"Sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins. Bitte umdrehen. Füße positionieren."
"Hallo?
Ja?
Der nächste Besucher – Zehn, Dreiundvierzig! - wurde kontrolliert.
Zehn, Dreiundvierzig!
Eine Freigabe bitte!
Ja. Moment."
Eine Hochsicherheitszone. Die Personenschleuse in dem so genannten "Kontrollbereich" im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel. Drehkreuze aus Edelstahl, Gepäckscanner wie am Flughafen, das Sicherheitspersonal trägt geladene Waffen am Gürtel. Der Stromkonzern Vattenfall hat ein Dutzend Journalisten eingeladen, will ihnen zeigen, wie das Kraftwerk, Stück für Stück, abgebaut wird.
Ein Dosimeter in der Brusttasche misst ab jetzt die aufgenommene Strahlung. Ausgestattet mit Handschuhen, Kittel und Überschuhen – alles in Weiß – geht es mit dem Fahrstuhl nach oben. Zu den hoch radioaktiven Brennelementen, zum geöffneten Reaktordruckbehälter. Kraftwerksleiter Knut Frisch begrüßt seine Gäste.
"Wir sind jetzt hier auf 42 Meter. Und vor uns haben wir unser Bassin, wo wir unseren Reaktor haben und unsere Brennelementwechselbühne. Unter der Brennelementwechselbühne finden sie unser Lagerbecken, wo wir heute unseren letzten Castor haben, der zur Beladung ansteht in dieser Kampagne."
Über die technischen Schwierigkeiten, über die Gefahren beim Abbau ihrer Kernkraftwerke schweigen die Ingenieure. Dabei gibt es viele Hindernisse auf dem Weg zur "Grünen Wiese", zu der sich die Kraftwerksgelände einmal wandeln sollen. Wie beim Betrieb gibt es auch beim Abriss der Meiler die alten, heftigen Grabenkämpfe zwischen Gegnern und Nutznießern der Atomkraft, es geht um sehr viel Geld und um eine bis heute erfolglose Endlagersuche.
Seit fünf Jahren wird im Brunsbütteler AKW kein Strom mehr produziert. Im Juni 2007 führte ein Kurzschluss zur Reaktorschnellabschaltung. Beim Wiederanfahren kam es mehrmals zu Problemen. Eine gründliche Untersuchung der Kieler Behörde für Reaktorsicherheit ergab: Das Kernkraftwerk wies in 231 Punkten Mängel auf.
Vattenfall musste den Reaktor nachrüsten, tat das aber gern: Immerhin versprach die Laufzeitverlängerung durch die schwarz-gelbe Bundesregierung satte Gewinne. Eine Million Euro pro Tag. Bis der Regierung Zweifel kamen, ob wirklich alles sicher genug ist.
"Genau aus diesem Grunde werden wir die erst kürzlich beschlossene Laufzeitverlängerung aussetzen."
Mit diesem Kurswechsel 2011, nach dem Super-GAU in Fukushima, war schnell klar: Der Atomreaktor Brunsbüttel wird zusammen mit sieben weiteren Kraftwerken nie wieder ans Netz gehen. Anfang November stellte der Vattenfall-Konzern den Antrag auf Rückbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel. RWE hat bereits im August für die Reaktorblöcke Biblis A und B Anträge gestellt, EnBW plant, demnächst das Gleiche zu tun. Im Brunsbüttel-Antrag erklären Knut Frisch und der Konzernchef Ernst Michael Züfle auf sieben dünnen Seiten, welche Schritte sie unternehmen wollen, um dem Ziel - der "Grünen Wiese" - näherzukommen. Ein ausführlicher Antrag fehlt bisher.
Grundsätzlich lässt das geltende Atomrecht zwei Möglichkeiten zu, mit stillgelegten Meilern zu verfahren: Beim direkten Rückbau beginnen die Abbauarbeiten, sobald eine Genehmigung vorliegt. 15 bis 20 Jahre dauert ein solcher Prozess. Die zweite Variante ist der sogenannte "sichere Einschluss": Die Anlagen werden über zwanzig, dreißig Jahre eingemottet. Die Radioaktivität soll abklingen, um den späteren Abbau zu erleichtern.
Praktische Erfahrung mit dem Sicheren Einschluss sammelt die Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH, kurz: HKG. Seit 1997 überwacht die Firma den Ende der 80er-Jahre stillgelegten Reaktor in Hamm-Uentrop. Zwei Personen sind dafür nötig, 1,5 Millionen Euro kostet die Überwachung der brennstofffreien Anlage pro Jahr. Und am Ende, so HKG-Geschäftsführer Günther Dietrich, fällt nach einer Abklingzeit von 30 Jahren auch weniger radioaktiver Müll an - dem radioaktiven Zerfall sei Dank.
