EM 2024 im Rückblick
"Das waren tatsächlich vier Party-Wochen"

Sportlicher Reiz, Nachhaltigkeit, Stimmung: In vielen Aspekten war die EM 2024 in Deutschland ein voller Erfolg, die gesteckten Ziele wurden weitestgehend erreicht. Doch was bleibt vom Turnier?

Matthias Friebe im Gespräch mit Benedikt Kaninski |
Deutschlands Kapitän Ilkay Gündogan feiert bei der EM mit seinen Teamkollegen Niclas Füllkrug und Jonathan Tah nach dem zweiten Tor der DFB-Elf
Sorgten im Sommer für ausgelassene Stimmung: Das DFB-Team und die Heim-EM (picture alliance / firo Sportphoto / Sebastian El-Saqqa)
24 Teilnehmer, zehn Stadien, ein Gastgeber – aber was bleibt rückblickend von der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft in Deutschland? "Das waren tatsächlich vier Party-Wochen. Ich glaube, so kann man es zusammenfassen, vier Wochen einer sehr gelösten, sehr sorgenfreien Stimmung", resümiert Sportredakteur Matthias Friebe, der für den Deutschlandfunk über die Heim-EM berichtete.
Besonders in Zeiten der Krisen und Kriege sorgte die EM in Deutschland für ein deutliches Kontrastbild. "Insgesamt gab es ja keine weiteren Katastrophen während dieser vier Wochen. Und das war eine sehr unbeschwerte, eine sehr fröhliche Atmosphäre. Tatsächlich kann man, glaube ich, das Wort Party darüber schreiben – also vier Wochen Auszeit von alldem, was viele Menschen sonst quält im ganzen Jahr."

Mit Organisation "muss man zufrieden sein"

Blickt man auf die Organisation des Turniers, gibt es nur wenige Kritikpunkte: "Die Organisation, die Vorbereitung, die Logistik, die ist sehr gelobt worden. Auch international." Probleme gab es an gewohnter Stelle:
"Abstriche muss man beim Verkehr machen, insbesondere was die Deutsche Bahn und den öffentlichen Nahverkehr anging. Da gab es einige Schlagzeilen während der Europameisterschaft, die sich mit Pünktlichkeiten beschäftigt haben. Das ist das, was in Deutschland ja viele Menschen auch im Alltag kennen. Insbesondere aber auch, was die Zu- und Abwege von den Stadien angeht, hat es gerade in den ersten Turniertagen durchaus für Schlagzeilen gesorgt. Besonders ein Spiel in Gelsenkirchen war da im Fokus. Also es ist nicht alles 100 Prozent reibungslos gelaufen. Aber ich glaube, insgesamt sind alle Verantwortlichen und auch die, die das Bewerten von außen sehr zufrieden mit dem, wie dieses Turnier am Ende abgelaufen ist."

"Nachhaltigste EM aller Zeiten" – doch der Vergleich hinkt

Früh hatte der Ausrichter das Ziel ausgerufen, die nachhaltigste EM aller Zeiten auf die Beine stellen zu wollen. Das ist gelungen: "Es war auf jeden Fall die nachhaltigste EM aller Zeiten", so Friebe, der aber nachschob: "Wenn man ein bisschen mehr hinter die Kulissen guckt, dann sieht man natürlich: Sie war es, weil es kein vergleichbares Turnier gibt. Also das Level, von dem man kam, war sehr niedrig."
Die Nachhaltigkeitsziele habe die UEFA weitestgehend erreicht, sie "feiert sich auch sehr, hat sich das auch extern zertifizieren lassen", so Friebe. Doch für die Zukunft gebe es noch Verbesserungspotenzial:
"Der größte Faktor CO2-Ausstoß ist immer noch die Bewegung der Fans. Dass viele Fans eben dann vom Ausland mit dem Flugzeug ankommen und das Turnier verfolgen wollen, da lag Deutschland schon sehr verkehrsgünstig und geografisch auch super in der Mitte Europas. Aber insgesamt, muss man sagen, ist natürlich noch sehr viel Luft nach oben, wenn man von klimaneutral oder sogar klimapositiv sprechen will – davon ist man noch weit weg."

Sportlicher Reiz von Ausgeglichenheit geprägt

Auch auf sportlicher Ebene habe die EM überzeugt: "Es war ein Turnier, was sehr ausgeglichen war, was ein Team hatte, was vom ersten Spiel an sehr dominant aufgetreten ist: Spanien."
Besonders im Vergleich mit der EM 2016 in Frankreich, bei der erstmals 24 Teams angetreten waren, überzeugte das Event in Deutschland auch sportlich: "Ich würde sagen, dass das Turnier sportlich relativ interessant war. Vor acht Jahren in Frankreich war das Niveau deutlich geringer. Da waren gerade in der Vorrunde viele Spiele, wo man nachher sagte: 'Das war sehr langweilig'".
Für Friebe war das Turnier besonders von Ausgeglichenheit geprägt:
"Vielleicht kann das eine Statistik ganz gut verdeutlichen: Es gab nicht den einen Ausnahmespieler, der alles irgendwie in Grund und Boden geschossen hätte. Es gab am Ende sechs Torschützenkönige, davon zwei, die bereits im Achtelfinale ausgeschieden sind, mit einem Georgier und einem Slowaken. Und alle diese sechs Torschützenkönige haben gerade mal drei Tore erzielt. Also es gab nicht den einen Ausnahmestürmer mit vielen Toren, wie zum Beispiel vor acht Jahren Antoine Griezmann, der sechs Tore erzielt hat bei dem Turnier. Das zeigt vielleicht ganz gut, dass das auf viele Schultern verteilt war. Und dass es nicht die wenigen Spieler gab, die alles dominiert haben."