"Er war eine aristokratische Erscheinung von manchmal dandyhafter Eleganz", erinnerte sich der Journalist und Zeitgenosse Kurt R. Grossmann. "Ein Mann, der Männer und Frauen bezauberte, eine romantische Figur des Journalismus, ein Dandy im Sinne Baudelaires."
Kämpfer für eine tolerante Demokratie
Der so gerühmte Rudolf Olden der 1920er Jahre, den man häufig mit Monokel antrifft, ist durch und durch das, was man heute eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens nennen würde. Kurt Tucholsky, so wird berichtet, zählt ihn zu den 200 Berlinern, "auf die es wirklich ankomme". Überall dort, wo die öffentliche Debatte gerade tobt, befindet sich auch Olden auf den Barrikaden: auf denen einer toleranten, aufgeklärten Demokratie und auf denen des Pazifismus.
Wie viele junge Männer seiner Generation hatte sich der studierte Jurist freiwillig zum Ersten Weltkrieg gemeldet, um später desillusioniert zu schreiben: "Idealismus bedeutet Völkerkampf, Bürgerkrieg, Hass, Korruption, Mord."
Seine publizistische Karriere beginnt Olden 1919 in Wien bei den pazifistischen Blättern "Der Friede" und "Der neue Tag", um dann Redakteur der liberalen Zeitung "Der Tag" zu werden. Die junge österreichische Republik hat mit ähnlichen Problemen wie die deutsche zu kämpfen: Radikalismus von links und rechts, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise.
Am 4. November 1923 startet Olden eine Artikelserie mit dem Titel "Deutsche Köpfe". Den Anfang macht ein Porträt über einen gewissen Adolf Hitler: "Es ist Zeit, sich mit den Absichten seiner Partei ernsthaft zu beschäftigen, denn man sieht nicht mehr viel von Widerständen, die ihren Sieg aufhalten können."
Weggefährte in der Redaktion erschossen
Nur vier Tage später putscht Hitler in München. Noch ohne Erfolg. Doch Olden erfährt in Wien aus nächster Nähe, was Gefahr von rechts konkret bedeutet. Zusammen mit dem Schriftsteller Hugo Bettauer hat er die Zeitschrift "Er und Sie" gegründet, die sich für Gleichberechtigung, Abtreibung und die Straffreiheit von Homosexualität einsetzte. Ein kommerzieller Erfolg – aber auch ein Skandal, dem eine antisemitische Kampagne folgt.
1925 erschießt ein Nazisympathisant Hugo Bettauer in der Redaktion. Und Rudolf Olden nimmt den Ruf Theodor Wolffs, des Chefredakteurs des "Berliner Tageblattes" an – für die damals unerhört hohe Summe von monatlich 2.000 Reichsmark.
Das "Berliner Tageblatt" erweist sich als ideale Bühne für den Juristen Olden. Er erkennt vor allem in der antirepublikanischen Gesinnung vieler Richter und Staatsanwälte einen der Webfehler der Weimarer Republik. Er recherchiert Justizirrtümer und kämpft gegen die Todesstrafe.
Anwalt der Pressefreiheit
Das Schreiben ist ihm dabei nicht genug, er arbeitet auch als Rechtsanwalt. Sein bekanntester Klient: Carl von Ossietzky. In dessen Zeitschrift "Weltbühne" hat Kurt Tucholsky den bis heute berühmten Satz geschrieben: "Soldaten sind Mörder." Ein Satz, den der Verteidiger Olden im Prozess gegen den Verleger von Ossietzky 1932 in eine abendländische Tradition einordnet, wie die "Weltbühne" selbst berichtet:
"Rechtsanwalt Olden trug die Masse der Zitate vor: von Laotse und Erasmus über Friedrich den Großen, Voltaire, Kant und Goethe bis zu Victor Hugo und Raabe, in denen Soldaten Mörder, Henker, Schlächter genannt wurden. Nie hat eine Armee deshalb Strafantrag gestellt, nie ein Staatsanwalt angeklagt, ein Gericht verurteilt."
Ossietzky wird vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen – einer der letzten Triumphe für Rudolf Olden. Noch wenige Tage nach der Machtübernahme leitet er den Berliner Kongress "Das freie Wort", auf dem für die Pressefreiheit demonstriert wird. Vor einer Verhaftung gewarnt, flieht er nach Süddeutschland und von dort aus auf Skiern in die Tschechoslowakei.
Hitler-Biografie aus dem Exil
Schon im Mai wird er dort eine Hitler-Biografie vorlegen. Beständig in Exil-Blättern gegen die Nazis anschreibend, führt ihn die Flucht über Österreich, die Schweiz und Frankreich nach England. Dort wird er Sekretär des deutschen Exil-PEN-Clubs – und dort nach Ausbruch des Krieges als "feindlicher Ausländer" interniert. Für den ohnehin schon kranken Olden ein Akt extremer Demütigung.
Enttäuscht nimmt er einen Ruf an die New Yorker School for Social Research an. Doch das Passagierschiff, das ihn und seine Frau nach Amerika bringen soll, wird von einem deutschen U-Boot torpediert. In seinem Tagebuch zeigt sich Thomas Mann erschüttert angesichts des Todes des Journalisten und schreibt:
"Goebbels lässt jetzt erklären, man habe das Schiff absichtlich versenkt, weil man gewusst habe, dass Rudolf Olden darauf sei, was natürlich eine dumme Lüge ist."
Eine Lüge, die zeigt, wie ernst die Nationalsozialisten ihren publizistischen Gegner Rudolf Olden genommen haben.
Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe über "Vergessene Journalistinnen und Journalisten der Weimarer Zeit".