"Für uns damals war auch noch entscheidend, dass bei einem direkten Rückbau der Anlage mehr radioaktiver Abfall angefallen wäre, als es heute – nach einem sicheren Einschluss und beispielsweise einer Abklingzeit von 30 Jahren – da ist. Zahlen: 21.000 Kubikmeter in dem einen Fall, nämlich "sofortiger Rückbau". Und heute: 6000 Kubikmeter, also weniger als ein Drittel an radioaktivem Abfall."
Daraus lässt sich aber nicht schließen, so Dietrich, dass dieses Verfahren auch heute noch das bessere wäre. Als 1989 entschieden wurde, den Reaktor in Hamm-Uentrop einzumotten, war nämlich noch nicht absehbar, wann und wo ein Atommülllager bereitstünde, um bei einem direkten Rückbau die kontaminierten Bauteile aufzunehmen. Mit dem sicheren Einschluss konnte man vor allem Zeit für die Endlagersuche gewinnen. Heute ist klar: In rund zehn Jahren können die ersten schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in das alte Erzbergwerk Schacht Konrad verfrachtet werden.
"Wenn die Aussage des Bundes belastbar ist, dass wir 2020 ein Endlager verfügbar haben, dann ist der direkte Rückbau heute durchaus sinnvoll."
… und wenn heute die Anträge auf Rückbau gestellt werden, so Dietrich, sei das Timing für den Abtransport der strahlenden AKW-Überreste nach Schacht Konrad perfekt.
Die im letzten Jahr stillgelegten acht Kernkraftwerke sollen, mit einer Ausnahme, direkt zurückgebaut werden. Das Prozedere ist dabei immer das Gleiche:
Zuerst müssen die Brennelemente aus den Reaktordruckbehältern und Lagerbecken in Castorbehälter verladen werden. Unter Wasser, um die tödliche Strahlung abzuschirmen.
Erst dann, wenn die Anlage "brennelementfrei" ist, kann der Abbau beginnen: Beim Rückbau muss jeder Handgriff vorher von der zuständigen Behörde abgesegnet werden. Im Falle des Brunsbütteler Reaktors ist das die Behörde für Reaktorsicherheit in Kiel, die Abteilung V 7. Oliver Karschnick beschreibt die Komplexität der Rückbauarbeiten:
"Jeder Schritt muss vorher definiert sein. Es ist nicht so, dass der Betreiber alleine gelassen werden wird und werden kann. Sondern es sind uns, im Rahmen dieser Genehmigungsverfahren sehr ausführliche und sehr präzise Angaben zu machen, wie das vonstattengeht."
Die Techniken für einen Rückbau sind bekannt und erprobt. In drei Jahren, so lange werden die Genehmigungsverfahren dauern, kann der Abbau in mindestens sieben der stillgelegten Kraftwerke beginnen. 14 Anlagen wurden bisher in Deutschland zurückgebaut. Man weiß: Bestimmte Arbeitsschritte sind ohne Roboter, ohne ferngesteuerte Schneidbrenner, ohne Stahl- und Betonsägen nicht zu bewältigen. Die Strahlengefahr für Menschen ist auch nach dem Abschalten der Reaktoren in vielen Bereichen immens.
Und deshalb müssen die Betreiber in dem Genehmigungsverfahren klar formulieren, welche Arbeitsschritte mit welcher Technik erledigt werden.
In der Brunsbütteler Reaktorhalle ist das letzte Brennelement aus dem Lagerbecken in den Castor gehievt worden. In drei Jahren soll auch der Reaktor brennstofffrei sein. Das erklärt Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter von Vattenfall für Hamburg und Norddeutschland. Dann könnte auch die Genehmigung aus Kiel vorliegen und es könnte es losgehen.
"Man geht nach heutigem Kenntnisstand davon aus, dass es 15 bis 20 Jahre circa dauern wird, dann physisch zurückzubauen. Und wenn wir davon ausgehen, dass wir ab 2015 mit dem Prozess beginnen könnten, dann – sicherheitshalber mal 20 Jahre gerechnet – dann haben wir 2035. Dann hätten wir im Zweifel hier an dem Standort des Kraftwerkes wieder "Grüne Wiese". Das Standortzwischenlager, das sich ja auch hier auf dem Gelände befindet, wird aber natürlich weiter hier nach heutigem Kenntnisstand dann noch vorhanden sein."
Denn, so Wasmuth, noch immer gibt es in Deutschland kein Endlager für hoch radioaktiven Müll. Zurückgebaut werden soll eigentlich auch das AKW in Krümmel, 120 Kilometer elbaufwärts gelegen, das Vattenfall zusammen mit dem Stromkonzern E.on betreibt. Aber die Konzerne weigern sich, die entsprechenden Anträge zu stellen. Obwohl das 2011 novellierte Atomgesetz die Stilllegung vorsieht.
