CDU, und zwar separat, nicht zusammen mit der SPD, um uns mal über Thüringen und Thüringer Politik im Allgemeinen zu unterhalten. Es gab nie eine Einladung zu gemeinsamen Sondierungsgesprächen mit der SPD. Von daher: Es gab nie eine Tür, die wir zuschlagen konnten.
    Liminski: Noch ganz kurz: Kann man sich für die Wahl des Ministerpräsidenten auf alle in Ihrer Fraktion verlassen?
    Lauinger: Auch da gilt das, was ich eben gesagt habe. Wenn wir einen Koalitionsvertrag zustande bringen, der eine deutlich grüne Handschrift trägt, bin ich mir sicher, dass unsere sechs Abgeordneten geschlossen in der Wahl für diese Koalition und damit für Bodo Ramelow stimmen werden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.