Rudern
Bundestrainerin Bielig: "Wir haben eine kleine Krise"

Die deutschen Ruderer bereiten sich intensiv auf die Olympischen Spiele vor. Trotz wechselnder Besetzung der Schlagposition zeigt der Deutschland-Achter aber noch keine Konstanz. Bundestrainerin Bielig setzt auf Erfolge anderer Bootsklassen.

Brigitte Bielig im Gespräch mit Maximilian Rieger | 16.06.2024
Das Team des Deutschland-Achters mit (v.u.n.o.) Steuermann Jonas Wiesen, Hannes Ocik, Ersatzmann Mark Heinrichs, Torben Johannesen, Max John, Mattes Schönherr, Olaf Roggensack, Laurits Follert, Benedict Eggeling im Boot.
Beim Deutschland-Achter wurde die Position des Schlagmanns mehrfach geändert. Das führte zu Unruhe im Team. (picture alliance / dpa / Bernd Thissen)
Dem Männer-Achter werden nach einer turbulenten Vorbereitungsphase kaum Chancen auf eine olympische Medaille eingeräumt. Sechs Wochen vor Beginn der Spiele in Paris ist das Flaggschiff noch immer auf der Suche nach seiner optimalen Form.
Obwohl das Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) beim Weltcup-Finale in Posen den zweiten Platz belegte, war der Abstand zum Sieger Australien riesengroß. Es war kein deutlicher Leistungszuwachs zu erkennen, muss auch Ruder-Bundestrainerin Brigitte Bielig einräumen: "Ich muss schon gestehen: Wir haben eine kleine Krise. Wir stehen auch im Umbruch mit der Schlagposition, wo wir jetzt wieder Mattes Schönherr das Vertrauen ausgesprochen haben."
Brigitte Bielig, Cheftrainerin des Deutschen Ruderverbandes, schaut zum Fotografen.
Ruder-Cheftrainerin Brigitte gibt keine Medaillengarantie für den Deutschland-Achter ab. (picture alliance / dpa / Roland Weihrauch)

Querelen im Team

Die Besetzung der Schlagposition wurde im Vorfeld der Spiele mehrfach geändert. Im Februar hatte Hannes Ocik "aufgrund seiner Erfahrung", wie Bielig begründet, die Position übernommen. Nun wurde wieder Schönherr dafür berufen. Der hatte das Boot zur Olympia-Qualifikation geführt. Dieses Hin und Her hatte zu Unruhen im Team geführt, berichtet Bielig. Innerhalb der Mannschaft seien deswegen Querelen aufgetreten zwischen Jung und Alt. "Es ist noch nicht gelungen, das ganz auszuräumen."
Die Vorbereitungszeit bis zu den Spielen ist knapp, aber das Team setze nun auf ein intensives Trainingslager und die Unterstützung eines Mentalcoachs, um die Stabilität und den Zusammenhalt zu stärken.
Die Hoffnungen auf Medaillen in Paris ruhen aber jetzt auf anderen Bootsklassen wie dem Frauen-Doppelvierer, dem Männer-Doppelzweier oder Oliver Zeidler im Einer, die ebenfalls Medaillenchancen haben.

Kritik an deutschen Sportstrukturen

Dass es aktuell nicht so viele deutsche Ruder-Medaillenkandidaten gibt, sieht auch Bielig. "Ja, es ist nicht unser Anspruch, dort nur um drei Medaillen zu kämpfen, gebe ich auch ganz ehrlich zu." Ihrer Meinung nach liegt die Ursache dafür in der Sportstruktur.
In ihrer dreijährigen Arbeit als Bundestrainerin sei sie öfter "sehr hart an Grenzen" gestoßen. "Wir sind natürlich sehr verhaftet in dem, was auch das BMI oder DOSB vorgibt. Es muss einen Strukturwandel im gesamten deutschen Sport geben. Das ist meine Meinung. Dann werden wir auch in anderen Sportarten wieder erfolgreicher."
Sie selbst macht Ende des Jahres Schluss. "Ich bin die dienstälteste Bundestrainerin. Ich bin seit der Wende mit dabei. Ich glaube schon, dass das dann auch arbeits- und nervenmäßig gut ist und dass ich mich mal um meine Familie kümmern muss."
Den neuen Cheftrainer, der schon per Stellenbeschreibung gesucht wird, werde sie aber noch unterstützen, "um die ersten Schritte dann in unserer Struktur auch zu verstehen und dann auch vielleicht mit zu verändern und gute Ideen einzubringen."