Aber Vattenfall hat seit 2007 viel Geld in die Reparaturarbeiten am Reaktor gesteckt. Die Rede ist von einer Summe zwischen 200 und 300 Millionen Euro. Und so belässt man den Atommeiler im Bereitschaftsbetrieb. Und klagt vor dem Bundesverfassungsgericht und vor dem Internationalen Schiedsgericht in New York gegen den Stilllegungsbeschluss vom Sommer 2011. Den Hintergrund der Klage erklärt Pieter Wasmuth:
"Wir haben hier aus unserer Sicht – gemeinsam mit E.on – das Thema eines Vermögensschadens. Das möchten wir gerne reguliert sehen. Wir betrachten es aber auch nicht so, dass wir sagen: "Das muss auf den letzten Euro genau ausgekegelt werden!" In Krümmel hat das Thema eine andere Dimension als hier. Weil Krümmel eben auch noch unter dem alten Ausstiegsbeschluss eine relativ hohe Restlaufzeit hatte, haben wir entsprechend investiert. Und deswegen haben wir natürlich da auch ein berechtigtes Anliegen."
Kurz vor Weihnachten sickerte durch: Vattenfall fordert 3,5 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesrepublik. Etwas mehr als der Stromkonzern RWE, der "nur" zwei Milliarden Euro verlangt. Und viel weniger als E.on: Für entgangene Geschäfte mit Atomstrom verlangt das Düsseldorfer Unternehmen mindestens acht Milliarden Euro aus der Staatskasse.
"Vattenfall hat bis heute für das Kernkraftwerk Krümmel keine Erklärung abgegeben, ob der Konzern diese Anlage zurückbauen will oder ob der Konzern in einen sicheren Einschluss überführen will."
Wolfgang Cloosters leitet seit 1996 die Abteilung V 7 der Kieler Behörde für Reaktorsicherheit. Darüber, dass Vattenfall nun bei der Frage des Rückbaus der Krümmeler Anlage mauert, kann er nur den Kopf schütteln.
"Wir wissen nicht, wie es mit dieser Anlage weitergehen wird. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel und muss geändert werden."
Cloosters kennt die Geschäftspolitik von Vattenfall schon lange: - Als vor fünf Jahren ein riesiger Transformator in Krümmel lichterloh brannte, der Reaktor per automatischer Schnellabschaltung heruntergefahren wurde, erfuhr es die Reaktoraufsicht über die Geesthachter Feuerwehr und nicht - wie vorgeschrieben – auf direktem, schnellem Wege. - Vattenfall hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt. Die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein will deshalb den direkten Rückbau von Atomkraftwerken nun per Bundesratsinitiative im Atomgesetz verankern. Ein Hinhalten oder der Weg des jahrzehntelangen Einschlusses wären damit verbaut.
Was hinter Vattenfalls Strategie steckt, bleibt unklar. Sind es allein die laufenden Prozesse gegen den Stilllegungsbeschluss? Oder will der Konzern nicht zwei Anlagen gleichzeitig zurückbauen und auf diese Weise Personalkosten sparen? Oder geht es darum, möglichst lange von den Zinsen der sogenannten Rückstellungen zu profitieren?
Diese Rückstellungen müssen alle vier AKW-Betreiber für den Abbau ihrer Anlagen und die Endlagerung von Atommüll vorhalten. Insgesamt verfügen RWE, EnBW, E.on und Vattenfall über 31 Milliarden Euro an Rückstellungen. Steuern müssen die Konzerne für die Zinserträge aus dieser Summe nicht zahlen.
"Insgesamt hat der Vattenfall-Konzern für das Kernkraftwerk Krümmel Rückstellungen von 1,9 Milliarden Euro gebildet und für das Kernkraftwerk Brunsbüttel in Höhe von 1,6 Milliarden. Das kann man in den Bilanzen nachvollziehen."
Von diesen Geldern wurden die Erkundung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben und die Ausbauarbeiten von Schacht Konrad, einem Lager für schwach- und mittelradioaktiven Müll finanziert. Der größte Teil liegt aber nach wie vor auf den Konten der großen Stromkonzerne. Im Prinzip findet Wolfgang Cloosters den Vorsorgegedanken richtig.
"Allerdings haben wir es dabei mit dem Problem zu tun, dass Rückstellungen keiner Zweckbindung unterliegen. Wir haben es erlebt, dass damit Unternehmensbeteiligungen gekauft werden. Dass möglicherweise in bestimmte Bereiche hier investiert wird, die risikobehaftet sind.""
Die Rückstellungspraxis und ihre mangelnde Transparenz wurden in den vergangenen zehn Jahren immer wieder gerügt, unter anderem vom Bundesrechnungshof. Schon seit Jahren fordert deshalb Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, diese Gelder in einen öffentlichen Fonds zu überführen.
"Eins ist klar: Diese Rückstellungen sind letztendlich nicht konkurssicher. Das heißt, wenn diese Unternehmen, die diese bilden, in Konkurs gehen, könnten auch diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Das heißt, auch hier würde dann die öffentliche Hand in die Verantwortung treten müssen."
