Hinweis vorab: Falls Sie erzürnt sein sollten, dass der royale Heckmeck Sie sogar in erlesenen Kultursendungen verfolgt – nur die Ruhe! Es kommt doch immer darauf an, wie man die Dinge intellektuell anpackt. Deshalb distanzieren wir uns selbstverständlich von dem britischen Revolver-Blatt "The Sun", das jüngst mit der Überschrift aufwartete:
"Monster Meghan breaks Queen's heart" - also etwa: 'Monster Meghan bricht der Königin das Herz'. So etwas geht natürlich nicht! Die arme Meghan derart zu entmenschlichen, das unterbietet sogar Boris Johnsons machomäßige Feixerei und der hat einst Hillary Clinton einen "stahlblauen Blick, wie eine sadistische Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik", bescheinigt.
Konflikt zwischen Pflicht und Freiheit
Umständehalber sei verschwiegen, dass die "Sun" wie auch Johnson beim Publikum viel Beifall einheimsten... Als wäre an ihren Beobachtungen etwas dran. Aber bestimmt erfüllt es Ihre hohen Ansprüche, wenn man dem britischen Königshaus derzeit einen Konflikt von Shakespeare'scher Größe attestiert – den Konflikt zwischen Pflicht und Freiheit... Sie wissen ja, in welchen Königsdramen Shakespeare das thematisiert. Die Pflicht ist das Lebenselixier von Queen Elizabeth II., jener zeitlosen Regentin, der es gefühlt gelingen wird, ihr 100-jähriges Thronjubiläum noch vor ihrem 100. Geburtstag zu begehen.
Obwohl man auch der Netflix-Serie "The Crown" nicht entnehmen kann, wie viel Kantorowicz die Queen gelesen hat, hat sie ihn doch verinnerlicht. Der Historiker Kantorowicz billigte Königen einst zwei Körper zu: den natürlichen, leiblichen und sterblichen, und den "übernatürlichen", unsterblichen, der praktisch identisch ist mit Amt, Würde und Funktion. Und die Queen hat es geschafft, in diesem zweiten, dem unsterblichen Körper aufzugehen. Falls Sie erwarten, sie könnte je sterben – lassen Sie sich von Kantorowicz eines Besseren belehren.
Meghan hätte besser "The Crown" geguckt
Meghan indessen, ehemals eine lebenslustige US-amerikanische Schauspielerin, hat erst nach ihrer Heirat mit Prinz Harry erkannt: Das britische Königshaus gleicht einem Gefängnis, in dem der britische Boulevard Folterkeller unterhält. Woraus sich schließen lässt: Meghan hat den Aufklärungsstreifen "The Crown" entweder nicht rechtzeitig gesehen oder nicht verstanden – sie hätte sich sonst weder von Liebe verführen noch vom royalen Blingbling täuschen lassen.
Trotzdem, nein: deswegen, ist ihr jüngster Freiheitsdrang von der gleichen ethischen Qualität wie der Pflichterfüllungs-Exzess der Queen - die naturgemäß tief enttäuscht darüber ist, dass ihr innerer Immanuel Kant, der sie tagtäglich zur Pflicht ruft, zu Meghan und Harry nicht durchdringt. Das ist das Drama. Und noch weiß keiner, ob der Megxit leichter abgewickelt werden kann als der Brexit. Etwas bröckelig wird die hohe ethische Position von Meghan und Harry allerdings durch ihre Vorliebe für kostspieligen Jetset-Lifestyle. Von der königlichen Kohle, zumal für ihre Sicherheit, kommen die beiden wohl so bald nicht los.
Beratungsleistungen und Schlafanzüge
Und ihre eigene Kohle wollen sie ausgerechnet mit der Handelsmarke "Sussex Royal" verdienen, die Beratungsleistungen genauso anbietet wie Schlafanzüge. Insofern müssen wir vielleicht doch anerkennen: Manchmal ist der schlichtere Zugang zu den Dingen der griffigere. In diesem Sinne empfahl der britische Kolumnist Piers Morgan, die "verwöhntesten Bälger der Geschichte" sofort zu "feuern".
Aber trotzdem nett, dass Sie unserem Versuch gefolgt sind, einem Boulevard-Thema Niveau einzuhauchen.