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Gesundheitscamp mit Wertschöpfungskette

Von wegen Ekeldrinks, Schlangen, Würmer: Wer das Dschungelcamp darauf reduziert, hat den wahren Wert des Ortes nicht erkannt. Tatsächlich handelt es sich nämlich um ein Gesundheitscamp, meint Christian Floto.

Von Christian Floto |
    Julian Stoeckel steht am 12.01.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) vor dem Abflug nach Australien auf dem Flughafen, um der RTL-Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" teilzunehmen.
    Julian Stoeckel nimmt dieses Jahr an der Fernsehsendung Dschungelcamp teil. (picture alliance / dpa)
    Tatsächlich handelt es sich nämlich um ein wahres Gesundheitscamp, fernab von Kleidungsgruppendruck à la Captain’s Dinner und dem Resortanimateur als Lila-Gutelaune-Bär, der Hüftringe in Schwingungen versetzen und dicke Bäuche wie Polkappen zum Abschmelzen bringen will.
    Nein, bei RTL kann man dem täglichen Gewichtsverlust zusehen. Bohnen und Reis, knapp bemessen, machen es möglich. Es gibt frische Luft, einen Badeteich, und von Zeit zu Zeit kann neuen Erkenntnissen der Immuntherapie hingebungsvoll gefrönt werden: Orale, kutane und sonstige Provokationen mit jeder Menge potenzieller Allergene, mit Bakterienkulturen, unbekannter Flora und Fauna: Kräftig wird das Immunsystem angeregt und durch Adrenalinschübe mal richtig durchgewirbelt. Kleinere und größere Insektenstiche provozieren ihrerseits und regen zur zunehmenden Unempfindlichkeit, sprich: Hyposensibilisierung, an.
    Ruhe im Schatten, Trinkwasser und eine Diät, die bei reichlichem Hülsenfrüchte-Anteil durchaus für Diabetiker Idealkost bedeuten könnte, sorgen für Ausgleich und Förderung der allgemeinen Roborierung. Der dienen auch die psychologischen Gruppen-, Wettbewerbs- und Selbsthilfeelemente, die geschickt in das Gesamtkonzept eingearbeitet wurden. Steigerung von Selbstwertgefühl und Positivverstärkungen sind ebenso möglich wie Narzissmuskorrekturen und die Gruppenbearbeitung von Impulsdurchbrüchen jeglicher Art. Wie seit Sigmund Freud erwartbar, tauchen sie besonders gern im sexuellen Triebbereich auf und lassen sich dann gut bearbeiten. Das RTL-Dschungelcamp: die zeitgemäße Fortsetzung etwa des längst abgesetzten ZDF Gesundheitsmagazin "Praxis" mit anderen Mitteln und besten Marktanteilen?
    Jawohl, und nicht nur das: Es ist dies ein Businessmodell für den Wellness- und Medienmarkt der Zukunft. Wen würde es wundern, wenn RTL ab der nächsten Staffel nicht Zigtausende für die sogenannten Stars, die mitmachen wollen, zahlt. Sondern stattdessen Geld von allen, die mitmachen wollen, bekommt! Der allseits geliebte Herr Wendler ist also seiner Zeit weit voraus, wenn er jetzt so sehr den Wieder-Eintritt in diesen Hort von Stärkung und Gesundung erfleht. Denn: Wir müssen uns die Einwohner des Dschungelcamps als glückliche Menschen vorstellen.