Deshalb plädiert der oberste Strahlenschützer der Republik für eine Fondslösung. Die hätte sich, so König, auch schon andernorts bewährt:
"Ich kenne das von der Schweiz, Schweden und Finnland. Dort sind entsprechende Fonds gebildet worden. Das heißt, hier haben die Unternehmen in einen Fonds einzuzahlen, aus dem dann die Entsorgungskosten wieder finanziert werden."
Doch haben sich die hiesigen Stromkonzerne bisher erfolgreich gegen einen solchen Schritt gewehrt.
In vier, fünf Jahren – wird der Abbau von mindestens sieben Atommeilern in Deutschland beginnen. Daran verdient auch die Essener Firma GNS, die Gesellschaft für Nuklearservice. Die GNS betreibt ein Atommüllzwischenlager im westfälischen Ahaus und eins in Gorleben. Sie produziert Castorbehälter, die Verpackung für die hoch radioaktiven Brennelemente und ist spezialisiert auf die Dekontamination großer und kleiner Gebäudeteile: Rohrleitungen, Kabelstränge, ganze Betondecken werden dort bearbeitet. Zusätzlich arbeitet die GNS über eine Tochterfirma an der Erkundung des unterirdischen Salzstocks in Gorleben. - Die GNS selbst gehört zu 100 Prozent den deutschen Atomkonzernen: E.on, Vattenfall, RWE und EnBW.
In ihren Werkshallen in Duisburg rauscht eine leistungsstarke Lüftung. Auch hier müssen Arbeiter und Besucher Dosimeter, Messgeräte für radioaktive Strahlung, bei sich tragen. Mitten in der Halle sind drei haushohe, feste Zelte aufgebaut. In diesen Caissons, luftdichten Boxen, wird das Material bearbeitet. Daneben lagern tonnenschwere hellgraue Betonriegel, leicht bis mittelstark kontaminiert während des jahrzehntelangen AKW-Betriebs. Hoch radioaktiven, wärmeentwickelnden Müll kann auch die Spezialfirma nicht unschädlich machen. "KKS" steht auf den Betonteilen, "Kernkraftwerk Stade". Stillgelegt im November 2003.
"Das ist ein Betonelement, was aus einem Kernkraftwerk kommt. Das wird angeliefert über die Bahn, über Spezialfahrzeuge in die Halle eingebracht, entsprechend in die Caissons eingebracht, damit wir sämtliche Genehmigungsauflagen erfüllen. Und dann vorzerlegt durch Seilsägetechnik."
André Henning überwacht als Strahlenschutzbeauftragter alle Dekontaminationsschritte. Achtet darauf, dass die Strahlenschutzverordnung eingehalten wird, dass alle ein- und ausgehenden Kraftwerksteile und das, was von ihnen übrig bleibt, im Computer registriert werden. Es gilt die Faustregel: Nur ein Bruchteil des angelieferten Materials muss in ein atomares Endlager verfrachtet werden, mehr als 90 Prozent wird – so die Experten – "freigemessen".
"Praktisches Beispiel: Wir haben 32 Tonnen Rohkabel. Und der verbliebene radioaktive Abfall lag bei 165 Kilogramm. Größenordnung 0,5 Prozent. Und nur diese 0,5 Prozent gehen dann nachher den Weg in die Halle 1, wo wir uns dann die eigentliche Konditionierung der Abfälle mit dem Ziel der Zwischen- und Endlagerung anschauen."
Henning geht voran. Vorbei an den 200-Liter-Fässern. Alle mit einem Schild versehen: Vermerkt ist, woher der Abfall stammt, wie stark er strahlt, wer das Gebinde wann befüllt hat. -
Die Einlagerung in das alte Eisenerzbergwerk Schacht Konrad wird ab 2019 im Probebetrieb geübt. 2024 könnte dann der erste Müll unter die Erde verfrachtet werden.
Was bleibt, ist der hoch radioaktive Wärme entwickelnde Müll. Der wird noch für Jahrzehnte in Castorbehältern in oberirdischen Hallen stehen. Riesige Stahlkolosse, hergestellt von der GNS. 140 Tonnen schwer, außen bis zu 80 Grad heiß, innen sind es 200 Grad. 35 Jahre lang versuchte die Politik, dafür ein Endlager im Salzstock unter dem kleinen Ort Gorleben durchzudrücken. Viele Zehntausende Polizisten waren bisher nötig, um über einhundert Castorbehälter schon mal in eine Halle über dem Salzstock zu eskortieren. Aber unten, auf 840 Meter ruhen zurzeit die Arbeiten. Gestoppt durch Klagen der evangelischen Landeskirche und von Greenpeace. Und neuerdings auch durch Bundesumweltminister Peter Altmaier. – Die Entsorgungsfrage für den hoch radioaktiven Müll bleibt auch Jahrzehnte nach dem Einstieg in die Kernkraftnutzung ungelöst.
