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Royal-Mail-Aktien starten mit Kursfeuerwerk

330 Pence hat die Aktie gekostet, 450 Pence war die erste Notierung: Ein Plus von mehr als 30 Prozent, das die Royal Mail bei ihrem Börsen-Debüt erlebte. Nun muss die Regierung den niedrigen Ausgabepreis gegen Kritik der Gewerkschaften verteidigen.

Von Jochen Spengler |
    Der Run auf die Royal-Mail-Aktie ist immens. Schon in der ersten Börsenstunde legte das Papier im eingeschränkten Handel um 35 Prozent zu. Hatte der Ausgabepreis bei 3,30 Pfund gelegen, wurde es rasch mit 4,50 Pfund gehandelt. Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die vor dem Börsengang bemängelten, dass die Regierung den ältesten Zustelldienst der Welt weit unter Wert verscherbele. Gewerkschaftschef Billy Hayes war nicht nach Feiern zumute.

    "Es ist eine Tragödie, dieses Unternehmen ist nahezu 500 Jahre alt und wird privatisiert ohne guten Grund. Es ist unterbewertet und Vince Cable, einer der Klügsten in der britischen Politik hat wahrscheinlich eine der dümmsten Entscheidungen in seiner Karriere getroffen."

    Doch der so charakterisierte liberale Wirtschaftsminister wies den Vorwurf zurück.

    "Wir sind daran interessiert, dieser Institution zu helfen, in einem schwierigen Markt zu überleben. Wegen der E-Mails hat sie eine Menge ihres Geschäfts verloren und sie benötigt viel Geld, um zu investieren. Das bekommt sie nur auf dem privaten Kapitalmarkt und nicht von der Regierung, weswegen wir die Privatisierung machen mussten."

    Von Unterbewertung könne keine Rede sein, sagte Cable, denn auf den aktuellen Aktienkurs komme es absolut nicht an:

    "Was zählt, ist, wo sich der Preis in drei oder sechs Monaten oder gar Jahren einpendelt. Ich war entschlossen sicherzustellen, dass die Aktien an gute, stabile langfristige Investoren gehen. Das sind zu einem Großteil Pensionsfonds und Versicherungen, die das Geld von Millionen Briten betreuen."

    Institutionelle Anleger überzeichneten zwanzigmal das Angebot. Sie erhielten etwa zwei Drittel der Aktien, die auf den Markt kamen. Das restliche Drittel wurde an kleine Privatinvestoren verteilt, die siebenfach überzeichneten. Premierminister David Cameron sprach vom populären Kapitalismus.

    "A piece of popular capitalism.”"

    Am Ende erhielten 700.000 kleine Bewerber jeweils pauschal 227 Aktien mit einem Ausgabewert von knapp 750 Pfund, verkündete Wirtschaftsminister Cable stolz:

    ""Die einzigen Leute, die leer ausgingen, sind sehr wohlhabende Investoren, die Aktien für mehr als 10.000 Pfund wollten. Denen haben wir gesagt, wie müssen es einteilen, ihr wollt ein Riesenstück vom Kuchen, das können wir Euch nicht geben und lehnen Euer Angebot ab."

    Am kommenden Dienstag wird die Royal-Mail-Aktie ohne Einschränkungen an den Börsen gehandelt werden. Einen Tag später stimmen die 150.000 Mitarbeiter des Unternehmens über einen Streik ab. Jeder von ihnen konnte Aktien für 2.200 Pfund umsonst erhalten – nur wenige schlugen das Geschenk aus. Gewerkschaftsboss Billy Hayes:

    "Ich kenne keinen in Großbritannien, der sich geschenktem Geld verweigern würde. Aber nächsten Mittwoch bei der Urabstimmung kommt der Test, was die Postmitarbeiter über die Bedrohung ihrer Arbeitsbedingungen denken."