"Hallo?
Ja?
Der nächste Besucher – Zehn, Dreiundvierzig! - wurde kontrolliert.
Zehn, Dreiundvierzig!
Eine Freigabe bitte!
Ja. Moment."
Eine Hochsicherheitszone. Die Personenschleuse in dem so genannten "Kontrollbereich" im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel. Drehkreuze aus Edelstahl, Gepäckscanner wie am Flughafen, das Sicherheitspersonal trägt geladene Waffen am Gürtel. Der Stromkonzern Vattenfall hat ein Dutzend Journalisten eingeladen, will ihnen zeigen, wie das Kraftwerk, Stück für Stück, abgebaut wird.
Ein Dosimeter in der Brusttasche misst ab jetzt die aufgenommene Strahlung. Ausgestattet mit Handschuhen, Kittel und Überschuhen – alles in Weiß – geht es mit dem Fahrstuhl nach oben. Zu den hoch radioaktiven Brennelementen, zum geöffneten Reaktordruckbehälter. Kraftwerksleiter Knut Frisch begrüßt seine Gäste.
"Wir sind jetzt hier auf 42 Meter. Und vor uns haben wir unser Bassin, wo wir unseren Reaktor haben und unsere Brennelementwechselbühne. Unter der Brennelementwechselbühne finden sie unser Lagerbecken, wo wir heute unseren letzten Castor haben, der zur Beladung ansteht in dieser Kampagne."
Über die technischen Schwierigkeiten, über die Gefahren beim Abbau ihrer Kernkraftwerke schweigen die Ingenieure. Dabei gibt es viele Hindernisse auf dem Weg zur "Grünen Wiese", zu der sich die Kraftwerksgelände einmal wandeln sollen. Wie beim Betrieb gibt es auch beim Abriss der Meiler die alten, heftigen Grabenkämpfe zwischen Gegnern und Nutznießern der Atomkraft, es geht um sehr viel Geld und um eine bis heute erfolglose Endlagersuche.
Seit fünf Jahren wird im Brunsbütteler AKW kein Strom mehr produziert. Im Juni 2007 führte ein Kurzschluss zur Reaktorschnellabschaltung. Beim Wiederanfahren kam es mehrmals zu Problemen. Eine gründliche Untersuchung der Kieler Behörde für Reaktorsicherheit ergab: Das Kernkraftwerk wies in 231 Punkten Mängel auf.
Vattenfall musste den Reaktor nachrüsten, tat das aber gern: Immerhin versprach die Laufzeitverlängerung durch die schwarz-gelbe Bundesregierung satte Gewinne. Eine Million Euro pro Tag. Bis der Regierung Zweifel kamen, ob wirklich alles sicher genug ist.
"Genau aus diesem Grunde werden wir die erst kürzlich beschlossene Laufzeitverlängerung aussetzen."
Mit diesem Kurswechsel 2011, nach dem Super-GAU in Fukushima, war schnell klar: Der Atomreaktor Brunsbüttel wird zusammen mit sieben weiteren Kraftwerken nie wieder ans Netz gehen. Anfang November stellte der Vattenfall-Konzern den Antrag auf Rückbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel. RWE hat bereits im August für die Reaktorblöcke Biblis A und B Anträge gestellt, EnBW plant, demnächst das Gleiche zu tun. Im Brunsbüttel-Antrag erklären Knut Frisch und der Konzernchef Ernst Michael Züfle auf sieben dünnen Seiten, welche Schritte sie unternehmen wollen, um dem Ziel - der "Grünen Wiese" - näherzukommen. Ein ausführlicher Antrag fehlt bisher.
Grundsätzlich lässt das geltende Atomrecht zwei Möglichkeiten zu, mit stillgelegten Meilern zu verfahren: Beim direkten Rückbau beginnen die Abbauarbeiten, sobald eine Genehmigung vorliegt. 15 bis 20 Jahre dauert ein solcher Prozess. Die zweite Variante ist der sogenannte "sichere Einschluss": Die Anlagen werden über zwanzig, dreißig Jahre eingemottet. Die Radioaktivität soll abklingen, um den späteren Abbau zu erleichtern.
Praktische Erfahrung mit dem Sicheren Einschluss sammelt die Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH, kurz: HKG. Seit 1997 überwacht die Firma den Ende der 80er-Jahre stillgelegten Reaktor in Hamm-Uentrop. Zwei Personen sind dafür nötig, 1,5 Millionen Euro kostet die Überwachung der brennstofffreien Anlage pro Jahr. Und am Ende, so HKG-Geschäftsführer Günther Dietrich, fällt nach einer Abklingzeit von 30 Jahren auch weniger radioaktiver Müll an - dem radioaktiven Zerfall sei Dank.
"Für uns damals war auch noch entscheidend, dass bei einem direkten Rückbau der Anlage mehr radioaktiver Abfall angefallen wäre, als es heute – nach einem sicheren Einschluss und beispielsweise einer Abklingzeit von 30 Jahren – da ist. Zahlen: 21.000 Kubikmeter in dem einen Fall, nämlich "sofortiger Rückbau". Und heute: 6000 Kubikmeter, also weniger als ein Drittel an radioaktivem Abfall."
Daraus lässt sich aber nicht schließen, so Dietrich, dass dieses Verfahren auch heute noch das bessere wäre. Als 1989 entschieden wurde, den Reaktor in Hamm-Uentrop einzumotten, war nämlich noch nicht absehbar, wann und wo ein Atommülllager bereitstünde, um bei einem direkten Rückbau die kontaminierten Bauteile aufzunehmen. Mit dem sicheren Einschluss konnte man vor allem Zeit für die Endlagersuche gewinnen. Heute ist klar: In rund zehn Jahren können die ersten schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in das alte Erzbergwerk Schacht Konrad verfrachtet werden.
"Wenn die Aussage des Bundes belastbar ist, dass wir 2020 ein Endlager verfügbar haben, dann ist der direkte Rückbau heute durchaus sinnvoll."
… und wenn heute die Anträge auf Rückbau gestellt werden, so Dietrich, sei das Timing für den Abtransport der strahlenden AKW-Überreste nach Schacht Konrad perfekt.
Die im letzten Jahr stillgelegten acht Kernkraftwerke sollen, mit einer Ausnahme, direkt zurückgebaut werden. Das Prozedere ist dabei immer das Gleiche:
Zuerst müssen die Brennelemente aus den Reaktordruckbehältern und Lagerbecken in Castorbehälter verladen werden. Unter Wasser, um die tödliche Strahlung abzuschirmen.
Erst dann, wenn die Anlage "brennelementfrei" ist, kann der Abbau beginnen: Beim Rückbau muss jeder Handgriff vorher von der zuständigen Behörde abgesegnet werden. Im Falle des Brunsbütteler Reaktors ist das die Behörde für Reaktorsicherheit in Kiel, die Abteilung V 7. Oliver Karschnick beschreibt die Komplexität der Rückbauarbeiten:
"Jeder Schritt muss vorher definiert sein. Es ist nicht so, dass der Betreiber alleine gelassen werden wird und werden kann. Sondern es sind uns, im Rahmen dieser Genehmigungsverfahren sehr ausführliche und sehr präzise Angaben zu machen, wie das vonstattengeht."
Die Techniken für einen Rückbau sind bekannt und erprobt. In drei Jahren, so lange werden die Genehmigungsverfahren dauern, kann der Abbau in mindestens sieben der stillgelegten Kraftwerke beginnen. 14 Anlagen wurden bisher in Deutschland zurückgebaut. Man weiß: Bestimmte Arbeitsschritte sind ohne Roboter, ohne ferngesteuerte Schneidbrenner, ohne Stahl- und Betonsägen nicht zu bewältigen. Die Strahlengefahr für Menschen ist auch nach dem Abschalten der Reaktoren in vielen Bereichen immens.
Und deshalb müssen die Betreiber in dem Genehmigungsverfahren klar formulieren, welche Arbeitsschritte mit welcher Technik erledigt werden.
In der Brunsbütteler Reaktorhalle ist das letzte Brennelement aus dem Lagerbecken in den Castor gehievt worden. In drei Jahren soll auch der Reaktor brennstofffrei sein. Das erklärt Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter von Vattenfall für Hamburg und Norddeutschland. Dann könnte auch die Genehmigung aus Kiel vorliegen und es könnte es losgehen.
"Man geht nach heutigem Kenntnisstand davon aus, dass es 15 bis 20 Jahre circa dauern wird, dann physisch zurückzubauen. Und wenn wir davon ausgehen, dass wir ab 2015 mit dem Prozess beginnen könnten, dann – sicherheitshalber mal 20 Jahre gerechnet – dann haben wir 2035. Dann hätten wir im Zweifel hier an dem Standort des Kraftwerkes wieder "Grüne Wiese". Das Standortzwischenlager, das sich ja auch hier auf dem Gelände befindet, wird aber natürlich weiter hier nach heutigem Kenntnisstand dann noch vorhanden sein."
Denn, so Wasmuth, noch immer gibt es in Deutschland kein Endlager für hoch radioaktiven Müll. Zurückgebaut werden soll eigentlich auch das AKW in Krümmel, 120 Kilometer elbaufwärts gelegen, das Vattenfall zusammen mit dem Stromkonzern E.on betreibt. Aber die Konzerne weigern sich, die entsprechenden Anträge zu stellen. Obwohl das 2011 novellierte Atomgesetz die Stilllegung vorsieht.
Aber Vattenfall hat seit 2007 viel Geld in die Reparaturarbeiten am Reaktor gesteckt. Die Rede ist von einer Summe zwischen 200 und 300 Millionen Euro. Und so belässt man den Atommeiler im Bereitschaftsbetrieb. Und klagt vor dem Bundesverfassungsgericht und vor dem Internationalen Schiedsgericht in New York gegen den Stilllegungsbeschluss vom Sommer 2011. Den Hintergrund der Klage erklärt Pieter Wasmuth:
"Wir haben hier aus unserer Sicht – gemeinsam mit E.on – das Thema eines Vermögensschadens. Das möchten wir gerne reguliert sehen. Wir betrachten es aber auch nicht so, dass wir sagen: "Das muss auf den letzten Euro genau ausgekegelt werden!" In Krümmel hat das Thema eine andere Dimension als hier. Weil Krümmel eben auch noch unter dem alten Ausstiegsbeschluss eine relativ hohe Restlaufzeit hatte, haben wir entsprechend investiert. Und deswegen haben wir natürlich da auch ein berechtigtes Anliegen."
Kurz vor Weihnachten sickerte durch: Vattenfall fordert 3,5 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesrepublik. Etwas mehr als der Stromkonzern RWE, der "nur" zwei Milliarden Euro verlangt. Und viel weniger als E.on: Für entgangene Geschäfte mit Atomstrom verlangt das Düsseldorfer Unternehmen mindestens acht Milliarden Euro aus der Staatskasse.
"Vattenfall hat bis heute für das Kernkraftwerk Krümmel keine Erklärung abgegeben, ob der Konzern diese Anlage zurückbauen will oder ob der Konzern in einen sicheren Einschluss überführen will."
Wolfgang Cloosters leitet seit 1996 die Abteilung V 7 der Kieler Behörde für Reaktorsicherheit. Darüber, dass Vattenfall nun bei der Frage des Rückbaus der Krümmeler Anlage mauert, kann er nur den Kopf schütteln.
"Wir wissen nicht, wie es mit dieser Anlage weitergehen wird. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel und muss geändert werden."
Cloosters kennt die Geschäftspolitik von Vattenfall schon lange: - Als vor fünf Jahren ein riesiger Transformator in Krümmel lichterloh brannte, der Reaktor per automatischer Schnellabschaltung heruntergefahren wurde, erfuhr es die Reaktoraufsicht über die Geesthachter Feuerwehr und nicht - wie vorgeschrieben – auf direktem, schnellem Wege. - Vattenfall hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt. Die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein will deshalb den direkten Rückbau von Atomkraftwerken nun per Bundesratsinitiative im Atomgesetz verankern. Ein Hinhalten oder der Weg des jahrzehntelangen Einschlusses wären damit verbaut.
Was hinter Vattenfalls Strategie steckt, bleibt unklar. Sind es allein die laufenden Prozesse gegen den Stilllegungsbeschluss? Oder will der Konzern nicht zwei Anlagen gleichzeitig zurückbauen und auf diese Weise Personalkosten sparen? Oder geht es darum, möglichst lange von den Zinsen der sogenannten Rückstellungen zu profitieren?
Diese Rückstellungen müssen alle vier AKW-Betreiber für den Abbau ihrer Anlagen und die Endlagerung von Atommüll vorhalten. Insgesamt verfügen RWE, EnBW, E.on und Vattenfall über 31 Milliarden Euro an Rückstellungen. Steuern müssen die Konzerne für die Zinserträge aus dieser Summe nicht zahlen.
"Insgesamt hat der Vattenfall-Konzern für das Kernkraftwerk Krümmel Rückstellungen von 1,9 Milliarden Euro gebildet und für das Kernkraftwerk Brunsbüttel in Höhe von 1,6 Milliarden. Das kann man in den Bilanzen nachvollziehen."
Von diesen Geldern wurden die Erkundung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben und die Ausbauarbeiten von Schacht Konrad, einem Lager für schwach- und mittelradioaktiven Müll finanziert. Der größte Teil liegt aber nach wie vor auf den Konten der großen Stromkonzerne. Im Prinzip findet Wolfgang Cloosters den Vorsorgegedanken richtig.
"Allerdings haben wir es dabei mit dem Problem zu tun, dass Rückstellungen keiner Zweckbindung unterliegen. Wir haben es erlebt, dass damit Unternehmensbeteiligungen gekauft werden. Dass möglicherweise in bestimmte Bereiche hier investiert wird, die risikobehaftet sind.""
Die Rückstellungspraxis und ihre mangelnde Transparenz wurden in den vergangenen zehn Jahren immer wieder gerügt, unter anderem vom Bundesrechnungshof. Schon seit Jahren fordert deshalb Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, diese Gelder in einen öffentlichen Fonds zu überführen.
"Eins ist klar: Diese Rückstellungen sind letztendlich nicht konkurssicher. Das heißt, wenn diese Unternehmen, die diese bilden, in Konkurs gehen, könnten auch diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Das heißt, auch hier würde dann die öffentliche Hand in die Verantwortung treten müssen."
Deshalb plädiert der oberste Strahlenschützer der Republik für eine Fondslösung. Die hätte sich, so König, auch schon andernorts bewährt:
"Ich kenne das von der Schweiz, Schweden und Finnland. Dort sind entsprechende Fonds gebildet worden. Das heißt, hier haben die Unternehmen in einen Fonds einzuzahlen, aus dem dann die Entsorgungskosten wieder finanziert werden."
Doch haben sich die hiesigen Stromkonzerne bisher erfolgreich gegen einen solchen Schritt gewehrt.
In vier, fünf Jahren – wird der Abbau von mindestens sieben Atommeilern in Deutschland beginnen. Daran verdient auch die Essener Firma GNS, die Gesellschaft für Nuklearservice. Die GNS betreibt ein Atommüllzwischenlager im westfälischen Ahaus und eins in Gorleben. Sie produziert Castorbehälter, die Verpackung für die hoch radioaktiven Brennelemente und ist spezialisiert auf die Dekontamination großer und kleiner Gebäudeteile: Rohrleitungen, Kabelstränge, ganze Betondecken werden dort bearbeitet. Zusätzlich arbeitet die GNS über eine Tochterfirma an der Erkundung des unterirdischen Salzstocks in Gorleben. - Die GNS selbst gehört zu 100 Prozent den deutschen Atomkonzernen: E.on, Vattenfall, RWE und EnBW.
In ihren Werkshallen in Duisburg rauscht eine leistungsstarke Lüftung. Auch hier müssen Arbeiter und Besucher Dosimeter, Messgeräte für radioaktive Strahlung, bei sich tragen. Mitten in der Halle sind drei haushohe, feste Zelte aufgebaut. In diesen Caissons, luftdichten Boxen, wird das Material bearbeitet. Daneben lagern tonnenschwere hellgraue Betonriegel, leicht bis mittelstark kontaminiert während des jahrzehntelangen AKW-Betriebs. Hoch radioaktiven, wärmeentwickelnden Müll kann auch die Spezialfirma nicht unschädlich machen. "KKS" steht auf den Betonteilen, "Kernkraftwerk Stade". Stillgelegt im November 2003.
"Das ist ein Betonelement, was aus einem Kernkraftwerk kommt. Das wird angeliefert über die Bahn, über Spezialfahrzeuge in die Halle eingebracht, entsprechend in die Caissons eingebracht, damit wir sämtliche Genehmigungsauflagen erfüllen. Und dann vorzerlegt durch Seilsägetechnik."
André Henning überwacht als Strahlenschutzbeauftragter alle Dekontaminationsschritte. Achtet darauf, dass die Strahlenschutzverordnung eingehalten wird, dass alle ein- und ausgehenden Kraftwerksteile und das, was von ihnen übrig bleibt, im Computer registriert werden. Es gilt die Faustregel: Nur ein Bruchteil des angelieferten Materials muss in ein atomares Endlager verfrachtet werden, mehr als 90 Prozent wird – so die Experten – "freigemessen".
"Praktisches Beispiel: Wir haben 32 Tonnen Rohkabel. Und der verbliebene radioaktive Abfall lag bei 165 Kilogramm. Größenordnung 0,5 Prozent. Und nur diese 0,5 Prozent gehen dann nachher den Weg in die Halle 1, wo wir uns dann die eigentliche Konditionierung der Abfälle mit dem Ziel der Zwischen- und Endlagerung anschauen."
Henning geht voran. Vorbei an den 200-Liter-Fässern. Alle mit einem Schild versehen: Vermerkt ist, woher der Abfall stammt, wie stark er strahlt, wer das Gebinde wann befüllt hat. -
Die Einlagerung in das alte Eisenerzbergwerk Schacht Konrad wird ab 2019 im Probebetrieb geübt. 2024 könnte dann der erste Müll unter die Erde verfrachtet werden.
Was bleibt, ist der hoch radioaktive Wärme entwickelnde Müll. Der wird noch für Jahrzehnte in Castorbehältern in oberirdischen Hallen stehen. Riesige Stahlkolosse, hergestellt von der GNS. 140 Tonnen schwer, außen bis zu 80 Grad heiß, innen sind es 200 Grad. 35 Jahre lang versuchte die Politik, dafür ein Endlager im Salzstock unter dem kleinen Ort Gorleben durchzudrücken. Viele Zehntausende Polizisten waren bisher nötig, um über einhundert Castorbehälter schon mal in eine Halle über dem Salzstock zu eskortieren. Aber unten, auf 840 Meter ruhen zurzeit die Arbeiten. Gestoppt durch Klagen der evangelischen Landeskirche und von Greenpeace. Und neuerdings auch durch Bundesumweltminister Peter Altmaier. – Die Entsorgungsfrage für den hoch radioaktiven Müll bleibt auch Jahrzehnte nach dem Einstieg in die Kernkraftnutzung ungelöst.